Klaus Schwab tritt kürzer: Machtwechsel beim Weltwirtschaftsforum
Der Gründer und bisherige starke Mann des Weltwirtschaftsforums (WEF), Klaus Schwab, will künftig kürzertreten. Zumindest ein bisschen. Der 86 Jahre alte gebürtige Ravensburger wird seinen bisherigen Posten als geschäftsführender Vorsitzender der Organisation aufgeben und künftig die Führung des „Board of Trustees“ übernehmen. Dieser Stiftungsrat soll zudem um neue Ausschüsse erweitert werden.
Das Ganze ist Teil einer größeren Organisationsreform, deren Ziel darin besteht, das WEF „von einer gründergeführten Organisation zu einer Organisation, in der ein Präsident und ein Vorstand die volle Führungsverantwortung übernehmen“ zu transformieren, wie es in einer knappen Stellungnahme auf der Internetseite der Organisation heißt.
Solche Forderungen waren in der Vergangenheit mit Blick auf Schwabs Alter schon häufiger laut geworden. Der Maschinenbauingenieur absolviert bis heute ein straffes Programm und reist für Treffen mit Politikern, Wirtschaftskapitänen und Vertretern der Zivilgesellschaft rund um die Welt. Der Öffentlichkeit bekannt ist er aber vor allem durch das Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums, das seit 1971 fast immer im Januar im Schweizer Alpenort Davos stattfindet.
Schwab bleibt präsent
Trotz des eingeleiteten, partiellen Machtwechsels ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass Schwab seinen Platz auf der WEF-Bühne in absehbarer Zukunft komplett räumen wird. Auch Anfang 2025 wird er aller Voraussicht nach wieder den Gastgeber für die Mächtigen der Welt und ihre Kritiker geben. Allerdings hatte er sich die Rolle schon während der vergangenen Treffen stärker mit dem WEF-Präsidenten Borge Brende geteilt. Der ehemalige norwegische Außenminister gilt vielen Beobachtern als aussichtsreichster Kandidat für Schwabs Nachfolge. In der Medienmeldung des Forums ist dazu jedoch nichts zu vernehmen.
Schwab hatte das Weltwirtschaftsforum einst als Dialogplattform gegründet, um über seinen Entwurf der „Modernen Unternehmensführung im Maschinenbau“ zu diskutieren, den er als Gegenentwurf zum vorherrschenden Paradigma der Gewinnmaximierung (Shareholder Value) verstand. Für Schwab war schon damals klar, dass alle Beteiligten wirtschaftlicher Prozesse eingebunden werden müssen – eine Idee, die als Stakeholder-Value-Ansatz heute etabliert ist.
Mit der Manager-Fortbildung im Skiort Davos während der ruhigen Januartage legte Schwab vor mehr als 50 Jahren den Grundstein für eine Veranstaltung, die heute jährlich mehrere Tausend Teilnehmer nach Graubünden führt und auch Globalisierungsgegner anzieht. Die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg nutzte die Plattform einst, um einer breiten Weltöffentlichkeit bekannt zu werden.
Schwab wurde selbst zur Zielscheibe von Anfeindungen
Schwabs Maxime lautete von Anfang an, alle Beteiligten von Konflikten zu Gesprächen an einen neutralen Tisch zu bringen. Vor allem im 20. Jahrhundert konnte das WEF mit Erfolgen etwa im Türkei-Griechenland-Konflikt oder einem Vertragsentwurf zwischen Israel und den Palästinensern wichtige Beiträge leisten. Schwab gehörte jedoch auch zu der großen Schar auf der weltpolitischen Bühne, die sich grundlegend täuschten in den kriegstreiberischen Absichten des russischen Präsidenten Wladimir Putin, zu dem er vorher regelmäßig Kontakt gehabt hatte. In den vergangenen Jahren bestimmen zunehmend Technologiethemen das WEF.
Gerade in der jüngeren Vergangenheit ist Schwab auch selbst zur Zielscheibe von Anfeindungen und Falschinformationen geworden. Dazu trug sein Buch „The Great Reset“ erheblich bei, in dem er seine Gedanken für einen großen Neustart der Weltwirtschaft nach der Covid-Pandemie skizzierte. Der Titel wurde in bestimmen Kreisen zum Inbegriff für angebliche Weltherrschaftspläne der Eliten um Schwab, zu denen etwa auch der Microsoft-Mitgründer Bill Gates als langjähriger Davos-Teilnehmer zählt.
Im Laufe der Jahrzehnte ist das als Stiftung organisierte Weltwirtschaftsforum längst selbst zu einem veritablen Wirtschaftsfaktor geworden. Viele der rund 800 Mitarbeiter sind im schmucken Hauptquartier in Colony am Genfer See beschäftigt, dazu gibt es Niederlassungen in anderen Erdteilen. Das WEF hält neben dem Jahrestreffen ganzjährig zahlreiche Treffen und Konferenzen rund um die Welt ab, Projektteams erarbeiten zudem Studien und Berichte etwa zu Wachstums-, Sozial- oder Nachhaltigkeitsthemen.
Mitglieder der Stiftung sind rund 1000 Partner und Mitgliedsunternehmen, in der Regel Konzerne mit einem Jahresumsatz von mindestens 5 Milliarden Euro. Die jährliche Mitgliedsgebühr beträgt rund 25.000 Schweizer Franken. Für die Teilnahme am Jahrestreffen in Davos wird eine zusätzliche Gebühr fällig, die für die exklusive Gruppe der privilegierten Partner gut 600.000 Franken beträgt.