Kamala Harris‘ 30-Minuten-Duell im Kontext Fox News

US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris gibt dem konservativen US-Sender Fox News erstmals ein Interview. Es wird konfrontativ und laut


Kamala Harris: „Darf ich zu Ende antworten?“

Jacquelyn Martin/dpa


Das Interview hatte Duell-Charakter. Im ersten, rund 30-minütigen TV-Gespräch des Senders Fox News mit der Präsidentschaftskandidatin hat sich Kamala Harris einen heftigen Schlagabtausch mit Moderator Bret Baier geliefert.

Der Chefmoderator für Politik bei dem konservativen Sender stieg mit dem zentralen Wahlkampfthema Migration ein. Er fiel Harris, die als US-Vizepräsidentin unter anderem Einwanderung zuständig ist, mehrfach ins Wort. „Darf ich zu Ende antworten?“, fragte Harris immer wieder.

Es sei richtig, dass das amerikanische Volk vor der Wahl eine Diskussion über Migration führen wolle. Was die Menschen aber nicht wollten, seien „politische Spiele“, sagte Harris mit Blick auf ihren Konkurrenten Donald Trump. Die Demokratin geriet gerade zu Beginn des Interviews in die Defensive, fing sich aber mit der Zeit.

Migrationssystem seit Langem kaputt

Ob sie den Angehörigen von Frauen, die von Migranten ermordet wurden, eine Entschuldigung schulde, fragte Baier. „Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass dies tragische Fälle sind. Daran besteht kein Zweifel“, antwortete Harris. Sie betonte, dass das Migrationssystem der USA schon seit Langem kaputt und der Kongress dafür zuständig sei, es zu reparieren. Trump und die Republikaner hingegen würden Lösungen blockieren.

Baier lenkte das Gespräch dann auf das von Konservativen immer wieder politisierte Thema geschlechtsangleichende Operationen und Rechte Transsexueller. Der Moderator fragte die US-Vize, ob dafür Steuergelder verwendet werden sollten. Harris antwortete, dass Trump Millionen von US-Dollar für Anzeigen ausgeben würde, „um bei den Wählern ein Gefühl der Angst zu erzeugen, denn er hat bei dieser Wahl eigentlich keinen Plan, der sich auf die Bedürfnisse des amerikanischen Volkes konzentriert“.

Dann zielte Baier auf den Präsidenten: „Wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, dass die geistigen Fähigkeiten von Präsident Biden vermindert zu sein scheinen?“, fragte Baier. Harris stutzte und antwortete dann, sie habe ihn dreieinhalb Jahre lang mindestens einmal pro Woche getroffen, sie habe keine Bedenken.

„Ungeeignet und gefährlich“

Die Demokratin versuchte, das Gespräch auf ihren Kontrahenten Trump zu lenken: Das amerikanische Volk sei besorgt über den Ex-Präsidenten, sagte Harris. Die Leute, die ihn am besten kennen würden, selbst seine früheren Mitarbeiter im Weißen Haus, hielten ihn für „ungeeignet und gefährlich“ und sagten, dass er „nie wieder Präsident der Vereinigten Staaten sein sollte“.

Bei der Frage, was sie von Biden unterscheide, ging Harris jedoch bewusst auf Distanz: „Lassen Sie mich ganz klar sagen, dass meine Präsidentschaft keine Fortsetzung der Präsidentschaft von Joe Biden sein wird.“ Wie jede neue Person in dem Amt werde sie ihre Lebenserfahrung, ihre berufliche Erfahrung und „frische, neue Ideen“ einbringen. Außerdem repräsentiere sie eine neue Generation.

„Schwach und weich gegenüber den Demokraten“

Trumps Wahlkampfteam nannte das Interview ein Fiasko und bezeichnete Harris als „wütend und defensiv“. Moderator Baier wurde schon vor der Ausstrahlung des Interviews von Trump angegriffen. Er gehe Linke nicht hart genug an. „Ich hätte lieber einen Journalisten gesehen, der hartnäckiger nachfragt, aber Fox ist so schwach und weich gegenüber den Demokraten geworden.“

Harris war vor allem in der Anfangsphase ihrer Kandidatur vorgeworfen worden, Interviews zu meiden und sich damit vor kritischen Fragen zu drücken. Zuletzt hat sie mehrere Interviews gegeben, unter anderem CNN, CBS und ABC News, die als den Demokraten tendenziell eher wohlgesonnen gelten. Zudem gab Harris verschiedenen Podcastern Interviews, um jüngere Zielgruppen anzusprechen.

Es gibt bisher nicht bestätigte Berichte, dass Harris nach Fox News auch einen Auftritt in der Sendung des populären Podcasters Joe Rogan plane. Rogan, zu dessen Gästen auch Verschwörungstheoretiker zählten, ist in der Vergangenheit mit der Verbreitung von Falschinformationen und rassistischen Äußerungen aufgefallen.