Kabinettsklausur in Meseberg: Olaf Scholz betont Einheit der Ampelregierung

Lindner, Scholz und Habeck bei der Pressekonferenz nach der Kabinettsklausur


Foto: FABRIZIO BENSCH / REUTERS

Der Krieg in der Ukraine, Inflation, Energiekrise: Die Bundesregierung steht vor gewaltigen Herausforderungen – und ist in vielen Punkten uneins. Bei der Kabinettsklausur im brandenburgischen Meseberg sollte es nun zumindest eine Annäherung geben. Obwohl dieses Ziel nicht immer erreicht wurde, haben die Spitzen der Koalition nun eine positive Bilanz gezogen.

»Das war eine sehr gute Kabinettsklausur«, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sprach von konstruktiven Beratungen. Das Treffen habe zu einer Annäherung in verschiedenen Streitfragen geführt. Die Ampel wolle nun »in ganz kurzer Zeit« verschiedenste Vorhaben zum Abschluss bringen, sagte Scholz. »Das, was hier stattgefunden hat, ist ein sehr fühlbares Unterhaken und auch die gemeinsame Überzeugung, dass das gelingen wird.«



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Scholz sagte zudem, es sei der Regierung in ihrem ersten Jahr gelungen, das Land durch die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöste Krise zu führen. Daraus sei »ein Schwung entstanden für unser Land«, der jetzt mitgenommen werden solle, um die anstehende große Herausforderung der ökologischen Transformation der Wirtschaft zu bewältigen.

Zuversichtlich äußerte Scholz, dass »wir diese große Aufgabe schultern werden«. Dafür würden als Arbeitskräfte aber jede Frau und jeder Mann gebraucht, auch Arbeitskräfte aus dem Ausland. »Wir brauchen Tempo«, hob er mit Blick auf den Umbau der Wirtschaft und Energieerzeugung hervor. Beispielsweise müssten pro Tag bis 2030 vier bis fünf neue Windräder errichtet und die Elektromobilität vorangebracht werden.

»Wir stehen vor großen Herausforderungen, was die Transformation angeht«, sagte auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). Er wies darauf hin, dass es vor 20 Jahren noch kaum Ökostrom in Deutschland gegeben habe. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte mit Blick auf die Streitigkeiten in der Koalition, es habe in Meseberg viele Gelegenheiten zu informellen Gesprächen gegeben. »Das hilft uns dann auch für das politische Tagesgeschäft in Berlin.«

Vor der Kabinettsklausur hatte der koalitionsinterne Zwist über das von der EU geplante Verbot von Verbrennungsmotoren die Stimmung getrübt . Vor allem zwischen FDP und Grünen gibt es Streit, weil FDP-Chef Lindner und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) dem für 2035 geplanten Aus von Verbrennungsmotoren in Autos nun doch nicht zustimmen wollen – obwohl die Bundesregierung dies zuvor bereits getan hatte.


Der über Monate ausgehandelte EU-Kompromiss zu den neuen CO₂-Grenzwerten für Autos sieht vor, dass ab 2035 neu zugelassene Pkw und leichte Nutzfahrzeuge keine Treibhausgase mehr ausstoßen dürfen – was das Ende für klassische Benzin- und Dieselmotoren wäre. Nach dem Willen der FDP soll der Verbrennungsmotor trotzdem weiterleben, dank potenziell klimaneutraler Ökokraftstoffe, sogenannten E-Fuels, deren Herstellung allerdings sehr energieintensiv ist.

Angesprochen auf einen SPIEGEL-Bericht , wonach Wissing die EU-Einigung zu Verbrennerautos bereits gebilligt hatte, ehe er auf einen Blockadekurs umschwenkte, antwortete direkt Scholz – obwohl zunächst Lindner angesprochen worden war. Scholz sagte, die Bundesregierung gehe davon aus, dass die EU-Kommission einen Vorschlag machen werde, wie E-Fuels nach 2035 eingesetzt werden können. Das sei bereits vor einem Jahr bei der Kabinettsklausur in Meseberg mit der EU-Kommission »politisch wirksam gemacht« worden, nun sei klar, dass dies auch wirklich komme – »es geht also um nichts Neues«.

Lindner sagte, für die FDP sei Technologiefreiheit ein hohes Gut. Es werde keine abschließende politische Entscheidung getroffen über die Antriebe in privaten Pkw. Vor diesem Hintergrund habe man sich in die europäische Entscheidungsfindung eingebracht. Es brauche Rechtssicherheit, dass auch nach 2035 Fahrzeuge mit Otto- oder Dieselmotor zugelassen werden könnten, sofern sie mit Ökosprit betankt werden.


asc/ulz/AFP/dpa