Jonathan Lear: Denker dieser Dankbarkeit
Als unser Gespräch sich nach ein
paar Abendstunden dem Ende zuneigte, wollte Jonathan Lear noch erzählen, was ihm
wichtig war, sein Crow-Bruder komme ihn bald in Chicago besuchen, hoffentlich bliebe
Zeit dafür. Die Vorfreude erfülle ihn. Und dann erzählte mir dieser Philosoph, ein
Gelehrter von Weltruf, mit seltener Wärme von jenem Crow-Mann aus einem Elendsreservat
von Indigenen, die Lear vor Jahren erforscht hatte. Dieser Crow war damals sein
Freund geworden. Sein Bruder. Der großzügigste und freundlichste Mensch, der
ihm je begegnet sei. Der Philosoph Jonathan Lear wollte von dem Crow wissen:
Wie kann es sein, dass du in diesem namenlosen Elend der Zerstörung eurer
Kultur so freundlich bist? Und der Crow-Mann hat ihm geantwortet, ein Geschenk
habe sein Leben geprägt: Ein Onkel hat ihm als Jungen das einzige Gewehr der
Gruppe zum Jagen überreicht, „das ist nun deines“. Mit dieser Geste des Gebens
habe alles angefangen, bleibend.