Jetzt muss sich die Gewerkschaft mit Volkswagen zoffen!
Die Betriebsräte von Volkswagen informierten am vergangenen Montag über geplante Werksschließungen, Outsourcing und Lohnkürzungen. Die Belegschaft von VW reagierte mit einem Ultimatum: Ohne Einigung droht eine Streikwelle
VW-Betriebsräte, nicht etwa die Unternehmensführung selbst, informierten am 28. Oktober 2024 in Versammlungen an allen Standorten die Belegschaften über drei geplante Werksschließungen, über Outsourcing, Lohnkürzungen und Kündigungen. Die Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats, Daniela Cavallo, wird in einem Flyer, der vor Ort verteilt wurde, mit einem Ultimatum zitiert: Die Arbeitgeberseite könne noch bis Mittwoch, den 30. Oktober, die Kurve kriegen – dann steht Verhandlungsrunde zwei im VW-Haustarif an. Sonst würden die Gespräche abgebrochen und die Belegschaft werde machen, „was eine Belegschaft machen muss, wenn sie um ihre Existenz fürchtet“. Ergo: streiken.
Die Gewerkschaft muss sich jetzt mit Volkswagen anlegen und eine Beziehung verändern, die seit den 1990ern stark sozialpartnerschaftlich geprägt war. Ist sie dem gewachsen?
Konzertierte Aktion, wilder Streik
Dass die IG Metall eine mächtige Konfliktpartei sein kann, hat sie immer wieder mit Warnstreiks und Demonstrationen unter Beweis gestellt, genauso wie sie aktuell bei den Informationsveranstaltungen einen hohen Organisierungsgrad und Zusammenhalt beweist. In der Vergangenheit hat sie es sich jedoch immer wieder leicht gemacht. In der Phase der westdeutschen Deindustrialisierung der 1970er hat sich die Gewerkschaft in einer „konzertierten Aktion“ vereinnahmen lassen und ein gemischtes Ergebnis erreicht: Der soziale Abstieg vieler Industrie-Beschäftigter wurde abgefedert, aber die Gewerkschaft hatte an Glaubwürdigkeit verloren. Bei der geplanten Opel-Schließung in Bochum 2006 kam es zwar zu einem wilden Streik, der aber nicht von der Gewerkschaft ausging.
Und wie viel kann die IG Metall überhaupt erreichen, wenn die Mitbestimmung immer noch nicht so weit geht, dass Betriebsräte über Werksschließungen mitentscheiden dürfen?
Die Gewerkschaft muss eine Position finden: Geht es nur um Standort-Erhalt, oder will sie sich den Fragen der sozial-ökologischen Transformation stellen? Die IG Metall wird auch Druck auf ihre Verbündete SPD ausüben müssen: Immerhin stellt die den Ministerpräsidenten im Land Niedersachsen, das 20 Prozent Aktienanteil von VW hält und ein Vetorecht hat. Die IG Metall steht jetzt vor einer ihrer größten Herausforderungen. Denn Volkswagen ist mit 120.000 Beschäftigten nicht nur einer der größten Arbeitgeber in Deutschland, im Gegensatz zum Ende der Stahlindustrie geht es nicht nur um Arbeitsplätze, sondern auch um drohende Klimakatastrophe und Rechtsruck. Beides wird in den nächsten Monaten immer mitverhandelt werden.
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Politik von unten
Nina Scholz schreibt in ihrer Kolumne Politik von unten unter anderem über Arbeitskämpfe und die so genannte Gig-Economy