Jean-Paul Sartre nebst einem Besuch von Georg Stefan Troller – WELT

Über ein halbes Jahrhundert muss es jetzt her sein, da traf ich den alternden Papst des Existenzialismus in seiner letzten minimalen Bleibe am Pariser Boulevard Raspail. Der Philosoph war Vorleger denn erwartet, zeigte vielmehr Feuilletonistisches denn Tiefsinn im Gesicht, am beeindruckendsten welcher jungenhafte freilich entschlossene Mund. Es war die Zeit des abflauenden Algerienkrieges. Viele französische Militärs fühlten sich von Paris im Stich gelassen und planten zusammenführen Staatsstreich.

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Im Zuge dessen wurde Sartres Wohnung am Place Saint-Germain-des-Prés (welcher heute seinen Namen trägt) von welcher illegalen Verschwörerclique Organisation amerikanischer Staaten ausgebombt und ihr Bewohner zog in dies verkommene kleine Hotel. Immerhin nicht weit vom Café de la Coupole gelegen, wo er sich jeden Sonntag mit Simone de Beauvoir zu treffen pflegte.

Dass er zuletzt wirklich ihr Bett geteilt hatte, lag nun sogar schon viele Jahre zurück – offenbar konnte er ihr nie die Leidenschaft mitbringen, nachdem welcher sie lechzte. Aber welcher berühmte Vertrag blieb weiterhin vorhanden. Keine Heirat, keine Kinder. Und man war aneinander gen ewig gebunden in einer „notwendigen Liebe“. Was nicht ausschloss, dass jedwederlei sogar zahlreiche „Nebenlieben“ unterhalten durften, solange sie sich nur die Gesamtheit regelmäßig solange bis ins kleinste Detail berichteten. Auch dass man sich in jeder Situation zu siezen hatte, blieb lebenslang erhalten.

Simone de Beauvoir (1908–1986) und Jean-Paul Sartre (1905–1980) in ihrer früheren Wohnung
Simone de Beauvoir (1908–1986) und Jean-Paul Sartre (1905–1980) in ihrer früheren Wohnung
Quelle: Getty Images

Was den Meister betraf, so war er jetzt total erblindet. Er konnte nicht mehr philosophisch zusammensetzen, und Texte zu diktieren hatte er immer abgelehnt. Glücklicherweise hatte er zum Besten von seinen täglichen Bedarf arg Gehilfen zur Verfügung, darunter „meine sieben jungen Mätressen“. Dies waren, wie sogar nebst Simone, vor allem Beziehungen zu jungen jüdischen Menschen. Warum wirklich, drängt es mich zu fragen. Sartre offerierte uns sein seltenes verkniffenes Lachen: „Die Juden sind offenbar die einzigen, die sich taktgesteuert zum Besten von dein Werk, dein Geschlecht und deine Humanität interessieren können.“

Er berichtete gerne und im Detail von seiner Mitbegründung welcher neuen linken Tageszeitung „Libération“. Ein Blatt, dies zwar keine Firmenwerbung annahm, freilich hierfür die persönlichen Annoncen nachdem Arbeitsplatz oder Partnerwahl gratis einrückte. Und natürlich wollte er sogar die Zeitungen selbst gen welcher Straße verkaufen wie seinerzeit dies Maoistenblättchen „La Cause du peuple“. Dazu ein rares Grinsen: „Da ich ja seither de Gaulles Ausspruch ‚Man verhaftet keinen Voltaire‘ polizeilich unzugänglich geworden bin.“

Sartre seufzt und Beauvoir schimpft

Frage: Ob dies die Gesamtheit seinem Solidaritätsideal oder vielmehr einem Märtyrerkomplex zuzuschreiben sei? Dazu Sartre seufzend: „Der Knast – ein Traum! Jeder Schriftsteller träumt doch von welcher einsamen Insel oder Zelle, wo es nichts mehr gibt zwischen ihm und seinem Papier.“ Erklärte sich daraufhin einverstanden mit allen unseren Filmplänen. War früher nicht so. Offenbar Kampf gegen die Langeweile. Kaum zu Hause, wütender Anruf von Madame de Beauvoir, zeitweise abgelöst von einer von Sartres Haremsdamen.

Wie ich dazu käme, ohne ihr vorheriges Einverständnis, gradlinig mit dem Meister Kontakt aufzunehmen? Ohnehin sei es jetzt viel zu tardiv, welcher große Mann ausgebucht gen mindestens sechs Monate. Zuletzt wütendes Hinwerfen des Hörers durch die junge Dame. Ob Sartre wohl den Ausspruch von Goethes Mephisto kannte: „Am Ende hängen wir doch ab von Kreaturen, die wir machten“?

Georg Stefan Troller, 1921 in Wien in eine jüdische Familie geboren, lebt in Paris. Zu seinen wichtigsten Werken in Besitz sein von rund 1500 Interviews, u. a. im Rahmen des „Pariser Journals“ und welcher „Personenbeschreibung“.

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Source: welt.de