Jan Böhmermanns Ausstellung im HKW: Das kann und darf doch die Gesamtheit nicht wahr sein!

Wolfram Weimer interveniert, und zur Eröffnung singt Claudia Roth „Keine Macht für Niemand“: Unsere Kolumnistin rätselt, was in der Böhmermann-Ausstellung im HKW alles Satire ist, und kommt zu einem ernüchterten Fazit


Der Freiheitsstatue vor dem Haus der Kulturen der Welt steht das Wasser bis zum Hals

Foto: Jörg Carstensen/picture alliance


Es ist nicht so ganz klar, ob der Kulturstaatsminister Wolfram Weimer als offiziell teilnehmender Künstler bei der gerade eröffneten Jan-Böhmermann-Ausstellung im Berliner Haus der Kulturen der Welt geführt wird. Zumindest wird er am 8. Oktober dort mit Böhmermann sprechen.

Und es kommt einem ja auch alles satire-mäßig vor, wie Weimer im Vorfeld per Anschreiben an die Leitung des HKW beklagte, dass im musikalischen Rahmenprogramm gerade am 7. Oktober der Rapper Chefket spiele, der doch in den sozialen Medien ein T-Shirt getragen haben soll, auf dem eine Karte Palästinas ohne Israel abgebildet ist. So wird Weimer in den vielen darauffolgenden Medienberichten zitiert.

Und dann Böhmermann, der das nutzt, um gegen die Welt am Sonntag zu sticheln und sein Bekenntnis zu Israel zu platzieren. Ist das nun schon Teil der Show? „Wir sehen und hören den Einspruch insbesondere auch von jüdischer Seite gegen den Konzertabend (…) Diesen Einspruch nehmen wir ernst“, hieß es dann, das Konzert wurde abgesagt.

Der „Neo Magazin Royal“-Fan versteht das deutlich als Show-Referenz

Und man weiß nicht, wie ernst man das alles nehmen soll, weil die Exponate der Böhmermann-Ausstellung Die Möglichkeit der Unvernunft ähnlich headlinermäßig funktionieren: absaufende Freiheitsstatue, KI-Bild vom nackten Kanzler, Ausdrucke von Screenshots aus Böhmermanns Handy, kritische bis hetzende Netzkommentare an ihn und die dazugehörigen Profilbilder auf Postkarten zum Mitnehmen.

Eine NSU-Akte und eine Signa-Fußmatte – für den Neo Magazin Royal-Fan deutlich als Show-Referenz zu verstehen. Und noch einiges mehr, das die falsche Politik und Böhmermanns satirischen Einsatz dagegen dokumentiert. „Für alle, die Kunst erleben wollen, bevor sie etikettiert, editiert oder erklärt wurde“, heißt es in der Einladung.

Hier muss wirklich nichts erklärt werden, ist aber schon etikettiert. Das ist Kunst auf dem Niveau einer immersiven Dalí-Ausstellung, nur eben für Menschen mit richtiger politischer Haltung, konzipiert von Menschen, die früher in einer Werbeagentur gearbeitet hätten und heute was mit Internet machen.

Das bekommt man, wenn man Kulturförderung streicht

Zur Eröffnung war Ex-Kulturstaatsministerin Claudia Roth als Spezialgast eingeladen und sang Keine Macht für Niemand auf der Bühne, und irgendwie muss das doch auch Satire gewesen sein, weil Macht scheint es ja offensichtlich zu geben. Und so kam natürlich die Frage auf, warum denn gerade der an Öffentlichkeit und Honorar nicht arme Böhmermann hier jetzt im vom Bund mitfinanzierten Ausstellungsort auch noch Platz einnehmen muss.

Das kommt davon, wenn man Förderungen streicht: Dann bekommt man ein publikumssicheres und sich andienendes Programm in den Institutionen. Und die perfekte Staatskunst. Schablonenhaft kritisch, da, wo es nicht wehtut, weil es bei Kritik an Einbürgerungsumständen und Vermögenssteuer doch eine sehr große gesellschaftliche Zustimmung gibt. Zu Recht!

So tut man den Rechten einen großen Gefallen

Aber wenn Nius und Berliner Zeitung raunen, wer denn das alles bezahlt habe, und man auf Nachfrage zur Finanzierung keine klaren Antworten gibt und dann auch noch so einen Scheiß abliefert, tut man den Rechten schon einen unnötig großen Gefallen.

Und weil auf Plakaten und Flyern zur Ausstellung da, wo sonst Sponsoren stehen, auffällig groß „Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien“ steht, googelt man besser noch mal, ob es diesen Posten wirklich gibt oder ob Böhmermann sich mittlerweile selbst so nennt.

Nee, so heißt sie wohl, die Position des Kulturstaatsministers, zumindest landet man auf der Website kulturstaatsminister.de. Die auch schon wieder aussieht wie ein Böhmi-Witz, weil der KI-Avatar, den sich Weimer hat basteln lassen und den er weimatar nennt, als Erstes erscheint. Das kann und darf doch alles nicht mehr wahr sein!