iPhone 16 im Test: Diese Verbesserungen spüren die Nutzer wirklich – WELT
Auf die KI-Funktionen müssen Nutzer des neuen iPhone 16 in Europa noch verzichten. Kleinere Veränderungen gibt es trotzdem, vor allem der neue Kamera-Knopf erfordert Übung. Der WELT-Test zeigt, welchen Kompromiss Käufer dabei eingehen müssen – und wer von einem Kauf wirklich etwas hat.
Man kann es sich natürlich leicht machen und über Apples neuen Kamera-Knopf schmunzeln, der nun die iPhone-16-Modelle schmückt. Ausgerechnet ein solcher Button unterscheidet die neue Generation von den Vorjahresgeräten? Man könnte auch erwähnen, dass Nokia einen solchen Knopf schon vor 19 Jahren in sein Klapp-Handy N90 eingebaut hat.
Oder dass Android-Smartphones die Kamera mit einem Doppelklick auf einen Button öffnen. Aber all das würde Apple nicht gerecht werden. Oder zumindest nicht ganz gerecht. Denn im Test zeigt sich, dass Apples Knopf eben nicht nur ein Knopf ist.
Äußerlich lässt sich das neue iPhone 16 Pro kaum vom Vorgängermodell unterscheiden – eben mit Ausnahme des Kamera-Knopfes. Das stimmt allerdings nur, wenn man nicht ganz genau hinsieht. Denn tatsächlich sind die Displays etwas größer geworden. Das kleinere iPhone 16 Pro hat nun statt eines 6,1 Zoll ein 6,3 Zoll großes Display (16 Zentimeter). Das iPhone 16 Pro Max ist sogar von 6,7 auf 6,9 Zoll gewachsen und hat damit das größte Display, das je in einem iPhone verbaut wurde.
Ein wirklich großer Sprung ist das aber nicht. Wer nicht beide Modelle nebeneinander legt, wird den Unterschied im Alltag kaum bemerken. Die Geräte an sich sind nämlich in Wahrheit kaum größer geworden, die Display-Ränder dafür etwas schmaler.
Es ist keine schlechte Entscheidung, dass Apple beim iPhone 16 Pro den Schwerpunkt auf die Kamera gelegt hat. Sie ist für viele Nutzer das Hauptkriterium beim Kauf eines neuen Smartphones. Apple spielt mit seinen Kameras schon lange in der Oberliga der Hersteller, wenn auch nicht unangefochten.
Die Pro-Modelle haben nach wie vor drei Kameralinsen. Die Auflösung der Ultraweitwinkel-Kamera hat sich auf 48 Megapixel vervierfacht, die Hauptkamera nennt Apple nun Fusion-Kamera. Dem Nutzer helfen solche Begriffe wenig. Im Test zeigten sich durchweg sehr gute Ergebnisse mit den Kameras. Doch im Vergleich mit dem Vorjahresmodell musste schon sehr stark hineingezoomt, um leichte Unterschiede auszumachen.
Zeitlupe-Aufnahmen wie im Kino
Ein größerer Sprung lässt sich bei der Aufnahme von Videos feststellen. Zum ersten Mal können iPhones nun eine extreme Zeitlupe in der vollen 4K-Auflösung aufnehmen. In Verbindung mit dem neuen A18-Pro-Chip kann das iPhone jetzt 120 Bilder in der Sekunde festhalten – und beim späteren Abspielen die Handlung im Film um bis zum Fünffachen verlangsamen. Damit sind beeindruckende Effekte möglich, die man aus Kinofilmen kennt.
Der neue Kamera-Button vereinfacht für Nutzer die Auswahl der Kamera-Einstellungen. Doch wer aus dem Knopf alles herausholen will, muss sich erst einmal mit ihm beschäftigen. Denn in ihm steckt sowohl ein Druck- als auch ein Berührungssensor. Wird der Knopf einmal gedrückt, startet die Kamera. Ein erneutes Drücken löst ein Foto aus. Wer ihn aber nur leicht drückt, ruft weitere Steuerlemente auf. Beispielsweise den Zoom, der durch ein Verschieben des Fingers auf dem Knopf verändert werden kann.
Ein zweifaches leichtes Drücken öffnet die Auswahl der Kamera-Einstellungen unter anderem für Belichtung, Tiefenschärfe und eben den Zoom. Später in diesem Jahr soll noch eine weitere Funktion hinzukommen, die man von richtigen Kameras kennt. Dann lässt sich über das leichte Drücken des Kamera-Knopfes der Fokus und die Belichtung feststellen, auch wenn der Bildausschnitt verändert wird.
All das erklärt sich nicht von selbst, aber man lernt es nach etwas Übung. Apples neue Kamerasteuerung bringt also etwas Handarbeit zurück, was Nutzer dazu ermuntern kann, etwas bewusster und kreativer zu fotografieren und eben nicht nur zu knipsen.
Im Test fanden wir den Knopf gelungen, wenn auch nicht ohne Kompromisse. Zum einen sollten sich Nutzer dazu zwingen, nicht zu kräftig den Knopf zu betätigen. Denn dann bewegt sich das iPhone in dem Moment, in dem er gedrückt wird. Das kann das Foto leicht verwackeln.
Zum anderen ist der Ort des Kamera-Knopfes ein Kompromiss. Wer quer fotografiert oder filmt, wird sich ihn weiter nach rechts wünschen, damit der Zeigefinger bei der Bedienung nicht einen Teil des Displays verdeckt. Wer aber das iPhone hochkant hält, wird ihn lieber weiter in der Mitte wünschen, damit er besser mit dem Daumen erreichbar ist.
Schon seit Jahren haben die Verbesserungen der Filmqualität den Ton abgehängt. Während Smartphones längst sehr professionelle Videoaufnahmen machen, ist der Ton bestenfalls mittelmäßig. Hier versucht Apple nun eine Verbesserung mit seinem Audio-Mix in Verbindung mit vier verbauten Aufnahmemikrofonen.
Auch das erfordert etwas Übung, um die besten Einstellungen zu finden. Aber die nimmt man erst nach der Filmaufnahme in der Bearbeitung vor, Ausprobieren schadet also nicht. Hier können dann Hintergrundgeräusche eliminiert, sprechende Personen isoliert oder im Display neu angeordnet werden.
Für die KI-Funktionen ist eine Einigung mit der EU notwendig
Der Ton wird mit Spatial Audio aufgenommen, eine Art Surround-Sound, wie man ihn aus dem Kino kennt. Im Test ließen sich interessante Verbesserungen feststellen, jedoch mit schwankenden Ergebnissen. Hier spielt es auch eine Rolle, wie weit Audioquellen während der Aufnahme voneinander entfernt liegen und wie laut sie jeweils sind. Filmen mit externen Mikrofonen ist fast immer die bessere Lösung.
Wir konnten Apples KI-Funktionen leider nicht testen, die der Hersteller Apple Intelligence nennt. Sie sollen in der Lage sein, geschriebene Texte zu korrigieren und in verschiedene Stile umzuformulieren, E-Mails zusammenzufassen, Bilder zu generieren und zu bearbeiten, ChatGPT zu integrieren und Siri deutlich cleverer zu machen.
Apple hat seinen neuen A18-Pro-Chip genau dafür ausgelegt. Doch bislang konnte sich Apple nicht mit der Europäischen Kommission einigen, in welcher Form diese Funktionen hierzulande möglich sind. Wann und welche Funktionen nach Deutschland kommen, wollte oder konnte Apple auch auf mehrmaliges Nachfragen von WELT nicht sagen.
Fazit: Nutzer in Deutschland haben von den – mit großem Enthusiasmus präsentierten – KI-Funktionen von Apple erst einmal gar nichts. Gut möglich, dass sie erst im nächsten Jahr mit dem iPhone 17 nach Deutschland kommen.
Wer also heute mit dem Gedanken spielt, sich ein iPhone 16 Pro zuzulegen, muss sich mit den neuen Kamera-Funktionen und einem neuen Knopf zufriedengeben. Ein Umstieg vom iPhone 15 Pro lohnt sich dafür nicht wirklich. Wer ein älteres Modell hat, wird mehr Verbesserungen spüren. Zumal auch die Akkulaufzeit ein wenig ausgedehnt wurde.
Einen größeren Sprung aber machen die Nicht-Pro-Modelle iPhone 16 und iPhone 16 Plus, die zum ersten Mal neben dem Kamera-Button auch die Aktionstaste anstelle des traditionellen Stummschalters bekommen, die im vergangenen Jahr nur den Pro-Modellen vorbehalten war.
Sie kann mit unterschiedlichen Funktionen belegt werden, darunter den Start einer Audioaufnahme, der Lupe und der Taschenlampe. Zudem sind die Nicht-Pro-Modelle zum ersten Mal wegen der neuen Anordnung der Kameras in der Lage, Spatial Videos aufzunehmen, die mit der Apple-Brille Vision Pro als 3D-Darstellung betrachtet werden können.
Beim Chip überspringt das iPhone 16 gleich eine Generation und landet beim A18, während das iPhone 15 sich noch mit dem A16 zufriedengeben musste. Damit rückt das iPhone 16 schon gefährlich nah an das Pro-Modell heran. Doch einen großen Unterschied gibt es nach wie vor: Leider hat Apple das Display bei einer Bildwiederholrate von 60 Bildern pro Sekunde belassen, während der Branchenstandard bei Geräten dieser Preisklasse bei 120 Bildern liegt.
Je höher diese Rate ist, desto flüssiger werden Bewegungen auf dem Display dargestellt, was vor allem bei Scrollen durch Webseiten deutlich sichtbar wird. Das iPhone 16 startet bei 949 Euro, das größere iPhone 16 Plus bei 1099 Euro. Das kleine iPhone 16 Pro beginnt bei 1199 Euro, das iPhone 16 Pro Max bei 1449 Euro.
Thomas Heuzeroth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Verbraucher- und Technologiethemen, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation.
Source: welt.de