In eigener Sache: Das nächste Kapitel von Axel Springer – WELT

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bevor wir vor fünf Jahren die Partnerschaft mit KKR und CPP Investments begannen, saß ich mit Friede Springer in ihrem Büro und wir überlegten, wie das, was gerade anfangen würde, idealerweise enden könnte. Am besten, so sagten wir uns damals, wäre es, wenn KKR und CPP Investments in einigen Jahren die Mehrheit des Classifieds-Geschäfts an die Börse bringen oder selbst übernehmen würden, wir nur noch eine Minderheit daran hielten, aber im Gegenzug das gesamte Mediengeschäft übernehmen würden. Dann könnte jede Seite eigenständig ein Geschäft führen. Beide Teile des Unternehmens würden sich ganz auf das konzentrieren, was sie am besten können und noch schneller wachsen. Vor allem: Der Journalismus wäre in einem familiengeführten Verlag sicher verankert. Friede Springer sagte damals: Dann wäre Axel Springer wieder Axel Springer. Na ja, ganz so wird es wohl nicht kommen, aber vielleicht so ähnlich, jetzt schauen wir mal, sagten wir damals, um die Erwartungen etwas zu dämpfen.

Der Traum, den Friede Springer und ich damals nicht richtig zu träumen wagten, ist im Begriff, in Erfüllung zu gehen.

Wir haben nun seit einem Jahr über dieses Vorhaben mit unseren Partnern verhandelt. Wir haben die Transaktion mit dem Aufsichtsrat diskutiert und im Grundsatz beschlossen. Aber wir haben noch keinen rechtsverbindlich unterzeichneten Vertrag und keine Genehmigung der Regulierungsbehörden. Dennoch wollen wir euch heute im Sinne größtmöglicher Transparenz über das informieren, was wir vorhaben.

KKR und CPP Investments werden die Mehrheit an den Unternehmen STEPSTONE, AVIV, FINANZEN.NET und, vorbehaltlich finaler Zustimmungen, AWIN übernehmen. Axel Springer wird als Minderheitsgesellschafter voraussichtlich ungefähr 15 Prozent an diesen Unternehmen („AS Classifieds”) halten.

Alle anderen Unternehmen, also BILD, BUSINESS INSIDER, POLITICO, WELT, IDEALO, BONIAL, MORNING BREW, DYN, EMARKETER, das Joint Venture Ringier Axel Springer Polska mit ONET und FAKT, aber auch Startups wie HY, WORLD.MINDS und viele andere bleiben Teil der Axel Springer SE. Aktionäre dieser Gesellschaft sind Friede Springer und ich mit fast 98 Prozent und zu einem Restanteil Axel Sven Springer, der Enkel von Axel Springer.

Wir sind über diese Konstellation sehr glücklich und dankbar, denn sie sichert die Zukunft beider Unternehmensteile bestmöglich. Und sie ist der logische Schritt einer langen Entwicklung, die ich seit nun mehr als zwei Jahrzehnten als Vorstandsvorsitzender begleite.

Als ich anfing, im Jahr 2002, war Axel Springer ein deutscher Zeitungs- und Zeitschriften-Verlag, der Verluste machte. Über die Jahre wurden wir zu einem erfolgreich digitalisierten und internationalisierten Medien-Unternehmen, das stark auf die Anforderungen des Kapitalmarktes fokussiert war. Digitale Kleinanzeigen wie STEPSTONE und SELOGER wurden immer wichtiger für Wachstum und Wertsteigerung. 2019 entschieden wir uns, das Unternehmen von der Börse zu nehmen, um gemeinsam mit KKR das Wachstum zu beschleunigen. Und das gelang eindrucksvoll.

2021 und 2022 wuchs das Unternehmen im Umsatz mit zweistelligen Prozentzahlen – zum ersten Mal seit vier Jahrzehnten. In diesen fünf Jahren hat sich der Wert des Unternehmens fast verdoppelt. Ein großer Erfolg. Ich bin Henry Kravis, Philipp Freise und Johannes Huth unendlich dankbar. Ob die Akquisitionen von POLITICO oder BAYARD, ob neue Gründungen oder Investitionen – immer haben KKR und CPP Investments uns unterstützt. Immer konnten wir uns aufeinander verlassen. Und immer waren wir am Ende erfolgreich.

Aber jetzt muss das nächste Kapitel folgen. Und das ist die Trennung der Sphären, um beiden Geschäften bestmögliche Entwicklungsperspektiven zu bieten. STEPSTONE und AVIV, FINANZEN.NET und AWIN werden so noch schneller wachsen können. Das Mediengeschäft wird als kleinere Einheit, mit ungefähr der Hälfte des Umsatzes und einem Drittel des Gewinns des heutigen Gesamtunternehmens, eine neue Entwicklungsphase beginnen.

Was haben wir vor? Wir wollen noch schneller, noch beweglicher, noch unbürokratischer werden. Wir sind digital und transatlantisch. Aber wir müssen die Rolle von Technologie als kritischen Erfolgsfaktor stärken. Wir müssen die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz schneller und besser als unsere Wettbewerber verstehen und gestalten. Wir müssen uns noch mehr auf den Markt, die Kunden und das Umsatzwachstum konzentrieren als bisher. Denn wir wollen das führende transatlantische Medienunternehmen für digitalen Journalismus und damit verbundene Geschäftsmodelle werden.

Ich möchte nun erklären, mit welcher neuen, deutlich schlankeren, Führungsstruktur wir das schaffen wollen, sofern die Transaktion gelingt.

Der Aufsichtsrat wird deutlich kleiner werden. Planmäßig gibt Ralph Büchi (67) nach Abschluss der Transaktion (voraussichtlich gegen Ende des ersten Halbjahres 2025) den Vorsitz des Aufsichtsrats ab. Er wird Gründungsvorsitzender eines neuen Beirats von Axel Springer, der den Vorstand strategisch beraten wird. Ralph ist ein langjähriger Wegbegleiter, erst als Geschäftsführer in der Schweiz, dann im Vorstand, schließlich im Aufsichtsrat. Ich schätze ihn sehr für seine Begeisterungsfähigkeit und seine Leidenschaft für Journalismus. Davon wollen wir weiterhin profitieren

Neuer Aufsichtsratsvorsitzender wird mit Abschluss der Transaktion Jan Bayer (54). Er scheidet nach 12 Jahren aus dem Vorstand aus, wird aber weiterhin in den USA bleiben und dort das US-Geschäft strategisch führen. Jan wird das bleiben und noch mehr werden, was er für mich immer war: mein wichtigster Sparringspartner. Jede Idee, die ich mit Jan bespreche, ist danach entweder besser – oder keine gute mehr.

Julian Deutz (56) wird CEO der neu gegründeten AS Classifieds und verantwortet damit das Portfolio der mehrheitlich von KKR und CPP Investments gehaltenen Aktivitäten, also STEPSTONE und AVIV sowie FINANZEN.NET und AWIN. Er wird mit der Transaktion als Vorstand bei Axel Springer ausscheiden. Julian wird mir fehlen. Nicht nur seine herausragende Kompetenz als Finanzexperte, sondern auch sein Wortwitz, der für einen Finanzvorstand besonders überraschend ist. Aber er wird ja doch bleiben: verantwortlich für den größten Wertgegenstand auch des neuen Unternehmens Axel Springer, die Beteiligung an AS Classifieds.

Niddal Salah-Eldin (39), bisher im Vorstand sehr erfolgreich vor allem verantwortlich für globale Talent- und Culture-Themen und IDEALO, hat sich entschieden, im Zuge dieser Strukturveränderung aus dem Vorstand und dem Unternehmen auszuscheiden und sich persönlich zunächst für ihr vom Krieg zerstörtes Heimatland Sudan und seine Menschen zu engagieren. Ich habe vor dieser Entscheidung größten Respekt. Und hoffe, dass ihre Arbeit – aber auch guter Journalismus – dazu beitragen, die asymmetrische Aufmerksamkeits-Ökonomie im Umgang mit Krisen und Kriegen etwas zu korrigieren. Ihre selbst bei schwierigsten Themen immer positive Energie wird ihr dabei helfen.

Der bestehende Vorstand löst sich also weitgehend auf. Ich selbst werde einen neuen Fünfjahresvertrag unterschreiben und bleibe Vorsitzender – eines neuen Vorstands. Den wollen wir nicht nur kleiner machen, sondern auch anders aufstellen. Nicht nach Ländern oder Divisionen. Sondern nach angelsächsischem Vorbild gesamtverantwortlich für alle Geschäfte. Das bedeutet: Ein CEO kümmert sich um Strategie, publizistische Ausrichtung, Kommunikation, Talente und Kultur. Ein COO kümmert sich um die Steuerung des operativen Geschäfts und Wachstumsprojekte. Und ein CFO kümmert sich um sämtliche Finanzfachbereiche, von Controlling über Steuern bis zum Management von Akquisitionen.

Mark Dekan (47) wird Chief Financial Officer (CFO). Als CFO und später CEO des Osteuropa-Joint-Ventures von Ringier und Axel Springer, sowie zuletzt als COO von POLITICO in Washington hat er sich in anderthalb Jahrzehnten durch wirtschaftlichen Erfolg für diese Aufgabe qualifiziert. Mark ist das, was es selten gibt: ein Finanzprofi mit Verlegerherz.

Claudius Senst (38) wird Chief Operating Officer (COO). In dieser neu geschaffenen Funktion wird er die strategische Steuerung aller operativen Geschäfte von Axel Springer sowie die Identifikation und Gestaltung künftiger KI-getriebener Wachstumsprojekte verantworten. Als COO von BUSINESS INSIDER in New York und zuletzt als CEO der BILD-Gruppe in Berlin, ist er genauso transatlantisch geprägt wie unser Portfolio.

Ja, das sind drei Männer – aber ich bin überzeugt, dass das das richtige Team für die nächste Phase im Unternehmen ist. Neben dem Vorstand steht folgendes Führungsteam für das Mediengeschäft:

Carolin Hulshoff Pol (46) wird CEO der BILD-Gruppe. Bevor sie zuletzt die WELT-Gruppe verantwortete, arbeitete sie anderthalb Jahrzehnte in verschiedenen Führungspositionen erfolgreich für BILD und BILD AM SONNTAG. Caro verkörpert BILD-DNA wie wenige. Ich freue mich, dass sie nun die gesamte Gruppe inklusive SPORT BILD, COMPUTER BILD und AUTO BILD weiterentwickeln wird.

Peter Würtenberger (58) wird CEO der WELT-Gruppe. Er bleibt darüber hinaus für Global Strategic Partnerships und Global Advertising verantwortlich. Seit mehr als zwei Jahrzehnten prägt Peter das Unternehmen – vor allem im Werbemarkt. Der gemeinsame Nenner all seiner Missionen war immer: Erfolg.

Bei den anderen Verantwortlichen der wichtigsten Marken ändert sich nichts.

Barbara Peng (39) bleibt CEO von BUSINESS INSIDER.

Goli Sheikholeslami (55) bleibt CEO von POLITICO.

Maxim Nohroudi (45), Jörn Rehse (53) und Martin Sinner (57) bleiben Geschäftsführer von IDEALO.

Christoph Eck-Schmidt (40) bleibt CEO von BONIAL, Co-Geschäftsführer von BILD sowie Chief Marketing Officer (CMO), zuständig für die Werbevermarktung mit besonderem Fokus auf den deutschen Markt.

Eine besondere und wichtigere Rolle wird in Zukunft Technologie und die technologische Entwicklung von Produkten einnehmen. Wir müssen am schnellsten und am klügsten die Chancen künstlicher Intelligenz nutzen und verlässlich vor der Welle reiten.

Valentin Schöndienst (40) bleibt Chief Technology Officer (CTO) und Chief Product Officer (CPO), verantwortlich für die digitale Produkt- und Technologiestrategie des Konzerns. Dabei arbeitet er eng mit allen Produkt- und Technikteams innerhalb von Axel Springer zusammen. Er und seine Teams entwickeln die Zukunft unserer Produkte und unseres Erfolgs. Hier trifft der Satz von Bill Gates besonders zu: „Be nice to nerds. Chances are you’ll end up working for one.“

In Summe stehen diese Veränderungen für eine deutliche Verjüngung. Der Wechsel ist auch ein Generationenwechsel.

Und eine neue Form der Zusammenarbeit. Die drei Vorstände, die Marken-CEOs, der CTO/CPO und der CMO werden sich auf Augenhöhe in regelmäßigen Meetings zusammensetzen und die Zukunft des Unternehmens gestalten. Wir sind ein Team.

Unser Ziel ist klar: Wir wollen das führende transatlantische digitale Medienunternehmen in der demokratischen Welt bauen. Unternehmertum, Kreativität und Integrität bleiben dabei unsere Leitsterne.

Ich glaube fest an die Zukunft, die Rolle und die Relevanz von Journalismus. Je mehr Fake News, je mehr Polarisierung, je mehr parteipolitisch berechenbare Positionierungen unsere Medienlandschaft bestimmen, desto mehr glaube ich an unseren Kompass.

Demokratie. Rechtsstaat. Menschenrechte. Unser zentraler Unternehmenswert ist: Freiheit. Dazu passt der Satz von Perikles, mein Lieblingszitat: „Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, und das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.“

Axel Springer steht für: Journalismus statt Aktivismus. Neugier und Information statt Vorurteil und Belehrung. Recherche statt Ressentiment. Das Wichtigste, was wir verteidigen und als Branche in Teilen wieder zurückgewinnen müssen, ist: Vertrauen. Wir – und das sollte jede und jeden bei Axel Springer antreiben – können einen Beitrag dazu leisten.

Ich freue mich darauf, dieses nächste Kapitel in der Geschichte dieses wunderbaren Unternehmens mit euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu gestalten.

Alles, was wir bisher erreicht haben, haben wir dank Euch erreicht. Eurer Leidenschaft, Eurer Kompetenz, Eurem Einsatz. Deswegen am Schluss für heute nur ein Wort: Danke!

Ich freue mich sehr auf das, was kommt.

Euer Mathias

Source: welt.de