„In der Nähe“ von Simon Strauß : Wo es wehtut? In Prenzlau
In Zeiten identitätspolitischer Revierverteidigung ist es nicht ohne Risiko, sich mit den Themen „der Anderen“ zu beschäftigen, unabhängig davon, wo diese zu Hause sind. Diese könnten schließlich auf ein Privileg des Eingeborenseins pochen, das ein Hinzukommender niemals beanspruchen kann. Von dieser Warte aus gesehen ist das neue Buch von Simon Strauß eine Wilderei in fremdem Gelände. Aber der Autor ist klug genug, dies selbst zu thematisieren, wenn er jetzt über eine ostdeutsche Provinzstadt schreibt: über Prenzlau in der Uckermark. Ein ganz Fremder ist er allerdings nicht, hat er doch seit Kindesbeinen immer wieder Zeit dort zugebracht. Sein Vater, der Theaterdichter Botho Strauß, lebt schon lange in der Gegend. Der Sohn, Feuilletonredakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, hatte schon 2024 mit seiner klugen Podcastserie Schaut auf diese Stadt Prenzlau zum Thema gemacht und den deutschen und ostdeutschen Konfliktlagerungen nachgespürt.