Immobilien-Tipps vom Makler: Worauf es im Kontext jener Preis-Verhandlung ankommt

„Bargaining power“, Verhandlungsmacht, nennen Ökonomen den möglichen Spielraum von Käufern und Verkäufern bei einem Hauskauf, den Preis zu ihren Gunsten zu beeinflussen. In einer kleinen Umfrage der F.A.Z. unter Maklern in Deutschland berichteten die Immobilienfachleute, die Umstände am Häusermarkt hätten die Verhandlungsmacht von Käufern gestärkt.

Zwar scheint der Hauspreisverfall laut den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Kreditplattform Europace erst mal zum Stillstand gekommen zu sein. Im September legten die Preise für Eigentumswohnungen und neue Ein- und Zweifamilienhäuser demnach ganz leicht zu, die Preise für Häuser aus dem Bestand sogar etwas stärker. Trotzdem sind die äußeren Umstände zum Feilschen um den Preis für Kaufinteressierte offenbar günstig.

„In der aktuellen Marktlage, die durch höhere Zinsen und eine reduzierte Nachfrage geprägt ist, haben Immobilienkäufer eine stärkere Verhandlungsposition als in Boomzeiten – vor allem bei sanierungsbedürftigen Immobilien und in schlechteren Lagen“, sagt Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter beim Maklerunternehmen Von Poll Immobilien. „Angesichts der aktuellen Marktlage und der gestiegenen Finanzierungskosten können Käufer zwischen fünf und zehn Prozent unter dem Angebotspreis verhandeln, je nach Region und Immobilientyp“, sagt Ritter.

Dies hänge jedoch stark vom lokalen Markt und der Dringlichkeit des Verkäufers ab, sodass es ratsam sei, lokale Trends genau zu beobachten: „Besonders bei sanierungsbedürftigen Immobilien haben Käufer gute Chancen, Preisnachlässe zu verhandeln.“ Und das, obwohl in diesem Segment schon Preiskorrekturen nach unten stattgefunden hätten.

„Ein seriöses und sensibles Verhandlungsgeschick kann enorm helfen, einen guten Preis zu erzielen“, sagt Eckhard Lüling von Lüling Immobilien in Emden. Dabei sei es wichtig zu klären: Muss der Verkäufer aufgrund von Lage, Grundriss, Zustand und Renovierungsstau Zugeständnisse machen? Interessant sei auch: Wie lange hat der Verkäufer das Haus bereits im Netz zum Verkauf? Je länger, umso mehr werde Erde verbrannt.

„Oft eine emotionale Angelegenheit“

„Die Verhandlung des Kaufpreises für eine Immobilie ist für beide Parteien häufig eine emotionale und anstrengende Angelegenheit“, sagt Rene Jehmlich vom gleichnamigen Immobilienunternehmen in Chemnitz: „Oft geht es nicht nur um nüchterne Zahlen, sondern auch um persönliche Wünsche und Vorstellungen, die das Gespräch erschweren und zu einem nervenaufreibenden Prozess machen können.“ Das gelte es zu bedenken.

Verhandlungen seien ein „Balanceakt zwischen Überzeugungskraft und Diplomatie“, sagt Martin Heinz von Heinrich Immobilien & Hausverwaltung in Eisenberg. Eine gute Vorbereitung und eine strategische Vorgehensweise könnten Immobilienkäufern helfen, einen besseren Preis zu erzielen.

„Identifizieren und betonen Sie notwendige Renovierungen oder Mängel am Objekt, die den Preis mindern könnten“, rät der Immobilienfachmann. Dabei solle man möglichst konkrete Beispiele nennen. Es sei zudem hilfreich, Verhandlungstaktiken wie das „Ankern“ zu nutzen, rät Heinz: „Beginnen Sie mit einem niedrigeren Angebot, das Ihnen Raum für Verhandlungen lässt; seien Sie dabei aber realistisch, um den Verkäufer nicht zu verschrecken.“

Später sei es strategisch von Vorteil für Hauskäufer, eine gewisse Flexibilität zu zeigen: „Seien Sie offen für Kompromisse, die über den reinen Preis hinausgehen, wie den Einzugstermin oder die Übernahme bestimmter Möbelstücke“, sagt Heinz: „Solche Flexibilität kann den Verkäufer bewegen, Ihren Preisvorstellungen eher zuzustimmen.“

Es sei ein Knackpunkt, den Zustand der Immobilie genau zu bewerten, sagt Philipp Niemann von der Immobilienplattform McMakler. „Sanierungsbedarf sollte im Vorfeld abgeschätzt und bei der Preisverhandlung berücksichtigt werden.“ Bei großen Objekten empfehle sich dafür ein professioneller Energieberater.

Sanierungsbedarf ins Gespräch einbringen

Eine Erhebung der Postbank war zu sehr hohen Preisabschlägen zwischen Häusern mit den „guten“ Energieeffizienzklassen A+, A, B, C oder D und den „unterdurchschnittlichen“ Klassen E, F, G oder H gekommen. Für eine Wohnung in Frankfurt aus der ersten Gruppe wurden im vergangenen Jahr im Schnitt stolze 7056 Euro je Quadratmeter verlangt. Das waren also für 80 Quadratmeter Wohnfläche 564.000 Euro. Dagegen wurde eine Wohnung in derselben Größe in einem älteren Haus mit schlechten Energiewerten nur auf 5479 Euro je Quadratmeter taxiert. Das sind also bei gleicher Wohnfläche 438.000 Euro, immerhin 126.000 Euro weniger.

Andere Immobilienfachleute hielten das Ausmaß der ermittelten Abschläge für zu hoch – dass es sie gibt, wurde aber nicht bestritten.

„Argumentieren Sie möglichst sachlich, welche zusätzlichen Investitionen notwendig sind und wie sich das auf den Kaufpreis auswirken sollte“, rät Immobilienprofi Niemann. Er sagt aber auch: „Vermeiden Sie Überheblichkeit und bauen Sie eine positive Beziehung auf.“ Viele Verkäufer hätten ihre Immobilie hart erarbeitet und hingen emotional daran: „Ein respektvoller Umgang kann die Verhandlungen erleichtern.“ Niemann rät zudem: „Seien Sie während der Verhandlungen standhaft – Schwankungen in Ihrer Position könnten als Unsicherheit gewertet werden, was Ihre Verhandlungsposition tendenziell schwächt.“

Übertreiben solle man es mit dem Runterhandeln nicht, meint Günther Langer von Langer Immobilien in Berlin. Immobilien wie klassische Einfamilienhäuser moderner Bauweise mit Gartengrundstück in guter Wohnlage etwa seien nach wie vor sehr gefragt, sagt Langer: „Wer hier stark verhandeln möchte, hat meistens das Nachsehen.“

Eine klare Finanzierungszusage verbessere die Verhandlungsposition, meinen die Makler. Verkäufer bevorzugten oft sichere Deals und seien daher bereit, Preisnachlässe zu gewähren, wenn sie wüssten, dass die Finanzierung stehe.

„Der beste Tipp ist, gleich zur Besichtigung eine Finanzierungsbestätigung mitzubringen“, sagt Andre Rottmann von Rottmann Immobilien in Hof. Wobei sich umgekehrt natürlich auch das Problem ergeben kann, dass jemand von der Bank noch keine Finanzierungszusage bekommt – solange der Preis nicht klar ist.

Source: faz.net