IG Metall droht VW mit beispiellosem Arbeitskampf

Der Betriebsrat des krisengeplagten Volkswagen-Konzerns will den Sparplänen des Vorstands ein eigenes Konzept entgegensetzen, das ohne Werksschließungen und Massenentlassungen auskommt. Wie die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Wolfsburg mitteilte, könne eine „kluge Produktverteilung“ die Stammbelegschaft absichern. Die Belegschaft sei bereit, einen Beitrag zu leisten, allerdings gebe es vom Vorstand bisher nur Pläne, die „unsere roten Linien massiv überschreiten“, sagte sie im Gewerkschaftshaus der IG Metall mit Blick auf das Stammwerk am Mittellandkanal.

Die IG Metall verhandelt gerade mit dem Management um ein Effizienzprogramm, in dem vor allem die Personalkosten eine wichtige Rolle spielen. VW will die Entgelte um zehn Prozent senken, die Arbeitnehmervertreter halten weiter dagegen und drohen mit Streik.

„Sollte der Vorstand auf Maximalpositionen und Werksschließungen beharren, dann wird es einen Arbeitskampf um Standorte geben, wie ihn diese Republik noch nicht erlebt hat“, sagte Thorsten Gröger, Chef der IG Metall in Hannover. Für Donnerstag ist die nächste Verhandlungsrunde um einen Haustarif geplant.

Kern ist ein „Zukunftsfonds“

Konkret schlägt die IG Metall ein Bündel aus Maßnahmen vor, dass die Arbeitskosten um etwa 1,5 Milliarden Euro entlasten soll und gleichzeitig Zukunftsinvestitionen in neue Produkte vorsieht. Kern ist ein als „Zukunftsfonds“ bezeichnetes Instrument, in den Tariferhöhungen einfließen sollen, anstatt sie direkt an Mitarbeiter auszuzahlen. Die Mittel könnten dann verwendet werden, um zukünftige Auslastungsprobleme in den Fabriken auszugleichen.

Auch Teile der Boni – von Vorstand über Management bis zu den Tarifbeschäftigten – würden demnach für „Zukunftssicherung“ eingebracht. Wenn man dies umsetze, könne VW der Überkapazität in seinen Werken begegnen, indem betroffene Fabriken „kollektiv“ die Arbeitszeit senkten, ohne dass betriebsbedingte Kündigungen nötig seien. VW äußerste sich am Vormittag zunächst nicht dazu.

Effizienzprogramm von VW umfasse Volumen von 17 Milliarden Euro

Es sei ein „Armutszeugnis“, dass die „bestbezahlten Vorstände der Republik“ bisher keinen Weg aufgezeigt hätten, der ohne Einschnitte auskomme, der ganze Regionen in Aufruhr und Sorge versetze, sagte IG-Metall-Chef Gröger.

Alles in allem umfasse das Effizienzprogramm der Volkswagen AG ein Volumen von 17 Milliarden Euro, rechnete Cavallo in Wolfsburg vor. Die Personalkosten seien nur ein vergleichsweise kleiner Teil davon, viel mehr müsse VW über die „Produktsubstanz“ erreichen, also attraktivere Modelle. Kernelemente für einen „Masterplan 2025 – 2030 – 2035“ hatte der VW-Betriebsrat schon Anfang September auf einer Betriebsversammlung skizziert.

Im Einzelnen solle VW in Deutschland weiterhin sowohl auf die Produktion von Verbrennern als auch von Elektrofahrzeugen setzen, um so die Transformation fortzuschreiben, sagte Cavallo. Sie will das alllerdings nicht als Abrücken vom Verbrenner-Aus der EU im Jahr 2035 verstanden wissen, das der Betriebsrat weiter für sinnvoll hält.

Ein neuer zusätzlicher Fokus solle außerdem auf der Kreislaufwirtschaft liegen, also etwa dem Recycling von Batterien. Außerdem will die IG Metall neue Fertigungsverfahren vorantreiben, „um Industriearbeit am Standort Deutschland zukunftsfähig zu halten“. Konkret geht es um Themen wie den Großguss, also die Fertigung ganzer Karrosserien aus einem Stück, statt sie wie bisher aus vielen Teilen zusammenzusetzen.

Cavallo fordert außerdem eine neue Steuerung des Konzerns, die offenbar darauf setzt, Beschlüsse stärker in Wolfsburg zu treffen statt dezentral in den Marken. Der Konzernvorstand müsse zu einer „stärkeren Durchschlagskraft“ kommen, um schneller zu werden. Konkret hatte sie zuvor schon auf die Softwareentwicklung verwiesen, die auch wegen gegenläufiger Markeninteressen zum Problem geworden sei.