Hymnenpflicht an Schulen: Gott mit uns

Nach Willen des CSU-Parteitages – ja, genau jenes, auf dem Markus Söder so vergleichsweise schlecht abgeschnitten hat – soll künftig an Schulen bei offiziellen Anlässen die Deutschland- und die Europahymne gesungen werden, in Bayern zusätzlich die Bayernhymne. Schlimm ist das nicht, schon gar nicht in dieser Kombination, die keinen Nationalismus nahelegt, höchstens Heimattümelei. Es ist aber auch nicht angenehm, weil ein Bekenntniszwang immer etwas Ungemütliches und Übergriffiges hat. Man muss singen, erwünschtermaßen aus voller Kehle und vollem Herzen – aber was, wenn man einen Groll gegen Bayern hegt (zu derb, zu grobianisch), Deutschland unbehaglich findet (zu kalt, zu bürokratisch) und sich vor Brüssels Regulierwut fürchtet? Muss man dann heucheln, vom Privatempfinden einen staatstreuen Musterschüler abspalten? Der Wunsch, bei Abschlussfeiern oder Sportfesten alle, auch die vielleicht religiös Widerstrebenden mit Migrationshintergrund, auch die anarchistisch gesinnten Einzelgänger (Schüler sind in der Regel Anarchisten), zu einem gemeinsamen heiligen Abrakadabra zu zwingen, hat etwas Weltfremdes und hilflos Autoritäres. Wenn schon beim CSU-Parteitag die Heuchelbereitschaft nicht groß genug war, um Söder einstimmig wiederzuwählen, warum sollte sie dann an Schulen mobilisiert werden können, um etwas dermaßen Uncooles abzuliefern, wie es nun einmal Hymnen mit ihrem schlecht gedichteten Gemeinschaftskitsch sind? Wenn die lieben Kleinen noch nicht komplett gehirngewaschen sind, wird es zu Gejohle und Faxen kommen und statt des Staatsbekenntnisses ein Zeugnis fröhlicher Ungezogenheit geliefert werden. Andererseits – wie wir die CSU kennen, hat sie so was auch wiederum sehr gerne.