Horst Hrubesch, ein Glücksfall für den deutschen Fußball – WELT
„Paris, Paris – wir fahren nach Paris!“ So klang es aus der kleinen deutschen Fankurve und später aus der Kabine der DFB-Frauen. Mit einem Kraftakt haben die deutschen Fußballerinnen von Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch noch das Olympia-Ticket geholt. Der 72-Jährige gab nach dem 2:0-Sieg gegen die Niederlande in Heerenveen gleich mal das Ziel für die Sommerspiele aus: „Ich werde nicht nach Paris fahren, um mitzuspielen, ich will schon ins Endspiel.
Nach den Toren der beiden Bayern-Angreiferinnen Klara Bühl (66. Minute) und Lea Schüller (78.) dürfen die Spielerinnen auf das zweite deutsche Olympia-Gold für die Frauen nach Rio de Janeiro 2016 hoffen. „Ich bin sehr, sehr froh und stolz auf meine Mannschaft“, sagte Kapitänin Alexandra Popp, die sich nach dem Abpfiff völlig geschafft mit ihren Mitspielerinnen in den Armen lag. „Wir haben wirklich ordentlich Kilometer gemacht. Aber es hat sich am Ende gelohnt, und wir haben uns verdient zu Olympia geschossen.“
Ein halbes Jahr nach dem WM-Debakel von Australien mit dem Vorrunden-Aus wäre eine verpasste Olympia-Teilnahme – wie schon in Tokio 2021 – ganz bitter für das Nationalteam und den DFB gewesen. „Pure Freude, pure Emotion“, beschrieb Bühl nun mit glänzenden Augen ihre Gefühle. „Es ist im Moment schwer zu greifen. Jeder weiß, aus welch schwieriger Phase wir kommen.“
Olympia-Auslosung am 20. März
Hrubesch hat immer betont, dass er gerne wieder die Atmosphäre im Olympischen Dorf mit Sportlern aus aller Welt erleben möchte. Das HSV-Idol stand bislang einmal in einem olympischen Endspiel: 2016 hatte er die U21-Auswahl der Männer ins Endspiel gecoacht, war in diesem aber Gastgeber Brasilien um Neymar im Elfmeterschießen unterlegen.
Nach der Gruppenauslosung am 20. März wissen die DFB-Frauen auch, gegen wen sie bei dem auf mehrere Städte verteilten olympischen Turnier spielen. Mit dabei sind unter anderem die Weltmeisterinnen aus Spanien sowie Frankreich, die USA, Kanada, Brasilien und Kolumbien. Hrubesch kündigte nach seiner erfolgreichen Mission, die Fußballerinnen nach Paris zu führen, gleich mal an: „Der Maßstab wird sein, wenn du gegen Spanien spielst.“
Auch deshalb hatte ihn die 1:2-Niederlage in Frankreich im Halbfinale der Nations League vergangene Woche in Lyon geärgert. Mit einem Sieg wäre schon da das Olympia-Ticket sicher gewesen – und seine Auswahl wäre im Finale gegen Spanien angetreten. „Wir sind wirklich auf einem guten Weg. Aber wir müssen einfach konstanter werden“, forderte der 72-Jährige, bevor es zur Feier ging.
Hrubesch und der DFB – das passt offenbar bestens zusammen. Denn während die Trainerkarriere nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn eher bescheiden verlief und anders als auf dem Feld keine großen Triumphe bereithielt, sieht die Bilanz für den HSV-Helden im Verband sehr viel besser aus.
Vor Olympia-Silber 2016 gewann er 2008 mit der deutschen U19 und ein Jahr später mit der U21 den EM-Titel. In jener Mannschaft standen seinerzeit spätere Stars wie Manuel Neuer und Mesut Özil. Hrubesch spreche die Sprache der jungen Spieler, meinte einmal der frühere DFB-Sportmanager Matthias Sammer über das Erfolgsgeheimnis des gebürtigen Hammers. Und auch von 14 Spielen als verantwortlicher Frauen-Bundestrainer gewann er elf, die Niederlage im Halbfinale der Nations League gegen Frankreich (1:2) am vergangenen Freitag war seine einzige.
Nun hilft Hrubesch dem Verband wieder einmal mit seiner Expertise. Interimsmäßig hatte er bereits die deutsche Frauen-Auswahl von März bis November 2018 gecoacht, nun will er im Sommer mit dem Gewinn einer Olympiamedaille einen krönenden Abschluss finden. Denn danach, das stellte der einst wegen seiner Kopfballstärke in der Bundesliga als „Kopfballungeheuer“ genannte Stürmer schon klar, will er sich wieder voll und ganz seinem „HSV“ als Nachwuchsdirektor widmen.
Gute TV-Quoten
Die deutschen Fußballerinnen haben übrigens auch im Fernsehen erfolgreich abgeschnitten. Den Sieg gegen die Niederlande sahen am Mittwochabend im Durchschnitt 5,596 Millionen Menschen im TV und bescherten dem ZDF die Top-Quote des Tages. Der Marktanteil lag nach Angaben der AGF Videoforschung bei 23,1 Prozent.
Das letzte Spiel der Nations League war auch bei der Quote damit deutlich erfolgreicher als das Halbfinale gegen Frankreich, in dem die Auswahl von Trainer Horst Hrubesch die erste Chance auf die Olympia-Qualifikation verpasst hatte. Die 1:2-Niederlage sahen am vergangenen Freitag in der ARD durchschnittlich 3,19 Millionen Menschen (13,1 Prozent).
Source: welt.de