Höhere preise drohen: Airbus-Probleme verschärfen Flugzeugmangel

Die neuen Qualitätsprobleme an der Rumpfverkleidung von A320-Mittelstreckenjets haben für Airbus weitreichendere Folgen als zunächst angenommen. Am Mittwoch erklärte der europäische Flugzeughersteller, sein Auslieferungsziel für dieses Jahr revidieren zu müssen. Statt etwa 820 könne man nur 790 Zivilflugzeuge an Airlines übergeben.

Das Qualitätsproblem bei Lieferanten von Rumpfplatten wirke sich auf den „Auslieferungsfluss“ der A320-Familie aus, teilte Airbus mit. Dabei handelt es sich um die mit Abstand wichtigste Baureihe für die Zivilflugzeugsparte, auf die mehr als 80 Prozent der Bestellungen entfallen. Die Finanzprognose für dieses Jahr lässt die Airbus-Geschäftsführung hingegen unverändert.

Das revidierte Auslieferungsziel verschärft die Knappheit am Flugzeugmarkt. Airlines auf der ganzen Welt müssen auf neue Maschinen nun noch länger warten als ohnehin, nachdem sie nach der Corona-Pandemie in historischem Umfang Neubestellungen aufgegeben haben – um zu expandieren, Kosten zu sparen und Umweltauflagen einzuhalten.

Kaum noch erreichbar

Allein von der A320-Modellreihe stehen mehr als 7000 nicht abgearbeitete Aufträge in den Airbus-Büchern. Ältere Flugzeuge verbrennen mehr Kerosin, sind mit zunehmendem Alter wartungsanfälliger und im Betrieb teurer. Mittelbar reduziert die Knappheit auch das Flugangebot von Airlines und führt zu steigenden Preisen für Endverbraucher.

Schon vor Bekanntwerden der neuen Qualitätsprobleme galt das von Airbus genannte Auslieferungsziel von etwa 820 Zivilflugzeugen als kaum noch erreichbar. Auch wenn die Produktion Richtung Jahresende in aller Regel auf Hochtouren läuft, hatten Beobachter mit maximal 800 gerechnet. Bis Ende Oktober waren 585 geschafft, Zahlen für November kommen am Freitag.

Da im Flugzeugbau erst anlässlich der Auslieferung der Großteil des Kaufpreises fließt, drohen bei weniger Übergaben finanzielle Einbußen für Airbus. Dass der Konzern am Mittwoch in diesem Punkt beschwichtigte, erfreut die Anleger. Der Aktienkurs stieg im frühen Handel um rund drei Prozent. Am Montag war er um zeitweise mehr als zehn Prozent abgestürzt.

Um Transparenz bemüht

Die Zielrevision macht gleichwohl noch einmal deutlich, wie schwer sich der Hochlauf der Flugzeugproduktion auch mehr als fünf Jahre nach dem pandemiebedingten Einbruch gestaltet. 2023 hatte Airbus 735 neue Zivilflugzeuge ausgeliefert, vergangenes Jahr 766. Mit 790 Maschinen schwächte sich das Wachstum prozentual wie absolut also ab.

Das Vor-Corona-Niveau von 863 Auslieferungen im Jahr 2019 liegt noch in weiter Ferne. Für Fluggesellschaften kommt erschwerend hinzu, dass die Produktion des amerikanischen Airbus-Rivalen Boeing durch eine jahrelange Problemkaskade noch geringer ist. Bis Ende Oktober haben die Amerikaner 493 neue Flugzeuge an Airlines ausgeliefert. Im Gesamtjahr 2025 dürften es maximal 600 sein.

Bei Airbus ist man nach dem Doppelrückschlag durch die jüngste Softwarepanne und Qualitätsmängel an seinem A320-Bestseller um Transparenz bemüht. Vorstandschef Guillaume Faury räumte am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters ein, dass die Probleme an der Rumpfverkleidung die Auslieferungen zuletzt gebremst hätten.

Bis zu 628 Flugzeuge betroffen

„Wir hatten einen eher schwachen November, weil wir Flugzeuge hatten, die wir im Übergang vom Produktionsende bis zur Auslieferung stoppen mussten“, sagte er. Man prüfe derzeit jedes Flugzeug, jeden Produktionsstandort und jeden Kunden einzeln. „Es besteht eine gewisse Unsicherheit, welche Verkleidungen ersetzt werden müssen“, räumte Faury ein.

Bis zu 628 Flugzeuge seien von den Qualitätsproblemen potentiell betroffen und würden nun überprüft, heißt es aus der Airbus-Zentrale. Dabei handele es sich sowohl um im Betrieb befindliche als auch aktuell produzierte und kurz vor der Auslieferung stehende Maschinen. Es gehe dabei um Rumpfverkleidungen an der Flugzeugvorderseite, hinter dem Cockpit und auf beiden Seiten der vorderen Türen.

Airbus betont, wie immer bei allen Qualitätsproblemen in der Lieferkette verfolge man „einen konservativen Ansatz“: Alle potentiell betroffenen Flugzeuge würden überprüft – in dem Wissen, dass nur ein Teil davon tatsächlich betroffen ist. Auch bei der Softwarepanne hatte Airbus von rund 6000 potentiell betroffenen A320-Flugzeugen gesprochen, ehe tatsächlich deutlich weniger gewartet werden mussten. Anfang dieser Woche sprach der Konzern von „weniger als 100“ Flugzeugen, für die dies noch ausstehe.