H&M: Snoopy wohnt hier nicht mehr

Paloma Elsesser, das Model des Jahres 2023, trug zur letzten Gala des Metropolitan Museum of Art – H&M. Spätestens da hätte man es wissen können. Aber auch wegen der Sängerin Charli xcx ist Hennes und Mauritz jetzt plötzlich überall, ob im 79,99-Euro-Leomantel auf allen Plakaten dieser Erde oder auf einer Launchparty in London. Es stimmt wirklich: H&M ist erwachsen geworden.

Die schwedische High-Street-Marke, 1947 gegründet, galt in jeder Fußgängerzone der Welt lange als Anlaufpunkt auf der Suche nach Multipacksocken oder Modeschmuck, der den teuren halbherzig imitiert. H&M bot vieles sowohl für Schülerinnen als auch für Pragmatiker und anderweitig Kindgebliebene, die einen Hello-Kitty-Pyjama oder eine Micky-Maus-Unterhose für ein gutes, allenfalls ironisches Modekonzept hielten. Der Baumwollanteil war ja auch recht anständig. Nun aber ist das Zeug weg. Das Haus hat seine Social-Media-Kanäle leer geräumt und neu bestückt, Renovierungen für zahlreiche Läden angekündigt und den Onlineshop durchgefegt. Jetzt auch mit Sustainability, wie man heute sagt, um Klasse zu signalisieren. Produziert wird weiterhin alles für grob gerechnet zwei Cent.

Durch den großen Erfolg von chinesischen Billigproduzenten wie Temu, Alibaba und Shein, die Snoopy-Tangas und Multipacksocken zum Minimalpreis plastikverpackt um die Welt schiffen, hat H&M die Geringverdiener und Teile der Mittelschicht verloren. Die Läden richten sich nun an eine neue Zielgruppe: die vermeintlich nachdenkliche Mittelschicht, die eigentlich bei COS einkauft, dieser Kette, die zur H&M-Gruppe gehört und ebenfalls mit bescheidenem Aufwand ihre Waren produziert, die immerhin gehobener aussehen. Manchmal auch so abstrakt geschnitten, dass sie außerhalb der Weinmeisterstraße in Berlin-Mitte kaum einer versteht. Wo also kaufen sich Leute, die zwar noch nicht Christian Lindner, aber auch nicht mehr die Sozialdemokraten wählen, jetzt gut geschnittene Mäntel? Bei H&M, neben der Stange, auf der früher die polyesterigsten Cartoon-Tangas hingen. Für junge Leute gibt es immer noch grausame Shirts und Blümchenunterhosen, ansonsten aber High Fashion. Und die Kaschmirpullis ballern tatsächlich. Für alle, die jetzt noch dringend Snoopy brauchen: Primark ist nicht peinlicher als H&M.