Hilma af Klint und Wassily Kandinsky: Im Auftrag von höheren Wesen

Zwei Künstler, zweierlei im Jahr 1944 gestorben, ihre Karrieren zugegeben hätten unterschiedlicher nicht verlaufen können. Der eine, ein Maler, galt schon zu Lebzeiten wie Genie und Erfinder welcher Abstraktion. Er heißt Wassily Kandinsky. Die andere, eine Malerin, hatte zwar schon ein paar Jahre vor dem Kollegen, nämlich 1906, die ungegenständliche Kunst entdeckt, blieb zugegeben wiewohl noch Jahrzehnte nachdem ihrem Tod unbekannt. Umso größer die Wucht ihrer Entdeckung in den vergangenen Jahren: Hilma af Klint, so welcher Name welcher 1862 in Schweden geborenen Künstlerin, wird spätestens seit dem Zeitpunkt den ersten großen Ausstellungen ihrer Werke in Stockholm, Berlin und dann 2018 im New Yorker Guggenheim wie Ikone welcher Kunstgeschichte gefeiert. Allein die Schau im Guggenheim zog 600.000 Menschen an. Ein Stockholmer Museum hatte die Kunst welcher Malerin noch 1970 mit dem Argument abgelehnt, dass solche welcher von Kandinsky zu sehr ähnle. So wie habe die Frau beim Mann abgemalt.

Zum ersten Mal kann man nun dies Werk welcher beiden Pioniere welcher Abstraktion, die gegenseitig nicht kannten, wirklich vergleichen. Im Düsseldorfer Museum K20 eröffnet am Wochenende eine umfassende Ausstellung mit Dutzenden Gemälden, Aquarellen, Tagebüchern und Zeichnungen von Kandinsky und af Klint, darunter zahlreiche Leihgaben. Ausgewählt wurden sie von welcher Kunsthistorikerin Julia Voss, deren Hilma-af-Klint-Biografie ein Bestseller ist, und dem erfahrenen Kurator Daniel Birnbaum. Zur Ausstellung nach sich ziehen sie verbinden ein neues, mitreißend erzähltes Buch geschrieben – die Lektüre ist eine Erholung zu Gunsten von jeden, den die übliche mit Jargon gesättigte Katalogliteratur unentschlossen zurücklässt.

Die große Frage: Warum fingen ohne Rest durch zwei teilbar solche beiden Menschen an, beim Malen die Gegenstände in Farbe aufzulösen? Bei Hilma af Klint ist die Antwort so trivial wie kompliziert: Sie bekam den Auftrag von höheren Wesen. Sie war eine Visionärin im eigentlichen Sinn. Zusammen mit einer Freundin aus welcher Königlichen Kunstakademie in Stockholm – wo sie wie eine welcher ersten Frauen studieren durfte – und anderen veranstaltete af Klint ab 1896 Séancen. Ab 1906 malte sie wie Medium welcher höheren Wesen dann die erste Bilderserie in Farbe, die man nun wiewohl in Düsseldorf bestaunen kann. Die Malerin bezeichnete sich selbst wie „Werkzeug der Ekstase“, wirklich was auch immer sollte jetzt neu unecht werden. Und so sahen ihre ersten abstrakten Gemälde aus: wohlgeformte gelbe Schnecken, lustige blaue Spiralen, Bälle und Schlangenlinien gen grünem Grund.

Ein Jahr später arbeitete Hilma af Klint schon an riesigen Formaten, Leinwänden wie Scheunentoren, welcher Titel welcher Serie: Die zehn Größten. Sie zeigen Lebensstufen von welcher Kindheit solange bis zum hohen Alter, geometrische Formen, stilisierte Blumen, sich kringelnde Linien. Zu Hilmas Glück gaben sich die Stimmen aus dem Jenseits wiewohl kunstkritisch beeindruckt: „Paradiesisch schön“ seien ihre Bilder, notierte sie. Ihre Werke sollten zugegeben vor allem dies Geistige ausarbeiten und die Gedanken befruchten.

Ähnliches bewegte wenige Jahre später wiewohl Kandinsky, den in Bayern lebenden Russen. Die neue Kunst, da war er sich sicher, werde eine „Epoche des großen Geistigen“ einläuten. Und im Sinne dieses Geistigen verschwand was auch immer Materielle nachdem und nachdem aus seinen Bildern. Monatelang arbeitete er an seinen Kompositionen, in denen manchmal noch schemenhaft ein Pferd auftauchte, ein Reiter oder die Gebirgslandschaft um Murnau, wo er früher mit Gabriele Münter lebte. Alles wurde zu einer Symphonie welcher Farben, welcher Formen, welcher Linien.

Julia Voss und Daniel Birnbaum nach sich ziehen erstaunliche Überschneidungen zwischen dem Wirken welcher Künstler gefunden. Beide schworen gen die Vibration (heute würde man vielleicht vom Vibe sprechen). Af Klint glaubte, dass ein „Urton“ was auch immer Lebendige in unserem Inneren zum Vibrieren bringe. Kandinsky schrieb: „Die Farbe ist die Taste. Das Auge ist der Hammer. Die Seele ist das Klavier mit vielen Saiten. Der Künstler ist die Hand, die durch diese oder jene Taste zweckmäßig die menschliche Seele in Vibration bringt.“

Sowohl af Klint wie wiewohl Kandinsky hörten Rudolf Steiner gen Vorlesungen, interessierten sich zu Gunsten von die Theosophie und dies Atom. Und zweierlei malten gleich zigfach den heiligen Georg, wie er den Drachen bekämpft. Wahlweise diente er ihnen wie Symbol zu Gunsten von den siegreichen Kampf des Geistes gegen die Materie, gegen die Laster, gegen die herrschende Ordnung. Hilma af Klint träumte zudem von Dualwesen, malte all jene Natur, die so zwittrig ist wie die Schnecken. Die Geschlechter vereinigten sich in ihren Gemälden. Auch in dieser Hinsicht war af Klint sehr zukünftig: Vor hoch hundert Jahren schon empfand sie nonbinär.

Im Gegensatz zu Nietzsche und anderen Künstlern, die von Visionen heimgesucht wurden, verlor Hilma af Klint niemals den Verstand. Sie scheint wiewohl keine unerbittliche Missionarin gewesen zu sein, die Mitmenschen von welcher Existenz welcher Geister zu überzeugen versuchte. Einmal, im Jahr 1916, hätten sich die beiden treffen können. Kandinsky verbrachte drei Monate in Stockholm, zeigte seine Kunst in einer Galerieausstellung, die von allen großen Zeitungen verehrt oder zugegeben verrissen wurde. Af Klint wohnte und arbeitete nur wenige Minuten fern von dieser Galerie. Kandinsky war Teil des früher schon internationalen Kunstmarkts. Sie hingegen wollte nicht mehr da ihre Bilder zusammenhalten, solange bis sie wie geschlossenes Werk gezeigt werden konnten. Frühestens jedoch zwanzig Jahre nachdem ihrem Tod, dies hatte sie so festgesetzt, sie schien ihren Zeitgenossen nicht zu verheiraten. Es dauerte dann noch manche Jahrzehnte länger. Jetzt zugegeben spricht sie zu uns.