Hier zeigt sich Mallorca still und monumental

Drei neue Bücher machen Lust auf die Lieblingsinsel der Deutschen, auch mitten im Winter. Das Spektrum reicht von coolen Einkaufstipps und schicken Fincas über träumerische Aquarelle bis zu Landschaftsfotos, die vertraut und fremd zugleich wirken.
Das Adressbuch einer Kennerin
Hätte man das private Adressbuch der deutschen Autorin und Bloggerin Marlene Burba, würde einem auf Mallorca sicher nie langweilig – und man schaffte es natürlich kaum noch an den Strand! Sie muss fast jeden kennen, der sich derzeit in Sachen Kunst, Lifestyle, Gastronomie oder Shopping auf der Insel hervortut. In dem opulenten neuen Bildband „Mallorca Stil“ teilt sie auf 240 Seiten ihre besten balearischen Kontakte und Lieblingsorte mit den Lesern.
Ein Füllhorn ist ihr Buch vor allem für Inselneulinge. Stammgäste werden den einen oder anderen Protagonisten wiedererkennen. In Palma etwa den bei Deutschen, Briten und Skandinaviern sehr beliebten Concept Store „Rialto Living“ in der Carrer Sant Feliu; in Manacor das fabelhafte, seit 1928 existierende Korbwaren-Geschäft „Can Garanya“ an der Carrer Joan Lliteres; im Hafenstädtchen Portopetro an der Ostküste das spektakuläre neue Hotel „Ikos“, das auch schon in der WELT vorgestellt wurde. Doch auch für Kenner gibt es noch einiges zu entdecken in dem nach Regionen gegliederten, sehr sorgfältig zusammengestellten Band.
Die Autorin, deren Eltern in Santanyí hinter der Kirche Sant Andreu seit 2009 das Restaurant „Pablo“ betreiben, zeigt die Insel nahezu perfekt durchgestylt: schöne Menschen, schöne Häuser, schöne Dinge. Von den sanften Naturfarben der Strandbar „Numa Beach“ an der Playa de Muro im Norden bis hin zu den Sofakissen aus traditionellen „Zungenstoffen“ in einem Ferienhaus in Deià im Westen.
Auch der Nachbarinsel Menorca widmet Burba als Zugabe ein Kapitel. Weiterer Pluspunkt: In zahlreichen Interviews lässt Burba andere spannende Insulaner und Zugereiste zu Wort kommen, etwa den jungen mallorquinischen Maler Toni Salom oder die schwedischen Galeristen Stefan und Pärnilla Lundgren in ihrem Anwesen in Felanitx. Da hätte es die altbekannten Insel-Zitate von George Sand bis Gertrude Stein als Kapiteleinleitungen gar nicht gebraucht. Burbas neue Stimmen aus ihrem Adressbuch sind viel besser.
Marlene Burba: „Mallorca Stil“, Callwey Verlag, 240 Seiten, 45 Euro
Die gemalte Stille der Insel
Nach einer Urlaubssaison, die von Diskussionen über Massentourismus und Überfüllung geprägt war, wirken Hans-Jürgen Gaudecks Aquarelle der Insel fast wie eine Provokation. Denn sie zeigen ein stilles, meist menschenleeres Mallorca, zart und verletzlich, zeitlos und rein. Die Bilder in dem kleinen, feinen Band üben einen Sog auf den Betrachter aus. Man versenkt sich in die Stimmungen und Farben wie in ein Musikstück, in eine ätherische Etüde von Chopin, der in der Berggemeinde Valldemossa einst mit seiner Lebensgefährtin George Sand einen kalten Winter verbrachte.
Chopins und Sands Reisen bilden angeblich den roten Faden in Gaudecks malerischen Exkursionen. Angeblich deshalb, weil der Berliner zum Glück sehr weit abweicht von den Routen der Besucher aus dem 19. Jahrhundert. Gaudecks Ausgangspunkt war das Weingut Possessió Binicomprat in Algaida, von dort aus führten ihn seine Wanderungen bis nach Formentor und Andratx, wo Sand und Chopin nie waren.
Sich einer von Wasser umgebenen Insel mit Aquarellen zu widmen, ist naheliegend. Gaudeck bringt aber nicht nur die richtige Maltechnik und großes künstlerisches Können mit, er hat auch ein besonderes Gespür für menschliche Spuren in der Natur. Steinmauern, die fast zu glühen scheinen, ein rot pulsierendes Hausdach unter stolzen Palmen, ein zarter Kirchturm unter gewaltigen Regenwolken: Da scheint sich in den kleinen Bildern die ganze Zivilisationsgeschichte dieser seit Jahrtausenden besiedelten Insel abzuspielen.
Gaudeck hat schon viele Gegenden und Länder in Bilder gefasst, von Norwegen bis Masuren. Nun endlich auch dieser wunderbare, träumerische Band über Mallorca. Es wurde höchste Zeit.
Hans-Jürgen Gaudeck: „Mallorca“, Klaus Becker Verlag, 84 Seiten, 29 Euro
Ist das wirklich noch Mallorca?
Ähnlich weit gereist wie der Maler Gaudeck ist der deutsche Fotograf Christian Müringer. Und auch in seinen Bildern im neuen Band „Mallorca“ von Frederking & Thaler sieht man, dass sich eine gewisse Weltkenntnis bei der Betrachtung der vergleichsweise kleinen Insel lohnt. Auf seinen Fotos erscheint selbst hundertfach Gesehenes überraschend neu und anders.
Bestes Beispiel dafür ist der griechisch anmutende Marmortempel auf dem Anwesen Son Marroig von Erzherzog Ludwig Salvator, neben Palmas Kathedrale vermutlich Mallorcas meistfotografierter Bau.
Müringer zeigt den Tempel nicht wie sonst fluide schwebend über dem blauen Meer, sondern am Ende eines steinigen Weges, eingerahmt von einem kahlen Baum und immergrünen Hecken, ganz so, als wäre der Tempel nicht nur die dekorative Spinnerei eines österreichischen Ästheten, sondern gehörte dort wirklich seit Jahrhunderten hin. Dass die Form des Rundbaus wie mit einem Augenzwinkern von einer kleinen Laterne auf einer Trockensteinmauer gespiegelt wird, fällt auch erst auf, wenn man die Szenerie mit den Augen Müringers betrachtet.
Mit seinem in Neuseeland und in den Alpen geschärften Blick für atemberaubende Natur und majestätische Landschaften ermöglicht der Fotograf eine neue Perspektive auf die Sonneninsel. Immer wieder fängt Müringer die Launen des Meers ein, mal kristallklar und ruhig, mal wogend und schäumend.
Die Tramuntana mit ihren schroffen Felsen und windschiefen Bäumen wirkt manchmal so, als befinde sie sich in Colorado. Der Almudaina-Palast in Palma könnte mit seinen maurischen Mauern, Bögen und Zinnen genauso gut in einer Oase im Oman aufgenommen worden sein – wäre da nicht der balearische Steinschleuderer im Vordergrund. So monumental hat man Mallorca selten gesehen.
Die präzisen Texte der Inselkennerin Susanne Lipps führen gut durch das Buch. Auch sie stellt, wie Burba, interessante Persönlichkeiten vor – vom Käsemacher bis zur Bergführerin. Wer einen frischen, überraschenden, umfassenden Blick auf Mallorca werfen will, liegt mit diesem prächtigen Bildband richtig.
Christian Müringer und Susanne Lipps: „Mallorca“, Frederking & Thaler, 256 Seiten, 39,99 Euro
Source: welt.de