Gigafactory in Kaiserslautern wird merklich teurer

Gut 700 Meter lang, 100 Meter breit und fast 28 Meter hoch soll sie werden, die erste von drei Hallen für die Gigafabrik in Kaiserslautern. Dort will der französische Autoriese Stellantis gemeinsam mit Mercedes und Total auf einem ehemaligen Betriebsgelände von Opel Batteriezellen und -module bauen, um die europäischen Autobauer unabhängiger zu machen von der Konkurrenz aus China. Doch das Vorzeigeprojekt hakt. Die Gigafabrik wird nicht nur deutlich teurer als geplant, auch der Produktionsstart wird sich um ein Jahr verzögern. „Die Kosten haben sich signifikant erhöht“, sagt Peter Winternheimer, Deutschland-Chef der Projektgesellschaft ACC, der F.A.Z.

Nach Winternheimers Worten hat das ursprünglich geplante Budget schlicht nicht ausgereicht, um die gestiegenen Baukosten zu decken. Zugleich entwickle sich der Markt für Elektroautos deutlich langsamer als gedacht. ACC habe deshalb die Pläne überarbeitet, um das Projekt „kostenseitig auf eine solide Basis zu stellen“.

Der ursprüngliche Kostenrahmen, wonach jeder der in Kaiserslautern geplanten drei Blöcke 500 bis 600 Millionen Euro kosten sollte, lässt sich nach Winternheimers Darstellung nicht mehr halten. Der Manager geht davon aus, dass allein der erste Block mehr als eine Milliarde Euro kostet. Auch den geplanten Produktionsstart 2025 muss ACC verschieben. „Wir gehen jetzt davon aus, dass wir im Sommer mit dem Bau starten. Bis zum Start der Serienproduktion wird es noch etwa zwei Jahre dauern.“

Gespräche mit Bund und Land

ACC hat deshalb zu den bereits von Bund und vom Land Rheinland-Pfalz bereitgestellten 437 Millionen Euro neue staatliche Mittel beantragt. Die Höhe beziffert Winternheimer nicht, sagt jedoch: „Wir sind dazu in guten Gesprächen mit dem Bundeswirtschaftsministerium und mit der Landesregierung.“

Ohne finanzielle Unterstützung des Staates baue jedenfalls „niemand eine Batteriefabrik in Deutschland oder Europa“. Zur Zeit stammten fast alle Batterien aus Asien. Zudem räumt Winternheimer ein, dass ohne China heute kaum eine europäische Batteriefabrik gebaut werden könne – fast alle Anlagen kämen von dort.

Um eine europäische Wertschöpfungskette aufzubauen, hat die EU ihren Mitgliedern bereits erhebliche Subventionen im Rahmen der sogenannten IPCEI-Projekte erlaubt – „Important Project of Common European Interest“, also Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse. Im Frühjahr 2023 legte die Kommission dann nach und schuf einen weiteren Beihilferahmen namens TCTF (Temporary Crisis and Transition Framework). Aus diesem Topf haben schon der Volkswagen-Partner Northvolt für seine Fabrik in Heide und der amerikanische Halbleiterhersteller Wolfspeed für sein geplantes Werk im Saarland Mittel beantragt.

ACC geht es nach Winternheimers Worten aber nicht nur um mehr Geld. Angesicht der hohen Stromkosten in Deutschland benötige sein Unternehmen vor allem Planungssicherheit. Er verweist auf die langen Debatten über die geplante und dann deutlich abgespeckte Strompreishilfe für die Industrie im vorigen Herbst. Um ihre Stromkosten zu planen, benötigten die Unternehmen aber langfristige Klarheit über Steuern, Umlagen und Netzgebühren. „Die Höhe der Stromkosten ist von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit einer Batteriezellenfabrik.“ Im Endausbau braucht die Gigafabrik in Kaiserslautern nach früheren Angaben mehr Strom als alle Haushalte der Stadt zusammen.

Markt wächst langsamer als geplant

Wann die Blöcke zwei und drei gebaut werden, dazu hält sich Winternheimer bedeckt, verweist stattdessen auf die Unsicherheit im Markt. „Wir sehen im Moment ein deutlich schwächeres Wachstum als geplant.“ Viele Länder hätten die Förderung für E-Autos reduziert, Deutschland sogar komplett gestrichen. Die Kunden seien verunsichert. Zudem gebe es aktuell schon Überkapazitäten asiatischer Zellhersteller. „Diese Anbieter drängen jetzt nach Europa.“

Die Batterie ist ein wesentlicher Kostenblock, sie steht für ein Viertel bis zu einem Drittel der Herstellkosten eines E-Autos. Für die europäischen Autohersteller ist zudem ein Problem: Ihnen fehlt nicht nur Erfahrung in der Produktion, sie beklagen zudem hohe Kosten in Europa. Stellantis-Chef Carlos Tavares hat in Italien kürzlich sogar mit Verweis auf die geringe E-Auto-Förderung mit Fabrikschließungen gedroht.

ACC ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Stellantis (unter deren Dach unter anderem Opel, Citroën, Peugeot und Chrysler produziert werden), dazu Mercedes und die Total-Tochtergesellschaft Saft. Das Trio ist angetreten, europäischer Marktführer zu werden. Die Beteiligung sei ein „Meilenstein auf dem Weg zur CO2-Neutralität“, hatte Daimler-Vorstandschef Ola Källenius das Projekt 2021 beim Einstieg gelobt.

Geplant sind drei Gigafabriken: in Frankreich, Kaiserslautern und Italien. Mit je einer Kapazität von 40 Gigawattstunden, nach ACC-Angaben ausreichend für zusammen gut 1,8 Millionen Fahrzeuge. Der ursprünglich geplante Kostenrahmen von 7 Milliarden Euro für das Gesamtpaket – eigenes Geld, Kredite und staatliche Förderung – dürfte sich nach den Erfahrungen in Kaiserslautern allerdings kaum halten lassen.

Die erste Fabrik im nordfranzösischen Billy-Berclau – vom französischen Staat mit 850 Millionen Euro unterstützt – läuft seit einiger Zeit im Testbetrieb. Die Erfahrungen dort würden helfen, auch den Betrieb in Kaiserslautern zu optimieren. Winternheimer sagt, ACC werde die Verzögerung nutzen, um Abläufe zu optimieren und noch mehr Strom zu sparen.