Getränke: Warum Deutschland pro Coca-Cola so wichtig ist

In Halle in Sachsen-Anhalt wird gerade einer der 13 Produktionsbetriebe von Coca-Cola in Deutschland erweitert, mit einer neuen Dosenlinie. 120.000 Abfüllungen in der Stunde sollen von Mitte nächsten Jahres an möglich sein, heute importiert der Getränkeabfüller noch einen kleinen Teil der Dosen, das soll dann Geschichte sein. Gerade Dosen sind nach vielen schwachen Jahren wieder eine richtige Wachstumskategorie, sind sie doch gut recyclebar, schnell zu kühlen und trotz des Pfands wieder zunehmend von Verbrauchern gewünscht.

150 Millionen Euro hat Coca-Cola in diesem Jahr in Deutschland investiert. John Galvin, der Vorsitzende der Geschäftsführung des Coca-Cola-Abfüllers spürt trotzdem eine etwas deutsche Eigenschaft, Dinge unnötig kompliziert zu machen. „Es ist nicht so einfach, in diesem Land Geld zu investieren. Das dauert deutlich länger als an anderen Standorten“, sagte Galvin am Dienstagabend vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung in Düsseldorf.

Verrückte Zäune und unerwünschte Bäume

Der Ire ist seit etwas mehr als drei Jahren der Coca-Cola-Chef in Deutschland. Und egal welches Werk er besuche, es gebe immer eine Geschichte, sagt er. Ob über einen Zaun, der nicht verrückt werden darf, einen Baum auf dem Gelände oder ein Dach, was nicht so sein darf wie geplant. Die Pläne der Bundesregierung, die Bürokratie zu entwirren und Regeln für Unternehmen abzuschaffen, begrüßt er. „Aber am Ende misst man jemanden nicht an dem, was er sagt, sondern an dem, was er tut.“

Gleichwohl stehe Coca-Cola zu seinen insgesamt 24 Standorten in Deutschland. Zwar hat das Unternehmen zuletzt etwa in Köln einen Betrieb geschlossen, ist in der Region aber mit Werken in Dorsten, Mönchengladbach und Bad Neuenahr noch nah an allen Ballungszentren. Pläne, die Produktion ins Ausland zu verlagern, gebe es nicht. „Wir stehen zu Deutschland“, sagt Galvin.

Lokale Produktion ist wichtig

Da geht es um Nähe und auch um lokale Produktion, 97 von 100 in Deutschland verkauften Getränke des Unternehmens werden auch hierzulande hergestellt. Die 6500 Mitarbeiter in Deutschland produzieren im Jahr 4,1 Milliarden Liter Getränke aus der Coca-Cola-Markenwelt. Nur gut ein Viertel davon geht ins Außer-Haus-Geschäft, in dem die Burgerkette McDonald’s der wichtigste Kunde ist. Gut 70 Prozent der Getränke gehen in den Handel und dort vor allem zu den großen Lebensmittelketten wie Edeka, Rewe, Lidl oder Aldi. Mit denen wird stets hart über Regalmeter und Preise verhandelt. Coca-Cola erreicht gut 20 Prozent Marktanteil bei alkoholfreien Getränken, zu denen auch die Limonaden wie Fanta und Sprite, Wassermarken wie Vio oder die Energy-Drink-Marke Monster zählen.

Im Jahr 2023 hatte das Kartellamt ein Verfahren gegen Coca-Cola eröffnet, um den Vorwurf zu untersuchen, dass das Unternehmen mit seiner Marktmacht die Entwicklung anderer Marken blockiere. Ein Ergebnis der Untersuchung gibt es noch nicht, Galvin hält die Vorwürfe für „komplett unberechtigt“. „Wenn wir in einen Supermarkt gehen, wird der Platz von Coca-Cola deutlich unter seinem Marktanteil sein. Es ist faktisch nicht wahr, was behauptet wird“, sagte Galvin. Auch das sei ein bürokratischer Prozess, von dem sich der Manager überzeugt gibt, dass am Ende nichts rauskommen werde. Im Softdrinkbereich gebe es fast 15 Hersteller, außerdem mehr als 600 Wasserbetriebe, die zum Teil auch Limonaden und Säfte verkauften, und die 1200 Brauereien im Land würden neben alkoholfreiem Bier auch kräftig auf das Geschäft mit Limonaden setzen.

Wo Coke ist, darf Zero nicht weit weg sein

Coca-Cola steckt ebenfalls viel Geld in Forschung und Entwicklung und sieht freilich auch den Trend zur gesünderen Ernährung. Vom Verkaufsschlager Coca-Cola hat die zuckerfreie Variante seit einigen Jahren die größten Wachstumsraten in fast allen Märkten, auch in Deutschland. „Wir versuchen immer, die zwei nebeneinander zu platzieren. Wenn Coke da ist, muss Zero daneben sein“, sagte Galvin. Was vor zwanzig Jahren noch nicht funktioniert habe – da habe man eine „Geschmacksstrafe“ erlebt, wenn man zuckerfrei getrunken habe – sei inzwischen nah dran am geheimen Originalrezept, das nur zwei Menschen auf der Welt kennen. Galvin selbst trinkt nach eigenen Angaben mindestens einen Liter Coca-Cola am Tag.

Die Struktur von Coca-Cola ist aus der Historie heraus bis heute zweigeteilt: Es gibt die Markeneigentümerin Coca-Cola Company und die Abfüller in den verschiedenen Ländern. Das kommt daher, dass der Erfinder, ein Apotheker, die Kontrolle über die Rezeptur und Werbung auch behalten wollte, nachdem er Apothekerkollegen erlaubte, sein Getränk in Flaschen abzufüllen.

Nach den jüngsten Angaben im Bundesanzeiger hat die Coca-Cola Europacific Partners Deutschland, wie der Abfüller offiziell heißt, im Jahr 2024 rund 3,4 Milliarden Euro Umsatz erzielt und einen Jahresüberschuss von knapp 66 Millionen Euro, hinzu kommt der Gewinnvortrag aus dem Vorjahr von rund 310 Millionen Euro. An die Anteilseigner des börsennotierten Konzerns wurden aus dem Bilanzgewinn 202 Millionen Euro ausgeschüttet. Erstmals abgefüllt wurde Coca-Cola in Deutschland im Jahr 1929 von der „Essener Vertriebsgesellschaft für Naturgetränke“.

Galvin, der unter anderem Sprachen studiert hat und deutsch gut beherrscht, hat trotz des Ärgers über Bürokratie im Grunde ein sehr positives Bild von seiner Wahlheimat: „Wir haben einen Lebensstandard und eine tolle Lebensqualität, die oft total unterschätzt werden.“ Auch seine vier Kinder lebten gerne in Berlin. Das mag mit den Vergleichswerten zu tun haben: Nach sechs Jahren für den Getränkehersteller Diageo in Indonesien, wo Galvin seine Frau kennenlernte, ging die Familie für Coca-Cola nach Pakistan. Dort konnte sich der Manager nur mit einem bewaffneten Leibwächter bewegen, heute ist er in Deutschland froh, mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren zu können.