Geldanlage: Im Sparen Weltklasse. Bei jener Rendite Kreisklasse
Die Deutschen sind im Sparen Weltklasse. Im internationalen Vergleich lagen sie 2024 mit einer Bruttosparquote von gut 20 Prozent deutlich über dem EU-Durchschnitt (14,6 Prozent). Das mit der privaten Altersvorsorge könnte also ganz einfach sein. Schließlich gibt es für Anlegerinnen und Anleger mittlerweile viele Möglichkeiten. Nie war es so einfach und kostengünstig, Aktien zu kaufen oder einen ETF-Sparplan aufzusetzen.
Nur nutzen viele Deutsche diese Möglichkeiten noch gar nicht – oder nicht optimal. Einfach nur mehr zu sparen als die anderen, bringt nichts. Auf das wie kommt es an. Und da hängen viele Deutsche traditionell immer noch sehr an niedrigverzinsten Anlageformen wie Sparbüchern, Tages- und Festgeld. Langfristig lässt sich so kaum Vermögen aufbauen.
Bislang ist die private Altersvorsorge in Deutschland nicht allzu beliebt. Staatlich geförderte Optionen wie die Riester-Rente sind unflexibel und vergleichsweise teuer. Für einen Großteil der Sparer lohnt sie sich nicht. Viele konzentrieren sich nach wie vor auf die zentrale Säule des Rentensystems, die gesetzliche Rente, die nicht kapitalgedeckt ist, sondern über den Generationenvertrag funktionieren soll. Warnungen, dass dieses Prinzip in Zeiten einer alternden Bevölkerung an seine Grenzen stößt, haben in der Politik bisher wenig Konkretes bewirkt.
Wie es anders geht, zeigt der Blick ins Ausland. Denn das staatliche Rentensystem eines Landes hat einen starken Einfluss auf die Aktienbeteiligung und damit die Vermögensbildung der Bevölkerung. Laut einer Studie des European Savings Institute sind Menschen in Ländern mit einem kapitalgedeckten Rentensystem, wie in den Niederlanden oder Schweden, nicht nur stärker an Aktien beteiligt. Das Finanzvermögen in Relation zum BIP liegt dort auch 1,5- bis 2-mal höher als in Ländern mit Umlagesystem.
Strukturelle Veränderungen am Rentensystem können nur Politikerinnen und Politiker durchsetzen. Aber auch für das persönliche Spar- und Anlageverhalten können die Fortschritte anderer Länder ein Vorbild sein. Drei Rendite-Lektionen aus dem Ausland, die sich die deutschen Supersparer abschauen können – damit das schöne Ersparte nicht einfach unverzinst herumliegt:
Eine feste Sparquote
Schweden hat eines der fortschrittlichsten Rentensysteme weltweit. Die staatliche Rente ist aufgeteilt in die umlagefinanzierte Inkomstpension, die ähnlich wie in Deutschland vom Einkommen abhängt, und die kapitalgedeckte Premiepension. In den ersten Teil fließen 16 Prozent des Einkommens unter der Beitragsbemessungsgrenze, in den kapitalgedeckten Teil immerhin 2,5 Prozent. Dazu kommt bei vielen Schwedinnen und Schweden noch die betriebliche Altersvorsorge. Hier wandern auch nochmal mindestens 4,5 Prozent des Einkommens an den Kapitalmarkt.
Solche verpflichtenden Mindestbeiträge können Sie für sich in einen strikten privaten Sparplan übersetzen. Auf den Teil Ihres Einkommens, der in die gesetzliche Rentenversicherung fließt, haben Sie keinen Einfluss. Wenn Sie aber ohnehin parallel dazu einen monatlichen Betrag zur Seite legen, sollten Sie diese Sparquote genauso konsequent durchziehen, wie die verpflichtende Rentenabgabe. Idealerweise wandert dann auch ein fester Teil dieser privaten Vorsorge für langfristigen Vermögensaufbau an den Aktienmarkt. Sie können die Sparquote über die Jahre anheben, zum Beispiel, wenn sich Ihr Gehalt erhöht oder etwa Kreditraten wegfallen, weil eine Immobilie abbezahlt ist. Wenn Sie dem Renteneintritt näherkommen, können Sie den Aktienanteil Ihres Portfolios reduzieren.
Den Lebenszyklus mitdenken
Wie Sie Ihr Anlageverhalten im Lebensverlauf anpassen können, zeigt ein Blick nach Frankreich. Dort gibt es, wie in Deutschland, ein Rentensystem mit Umlageverfahren. Zusätzlich existiert dort der Plan d’Epargne en Actions (PEA), über den Bürgerinnen und Bürger steuerbegünstigt in europäische Unternehmen investieren können. Gewinne aus dem Aktiendepot bleiben von der Einkommenssteuer befreit, wenn die Wertpapiere länger als fünf Jahre gehalten werden. 2019 hat die französische Regierung noch einen draufgesetzt und das Rentensparprodukt Plan d’Epargne Retraite (PER) als Ergänzung zum gesetzlichen Umlageverfahren ins Leben gerufen. Beiträge in den PER sind dort in der Regel bis zum Renteneintritt gebunden, dafür können die Einzahlungen von der Einkommenssteuer abgesetzt werden.
Die Fonds und Lebensversicherungen, über die die Franzosen beim PER investieren, nutzen eine Lebenszyklus-Strategie. Sie ist als Vorlage auch für Privatanlegerinnen und Privatanleger in Deutschland interessant: Wer in Frankreich den PER nutzt, kann zwischen drei verschiedenen Standard-Anlageprofilen wählen – konservativ, ausgewogen und dynamisch. Je nach Profil erhöht sich der Anteil risikoarmer Finanzprodukte mit zunehmendem Alter.
Bei einem konservativen Plan müssen fünf Jahre vor Renteneintritt mindestens 80 Prozent in risikoarmen Vermögenswerten stecken. Bei einem ausgewogenen Plan sind es 50 Prozent und beim dynamischen Profil nur 30 Prozent. Auch für Privatanleger in Deutschland kann es sinnvoll sein, einen Teil des Vermögens vor dem Rentenbeginn in risikoarme Anlageklassen wie Staatsanleihen oder Tages- und Festgeld umzuschichten. Der französische PER bietet drei Vorlagen, an denen Sie sich orientieren können.
Sich von Garantien lösen
Mit welchem Risikoprofil Sie sich am wohlsten fühlen, finden Sie meist nach einiger Zeit am Kapitalmarkt heraus. Auch hier empfehlen wir Ihnen, sich nicht nur an Ihrem engsten Umfeld zu orientieren. Schließlich sind die Deutschen im Durchschnitt eher risikoscheu, was die private Vorsorge angeht. Eine vergleichende Studie des Deutschen Aktieninstituts legt nahe, dass eine Abkehr von Mindestgarantien und Festverzinsung langfristig eine höhere Rendite für Anlegerinnen und Anleger in Deutschland zur Folge hätte.
Eine gewisse Risikobereitschaft zahlt sich in anderen Ländern heute schon aus. Ein extremes Beispiel dafür sind die Defined-Contribution-Pläne in Australien, den USA und Kanada. Die staatlichen Renten fallen dort vergleichsweise gering aus, ein großer Teil der Altersvorsorge fließt in den Kapitalmarkt. Festgeschrieben ist dabei nur der Anteil, den Arbeitgeber und -nehmer monatlich einzahlen. Für die Rentenhöhe gibt es keine Garantie. Das hat in der Vergangenheit jedoch nicht geschadet: Die Altersvorsorgedepots in Australien haben über einen Zeitraum von 19 Jahren eine durchschnittliche Rendite von gut 7 Prozent eingebracht. Da können Tagesgeld und Riester-Rente nicht mithalten.
In Deutschland bietet die gesetzliche Rente eine gewisse finanzielle Sicherheit. Sicher ist aber auch, dass Sie mit dieser Summe allein nicht Ihren Lebensstandard halten können. Um bei der privaten Vorsorge das Maximum herauszuholen, müssen Sie ein gewisses Risiko eingehen. Das heißt nicht, dass Sie ab jetzt nur noch auf gehebelte ETFs und Optionsscheine setzen sollten. Zwischen hochriskanten Investments und vollständiger Risikoverweigerung existiert eine ganze Welt an Möglichkeiten, in der jeder die für sich passende Anlagestrategie finden kann.