Gamestop-Aktie spielt wieder mal verrückt: Was ist da los?
Es ist nur ein gezeichnetes Bild. Es zeigt einen Mann, der einen Spielecontroller hält, auf einem Stuhl sitzt und sich nach vorne beugt. Doch genau dieses Bild hat ausgereicht, um die Aktie des auf Computerspiele spezialisierten Unternehmens Gamestop wieder einmal in neue Höhen zu katapultieren. Der Aktienkurs stieg von rund 16 Dollar am Freitagnachmittag auf 36,70 Dollar am Montagmorgen, um dann wieder bei rund 30 Dollar zu landen. Der Verlauf war so turbulent, dass das Papier mehrmals vom Handel ausgesetzt werden musste. Wie kann das eigentlich sein?
Der Mann, der das Bild gepostet hat, nennt sich auf dem sozialen Netzwerk X Roaring Kitty und heißt eigentlich Keith Gill. Er bezeichnet sich selbst als Finanzanalyst und ist Investor. Doch er ist nicht irgendein Finanzanalyst und Investor. Gerade unter jüngeren Menschen, die sich für Aktien interessieren, ist er einer der bekanntesten Analysten, der seine Beiträge auf dem sozialen Netzwerk Reddit teilt, und dort im Forum „Wallstreetbets“ (Wall-Street-Wetten) seine Analysen präsentiert. Gill ist ein fundamentaler Investor und sucht sich für seine Analysen nach seiner Meinung unterbewertete Aktien aus, und will dann sein Publikum davon überzeugen, in sie zu investieren.
Seinen Mitstreitern und ihm waren besonders Hedgefonds, die auf fallende Kurse setzen, ein Dorn im Auge – so genannte Shortseller. Sie leihen sich die Aktie und verkaufen sie sofort, in der Hoffnung, dass sie diese später zurückkaufen können. Der Gewinn ist dann die Differenz zwischen Verkaufs- und Rückkaufpreis. Im Internet verabredeten sich Gill und seine Anhänger, um gegen jene Hedgefonds zu wetten. Als Gill über Gewinne berichtete, die er mit seinen Investitionen erzielt hatte, führte das zu einer riesigen Welle des Interesses.
Im Wettkampf gegen Shortseller
Seiner Ansicht nach war die Gamestop-Aktie massiv unterbewertet, während gleichzeitig Shortseller auf fallende Kurse wetteten. Selbst Tesla-Chef Elon Musk unterstützte die Gruppe damals mit einem Tweet. Unzählige Privatanleger stiegen ein und ließen Ende Januar 2021 den Aktienkurs von Gamestop von 3 Dollar auf 120 Dollar steigen. Shortseller machten zum Teil so große Verluste, dass einige von ihnen ihre Wette abbrechen und die Aktien zu einem höheren Gewinn zurückkaufen mussten – sie machten also Verlust. Der Hedgefonds Melvin Kapital ging sogar pleite, was den Kurs noch weiter steigen ließ. Davon angestachelt stiegen die Kurse damals noch weiter. Das versetzte die Finanzwelt in helle Aufregung. Die Handelsplattform Robinhood stand kurz vor der Insolvenz, Hedgefonds-Manager und auch Gill selbst mussten vor einem Ausschuss aussagen. Das alles wurde später im Film „Dumb Money“ (dummes Geld) aufgegriffen.
Für solche Wertpapiere wie Gamestop hat sich seither der Begriff Meme-Aktie eingebürgert. Memes sind oftmals witzige Bilder, die sich in sozialen Netzwerken verbreiten und Sachverhalte einfach herunterbrechen. Meme-Aktien sind Wertpapiere, die sich ähnlich wie die Bilder viral verbreiten, und deren Handelsvolumen sich von der fundamentalen Entwicklung abgekoppelt hat – der Kurs spielt ohne ersichtlichen Grund verrückt. Und so waren es auch gleich mehrere Meme-Aktien, deren Kurs zu Wochenbeginn steil nach oben schoss. Dazu gehörte etwa die Kinokette AMC, der Kopfhörerhersteller Koss oder Tupperware.
Das Interesse für Gamestop war jedenfalls groß. Auf dem sozialen Netzwerk X war das Thema in den Trends, auf Handelsplattformen gehörte das Papier zu den meistgehandelten Aktien. Laut Vanda Research waren es abermals Privatanleger, die in den vergangenen Tagen einen großen Teil der Käufe tätigen. Doch es ist Vorsicht angesagt. Derzeit deutet nichts auf eine Erholung des Unternehmens hin, das damit zu kämpfen hat, zu wenig und zu spät auf mobile Spiele gesetzt zu haben. Dieser Markt wächst am schnellsten, während Spiele für Konsolen oder Computer dagegen kaum noch stationär vertrieben werden. Im Bericht zum vierten Quartal verzeichnete der Videospielhändler daher auch enttäuschende Ergebnisse, mit rückläufigen Umsätzen. Daran kann auch ein „brüllendes Kätzchen“ nichts ändern.
Source: faz.net