G20-Gipfel in Rio: Kampf gegen Hunger, Armut und Klimakrise

Die Staats- und Regierungschefs der führenden Wirtschaftsmächte treffen sich in Rio de Janeiro. G20-Gastgeber Brasilien will mutige Beschlüsse. Derweil überrascht US-Präsident Biden mit einer Zusage an die Ukraine


Sicherheitskräfte während des G20-Gipfels in Rio de Janeiro

Foto: Bruna Prado/AP/dpa


Auf dem G20-Gipfel in Brasilien will der Gastgeber den Kampf gegen den Hunger, die Klimakrise sowie die Besteuerung von Superreichen vorantreiben. Die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer treffen sich am 18. und 19. November in Rio de Janeiro.

Ein zentrales Thema bei dem zweitägigen Treffen ist der Kampf gegen den weltweiten Hunger. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva möchte die „Globale Allianz gegen Hunger und Armut“ auf den Weg bringen. Ziel ist es, Initiativen zur Steigerung der Lebensmittelproduktion und zur Bekämpfung von Hunger voranzutreiben. Als Vorbild dienen auch Maßnahmen der Politik Lulas in Brasilien. Dazu zählen Programme für arme Familien und Mikrokredite für Kleinbauern.

Deutschland, die USA sowie die EU haben ihre Unterstützung für die Allianz bereits zugesagt. „Zunächst einmal werden wir auf nationaler Ebene die erste Strategie zur Armutsbekämpfung in der EU entwickeln, aber auch auf globaler Ebene werden wir uns engagieren“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dem brasilianischen TV-Sender Globonews vor Beginn des Gipfels.

Umbau des internationalen Systems

Auch ein Umbau des internationalen Systems gehört zu den erklärten Zielen der brasilianischen G20-Präsidentschaft. Lula versteht Brasilien als Sprachrohr des globalen Südens und will den Schwellenländern mehr Gehör verschaffen.

Lula will auch eine Einigung der Länder auf einen Rahmen für eine Vermögenssteuer für Superreiche erreichen. Die G20-Finanzminister hatten sich im Juli bereits in einer gemeinsamen Erklärung darauf geeinigt, sich für eine wirksame Besteuerung der Superreichen einzusetzen.

Superreichensteuer spaltet G20-Staaten

Die Idee spaltete jedoch schon damals die G20-Staaten. Während etwa Frankreich, Spanien und Südafrika ihre Unterstützung zum Ausdruck brachten, sind die USA dagegen. Es ist fraglich, ob es ein Passus zur Vermögenssteuer in die Abschlusserklärung schaffen wird.

Die G20 fassen bei ihren Gipfeltreffen in der Regel gemeinsame Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs, die zwar rechtlich nicht bindend sind, politisch aber trotzdem eine starke Signalwirkung haben.

Ukrainische Raketen gegen Russland

US-Präsident Joe Biden kommt mit einer überraschenden Zusage für die von Russland angegriffene Ukraine im Gepäck zum G20-Gipfel. Medienberichten zufolge hat Biden der Ukraine den Einsatz weitreichender Raketen gegen bestimmte Ziele in Russland erlaubt.

Dabei geht es zunächst um die Verteidigung der von Ukrainern gehaltenen Gebiete in der westrussischen Region Kursk. Die Kehrtwende der US-Regierung so kurz vor dem Gipfel ist beachtlich. Auch Deutschland könnte nun unter Druck geraten: Die Entscheidung der Amerikaner dürfte die Debatte über den Marschflugkörper Taurus neu entfachen. Eine Taurus-Lieferung an die Ukraine lehnt Bundeskanzler Olaf Scholz bisher ab.

Nachhaltige Entwicklung und Energiewende

Für Gastgeber Lula hat auch der Kampf gegen die Klimakrise einen hohen Stellenwert. Eine der drei Arbeitssitzungen des Gipfels ist der nachhaltigen Entwicklung und der Energiewende gewidmet. Von den G20 könnte ein Signal für die weiteren Verhandlungen bei der parallel laufenden Weltklimakonferenz COP29 in Baku ausgehen.

Mit US-Präsident Biden hat Lula einen Mitstreiter an der Seite. Letzterer ist aber nur noch wenige Wochen im Amt. Sein designierter Nachfolger Donald Trump will verstärkt Öl fördern und war in seiner ersten Amtszeit aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen. Kooperation und Kommunikation auf Augenhöhe gehören nicht zu Trumps Politikstil. Darauf werden sich die anderen G20-Mitglieder künftig einstellen müssen.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat seine Teilnahme abgesagt. Er schickt Außenminister Sergej Lawrow als Vertretung, wie schon in den vergangenen beiden Jahren seit der russischen Invasion in die Ukraine. Gegen Putin liegt ein internationaler Haftbefehl des Weltstrafgerichts in Den Haag wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine vor, daher würde ihm in Brasilien eine Festnahme drohen.

Einziges Format mit Russland und Nato-Staaten

Die G20-Gruppe der führenden Wirtschaftsmächte aller Kontinente ist das einzige Gesprächsformat, in dem Russland und die Nato-Staaten noch mit hochrangigen Vertretern an einem Tisch sitzen.

Bundeskanzler Olaf Scholz plant dort kein Gespräch mit Lawrow, wird nach Angaben aus seinem Umfeld aber mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping über den Ukraine-Krieg sprechen, der als wichtigster Verbündeter Putins gilt.