Freie Demokratische Partei: Coup oder „sinnbefreit“? Strack-Zimmermann schaltet Wahlwerbung am Times Square – WELT

Normalerweise ist dieser Ort den Großen der Wirtschaftswelt vorbehalten. Am Times Square, dem schillernden Platz inmitten der US-Metropole New York, flimmert täglich Werbung von Konzernen wie Coca-Cola oder Levi‘s über die gigantischen LED-Leinwände. Am Mittwochabend (Ortszeit) aber ließ ein ungewöhnliches Bild den Times Square für einige Sekunden erleuchten: Die Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, und ihr 29-jähriger Parteikollege von den Jungen Liberalen, Phil Hackemann.

Und so wenig bekannt die beiden Politiker den Amerikanern sein dürften, so wenig dürfte auch ihre Botschaft angekommen sein. „Nicht nur alte Männer“, prangte als Slogan in überdimensionalen Buchstaben auf dem 1670 Quadratmeter großen Bildschirm – und zwar auf Deutsch.

Das Foto am Times Square sollte wohl so etwas wie ein kleiner Wahlkampf-Coup der beiden FDP-Kandidaten werden. Bei der anstehenden Europawahl haben die Liberalen großen Aufholbedarf, sie stecken in Umfragen bei vier Prozent fest. Große Aufmerksamkeit war Strack-Zimmermann und Hackemann mit der Aktion gewiss – allerdings kaum in New York, sondern vor allem in den sozialen Medien. Immerhin dürften die Kosten überschaubar gewesen sein.

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Strack-Zimmermann

Aus Sicht von Strack-Zimmermann sollte die Aktion die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen verdeutlichen. „Europa muss weiter eng mit den USA zusammenarbeiten, auch, um im internationalen Wettbewerb nicht von autokratischen Systemen wie China abgehängt zu werden“, sagte sie in einer Mitteilung. „Wir wollen daher etwa unsere Zusammenarbeit in der Nato intensivieren, in die die europäische Sicherheitspolitik immer eingebettet sein wird.“ Klar müsse aber auch sein, dass sich Europa nicht wie früher immer nur auf die USA verlassen könne, sagte Strack-Zimmermann.

Neben dem bloßen Zeichen der transatlantischen Freundschaft sei es den beiden FDP-Politikern aber auch um potenzielle Wähler gegangen. „Mit unserer Aktion am Times Square wollten wir die zahlreichen Deutschen in den USA erreichen, die auch dort in der deutschen Botschaft wählen können“, fügte Hackemann hinzu.

In den sozialen Medien hagelt es Kritik

In den sozialen Netzwerken hagelt es jedoch Kritik für die 15-Sekunden-Kampagne. „Wenn meine Mitgliedsbeträge so unnötig verbrannt werden, glaube ich, lasse ich das mit der Mitgliedschaft“, schrieb ein Nutzer auf der Plattform „X“.

Andere bezeichneten die Aktion als „sinnbefreite Eitelkeit“ oder als „rein fürs Ego“. Und manche zweifeln am Nutzen der Kampagne. „Was soll ne Werbeanzeige in New York zur EU-Wahl bringen?“, fragte ein Nutzer. Einzelne haben bereits angekündigt, wegen dieser Wahlwerbung nun nicht mehr die FDP wählen zu wollen.

Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) posierte im März 2009 in New York auf dem Times Square
Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) posierte im März 2009 in New York auf dem Times Square
Quelle: picture alliance / dpa

Schon in der Vergangenheit haben deutsche Politiker mit ihrer Inszenierung am funkelnden Times Square nicht nur positive Erfahrungen gemacht. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere posierte etwa der damalige Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nachts im gleißenden Licht des prestigeprächtigen Platzes für die Kameras. Das Foto blieb in Erinnerung – und steht heute stellvertretend für den schnellen Aufstieg und tiefen Fall eines Polit-Popstars.

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Ob das Flimmern ihrer Gesichter über die LED-Leinwand den beiden FDP-Kandidaten mehr genützt oder geschadet hat, wird sich allenfalls an der Wahlurne zeigen. An diesem Donnerstag hat die Europawahl in einigen Ländern begonnen, in Deutschland dürfen Wähler am Sonntag ihr Kreuz setzen.

In jedem Fall aber dürfte die Werbung günstig gewesen sein. Einen 15-sekündigen Spot auf dem 1670 Quadratmeter großen Bildschirm gibt es schon ab 40 Dollar – also deutlich günstiger, als viele vermuten würden. Die FDP bestätigte den Betrag auf WELT-Nachfrage. Und auch FDP-Mitglieder müssen sich über eine Verschwendung ihrer Mitgliedsbeiträge keine Gedanken machen. Hackemann sagte WELT, er habe die Anzeige aus seinem privaten Wahlkampf-Budget bezahlt.

Source: welt.de