Frankreich: Michel Barniers neue Regierung vor erster Kabinettssitzung in Paris

Einen Tag nach der Präsentation der neuen Regierungsmannschaft in Frankreich hat der neue Premierminister Michel Barnier zu einer „nationalen Kraftanstrengung“ im Kampf gegen das Haushaltsdefizit aufgerufen. Die finanzielle Situation sei „sehr ernst“, sagte Michel Barnier am Sonntagabend im Fernsehsender France 2. Die Staatsausgaben müssten beschnitten und die Einnahmen erhöht werden.

An diesem Montag kommt die neue rechtsorientierte Regierung Frankreichs zu ihrer ersten Kabinettssitzung in Paris zusammen. Am Vormittag will Barnier zunächst die 39 Regierungsmitglieder treffen, bevor in den betroffenen Ministerien die Übergabe der Amtsgeschäfte stattfindet. Für 15 Uhr ist die Kabinettssitzung bei Staatschef Emmanuel Macron im Pariser Élysée-Palast geplant.

Elf Wochen nach der vorgezogenen Parlamentswahl hatte Präsident Macron am Samstagabend die neue Regierungsmannschaft unter Führung des Konservativen Barnier ernannt. Außenminister wird der bisherige Europaminister Jean-Noël Barrot. Eine weitere Schlüsselposition übernimmt der Konservative Bruno Retailleau als künftiger Innenminister. Das linke Lager, das bei der Wahl die relative Mehrheit errungen hatte, erhielt mit dem früheren sozialistischen Abgeordneten Didier Migaud als Justizminister nur einen Kabinettsposten, was umgehend für Proteste sorgte. Da der Regierung neben Vertretern aus Macrons Lager auch mehrere Konservative angehören, steht sie bereits unter Druck von links und rechtsaußen. Die Linkspopulisten kündigten gleich nach der Ernennung der Regierung am Samstagabend ein Misstrauensvotum an. Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National hatte angekündigt, zunächst auf ein Misstrauensvotum zu verzichten, ließ aber erkennen, dass dies weiterhin eine Option sei.

Reiche sollen „Solidaritätsbeitrag“ zahlen

Zu den drängenden Finanzsorgen versprach Barnier im Fernsehen am Sonntag, dass es keine
Einkommenssteuererhöhung für Geringverdiener oder die Mittelschicht geben solle. Vielmehr müssten „die Reichsten“ ihren
„Solidaritätsbeitrag“ leisten für die Erholung der Staatsfinanzen. „Ich
werde die Steuern nicht für alle Franzosen weiter erhöhen, nicht für die
kleinsten Leute, nicht für die arbeitenden Menschen, nicht für die
Mittelschicht. Aber ich kann die Wohlhabendsten nicht von den nationalen
Anstrengungen ausnehmen, die Lage zu verbessern“, sagte er dem Sender
France 2. Bis Anfang Oktober muss seine Regierung den Haushaltsentwurf
für 2025
vorlegen.

Frankreichs Gesamtverschuldung liegt bei fast 3,2 Billionen Euro oder 110 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das Haushaltsdefizit des öffentlichen Sektors steuert auf 6,2 Prozent der Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr zu. Damit verstößt Frankreich nicht nur gegen EU-Regeln, sondern wird von Ratingagenturen auch im Hinblick auf seine Kreditwürdigkeit beäugt. Bei einer Verschlechterung der Bonität müsste das Land tendenziell höhere Zinsen für seine Staatsanleihen zahlen. „Ein großer Teil unserer Schulden ist auf internationalen und ausländischen Märkten platziert. Wir müssen Frankreichs Glaubwürdigkeit bewahren“, sagte Barnier.