Fraktur: Die Kessler-Zwillinge und ihr Schlusslicht Wunsch

Asche zu Asche, Staub zu Staub. So heißt es bei fast jedem christlichen Begräbnis. Aber man kann nicht mehr davon ausgehen, dass das noch jeder weiß, weil es im christlichen Abendland ja immer weniger Christenmenschen gibt. Und auch jene, die noch Kirchensteuer zahlen, bringt das biblische Bild vom Kreislauf des Werdens und Vergehens vielleicht auf ganz andere Ideen, wenn der Religionsunterricht schon lange her ist. So könnte es im Fall der Kessler-Zwillinge sein, die der „Bild“-Zeitung offenbarten, dass sie nach ihrem Tod in dieselbe Urne abgefüllt werden wollen, also Asche zu Asche kommen soll.

Zu oft „Schtonk“ gesehen?

Haben die Damen vielleicht zu oft „Schtonk“ gesehen, Helmut Dietls wunderbare Verspottung des Skandals um die angeblichen Tagebücher Hitlers? Dietl musste sich dabei gar nicht sehr anstrengen, denn schon die wahre Geschichte war eine unglaubliche Farce. Der Fälscher Kujau hatte dem „Führer“ ja nicht nur derart üblen Mundgeruch angedichtet, dass die Redaktion des „Stern“ meinte, die Geschichte des Dritten Reiches müsse in großen Teilen neu geschrieben werden. Am Ende erfand Kujau auch noch eine Urne, in der sich die Überreste Hitlers und Eva Brauns befunden haben sollten.

Spätestens dieses Aschengeblödel hätte die Kollegen in Hamburg stutzig machen müssen. Denn Reiche mögen in Deutschland kommen und gehen, eine Regel bleibt bestehen: Die Urne ist eine Monodeponie. Mehraschigkeit in ihr ist streng verboten, selbst eineiigen Zwillingen.

Eine WG für die Ewigkeit

Die kessen Kesslers, die jedenfalls uns Boomern noch ein Begriff sind, wollen aus ihrer Urne aber sogar eine Art Wohngemeinschaft für die Ewigkeit machen. Mit ihnen in das Gefäß einziehen soll auch noch die schon 1977 bestattete Mutter – und deren Pudel Yello, der für die Töchter, in deren Obhut er gelangt war, wie ein Kind gewesen sei.

Tiere dürfen in Deutschland aber auch dann nicht auf einem Gottesacker beerdigt werden, wenn sie nur noch Staub sind. Wer seinem Fiffi ein anständiges Urnenbegräbnis spendieren will, muss die Dienste eines Tierkrematoriums in Anspruch nehmen und dann ein schönes Plätzchen auf einem Tierfriedhof suchen. Vermutlich liegt auch der Kessler-Pudel schon in pulverisierter Form vor, sodass rein technisch betrachtet die Beimischung in die Familienurne kein großes Pro­blem wäre. Doch wie gesagt: In Deutschland dürfte Yello nur einsam und allein bestattet werden, weil der Friedhof der Kuscheltiere wiederum für die Kessler-Sisters eine absolute No-lay-area wäre.

Da ist Deutschland eine Wertediktatur

Deutschland ist auch in dieser Hinsicht also tatsächlich eine Wertediktatur, wie es die mehr als tausend Islamisten beklagten, die in Hamburg für den Wechsel zu einer liberaleren Staatsform demonstrierten, dem Kalifat. Allerdings ist die Scharia in Teilbereichen sogar noch strenger als die deutsche Bestattungsgesetzgebung. Die Feuerbestattung gilt dem Islam als Tabu. Und vermutlich würden sich nur wenige Muslime mit einem Hund beisetzen lassen. Für unsere sich in den Tiersupermärkten, Tierkliniken, Tierkrematorien und Tierfriedhöfen zeigende Hundeliebe gibt es in der islamischen Welt nicht viel Verständnis.

Doch nicht der ganze Westen ist moralisch schon so auf den Hund gekommen wie wir Deutsche. Das zeigt uns jetzt auch die Autobiographie der Gouverneurin von South Dakota, Kristi Noem. Sie berichtet darin, ihre 14 Monate alte Jagdhündin in einer Kiesgrube erschossen zu haben, weil „Cricket“ die Hühner vom Nachbarn wie Fasane behandelt und nach seiner Herrin geschnappt habe.

Kristi Noem will sich bei Trump einschleimen

Uns drängt sich aber der Verdacht auf, dass des Pudels Kern ein anderer ist: Noem will sich mit dieser Geschichte, in der auch noch die Liquidierung eines „bösen und gemeinen“ Ziegenbocks vorkommt, bei Donald Trump einschleimen, um die fünf anderen Kandidaten zu übertrumpfen, die er als mögliche „Running Mates“ für das Amt des Vizepräsidenten genannt hat.

Cricket war nämlich eine Deutsch-Drahthaar-Hündin, und wir wissen ja, wie sehr Trump uns Deutsche liebt. Noems Schuss könnte allerdings auch nach hinten losgehen. Würde Trump sich wirklich eine Frau ins Weiße Haus holen wollen, die mit einem „mad dog“ und einem bösen Bock kurzen Prozess macht?

Source: faz.net