Förtsch wird Flatex-Aufsichtsrat

Aktionäre des Onlinebrokers Flatex -Degiro haben am Dienstag auf der virtuellen Hauptversammlung viel Kritik an ihrer Ansicht nach intransparenten Vorstandsboni, überstürzten Abgängen im Vorstand und strategischen Defiziten geübt. Der Ärger zeigte sich auch in den abschließenden Abstimmungen. Die Aktionäre verweigerten am späten Dienstagnachmittag mehrheitlich dem Aufsichtsratsvorsitzenden Martin Korbmacher die Entlastung, ebenso den inzwischen ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern Frank Niehage und Muhamad Charour.

Doch der Aufsichtsratschef kam mit einem blauen Auge davon: Die von Großaktionär Bernd Förtsch betriebene Abwahl von Korbmacher erhielt nicht die erforderliche Drei-Viertel-Mehrheit. Förtsch wurde allerdings in den Aufsichtsrat gewählt. 70,2 Prozent der Aktionäre stimmten ab.

Zuvor hatte in der Generaldebatte Christiane Hölz von der Aktionärsvereinigung DSW Korbmacher dafür gelobt, dass er sich in den vergangenen Wochen nicht am öffentlichen Streit zwischen Großaktionär Förtsch und dem im April entnervt zurückgetretenen Vorstandsvorsitzenden Frank Niehage beteiligt hat. Inhaltlich sprang die DSW indes dem Verleger Förtsch („Der Aktionär“) zur Seite: Während Wettbewerber wie Trade Republic und Revolut verzinste Girokonten und Kreditkarten neu anböten, könne sie sich bei Flatex „an keine Innovationen erinnern“, sagte Hölz und fragte: „Haben Sie Ihre Kunden aus den Augen verloren?“

Zuvor hatten die verbliebenen drei Vorstandsmitglieder von 2023 als dem zweitbesten Geschäftsjahr des Ende der 1990er-Jahre gegründeten Onlinebrokers Flatex berichtet, in dem das Unternehmen allerdings einen Gewinnrückgang von 106 auf 72 Millionen Euro hinnehmen musste. Finanzvorstand Benon Janos verwies darauf, dass Flatex auch ohne Zinsangebot 4,5 Milliarden Euro an Kundengeldern zugeflossen seien und die auch deshalb gestiegenen Zinserträge den Rückgang bei den Provisionen mehr als ausgeglichen hätten. Die Aktionäre suchte Janos milde zu stimmen, indem er für 2024 einen Rekordgewinn ankündigte. Nach dieser Hauptversammlung zahlt Flatex auch erstmals eine Dividende von 4 Cent – und will in größerem Ausmaß eigene Aktien zurückkaufen.

Der Gewinnrückgang bei Flatex im Jahr 2023 lag neben einer nachlassenden Handelsaktivität der Kunden daran, dass von der Bankenaufsicht festgestellte Mängel „mit höchster Priorität“ beseitigt werden mussten. Die Vorstandsmitglieder gaben zu, dass der Kundenfokus 2023 nicht den Stellenwert gehabt haben, den sie sich selbst wünschten. Dem Aufsichtsrat sei über die Mängelbeseitigung monatlich berichtet worden, sagte der Vorsitzende Korbmacher und sprach von zwei Aufsichtsratssitzungen, an denen auch Vertreter von Bafin und Bundesbank teilgenommen hätten. Die Zusammenarbeit mit dem Vorstand sei vertrauensvoll und konstruktiv gewesen, ebenso mit dem Sonderbeauftragten der Bafin.

Zur Nachfolge des ausgeschiedenen Vorstandsvorsitzenden Niehage sagte Korbmacher, aussichtsreiche Kandidaten würden gesichtet, er wolle „zeitnah eine Endauswahl“ treffen. Der Abgang des langjährigen Vorstandsmitgliedes Muhamad Chahrour im Sommer 2023 „auf eigenen Wunsch“ sei auch für den Aufsichtsrat überraschend gewesen, eine Abfindung habe es weder für Chahrour noch für Niehage gegeben. Für 2023 hatte Niehage einen Bonus von 800.000 Euro, Chahrour einen im Wert von 500.000 Euro erhalten.

Source: faz.net