Flugkonzern startet durch: Lufthansa sieht dies Gröbste überwunden

Zwei neue Langstreckenflugzeuge innerhalb von nur zwei Tagen. „Das hat es bei uns noch nie gegeben“, sagt Carsten Spohr, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lufthansa. Sowohl an diesem Donnerstag als auch am Freitag sollte der Konzern je einen 787-Flieger vom US-Hersteller Boeing erhalten. Spohr klingt zur Vorlage der Geschäftszahlen für das Sommerquartal erleichtert, schließlich waren Lieferverzögerungen ein Grund, warum der Konzern zuletzt weniger profitabel arbeitete.
Das Airbus-Modell A340-600, das Lufthansa eigentlich längst in Ruhestand schicken wollte, wird nun noch gebraucht. Alte Flugzeuge benötigen aber mehr Wartung und mehr Treibstoff, sie sind deshalb im Betrieb teurer. Und für manche Baureihe werden schon Ersatzteile rar. Das Problem soll sich nun entschärfen.
„Nach Jahren des Wartens sind wir an dem Punkt, dass endlich im Durchschnitt fast wöchentlich ein neues Flugzeug kommt“, sagt Spohr. Bis zum Jahresende rechnet er mit bis zu acht 787-Jets, bis Ende 2026 mit 50 Flugzeugen verschiedener Baureihen. Nur das Boeing-Modell 777X – Lufthansa ist Erstkunde für den größten Fernstreckenflieger mit zwei Triebwerken – lässt länger auf sich warten. Boeing hat gerade eine weitere Verzögerung bestätigt. Das erschüttert Spohr nicht mehr. Lufthansa habe den Planeinsatz ohnehin schon auf Sommer 2027 geschoben, daran halte man nun fest. Ursprünglich war das Flugzeug mal für Ende 2020 erwartet.
„Schritte in die richtige Richtung“
Die Botschaft, die Spohr aussenden will, lautet an diesem Donnerstag: Eine schwierige Phase geht zu Ende, das Gröbste ist überwunden. „2025 markiert nicht nur operativ einen Wendepunkt bei Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, sondern ist auch das Jahr, in dem wir wirtschaftlich Schritte in die richtige Richtung gehen konnten“, sagt Spohr.
Die Pünktlichkeitsquote erreiche den höchsten Wert seit zehn Jahren, die Entschädigungszahlungen für verspätete oder ausgefallene Flüge sinken. Kunden seien nach einer Zeit, in der es Beschwerden hagelte, zufriedener. 71 Prozent gäben wieder gute Noten, ein Jahr zuvor waren es acht Punkte weniger. „Aus Zuversicht wird Gewissheit“, sagt Spohr.
Auch für USA-Flüge sei ein Ende der Nachfragedelle in Sicht. Nachdem US-Präsident Donald Trump Zolldebatten entfacht hatte, waren aus Europa seit Ostern weniger Buchungen eingegangen. Das schlug sich in den Passagierzahlen im Sommer nieder, für die nächsten Monate sehe es besser aus. Und für die Kernmarke Lufthansa, die sich mit Verlusten zum Sorgenkind gewandelt hatte, greife das Turnaround-Programm. Finanzvorstand Till Streichert ergänzt, von den bis 2028 angestrebten Brutto-Ergebniseffekten von 2,5 Milliarden Euro sei – wie geplant – die erste halbe Milliarde erreicht.
Der Überschuss wird kleiner
Allerdings: In den vorgelegten Konzernzahlen für den Sommer zeigt sich mancher Lichtblick nicht unmittelbar. Der Umsatz stieg im Jahresvergleich um vier Prozent auf 11,2 Milliarden Euro, den höchsten Quartalswert, den Lufthansa jemals ausgewiesen hat. Das bereinigte operative Ergebnis verharrte jedoch auf dem Vorjahresniveau von 1,3 Milliarden Euro. Als Überschuss blieben wegen eines negativen Steuereffekts mit 966 Millionen Euro sogar zwölf Prozent weniger.
Lufthansa hat mit allerlei Effekten zu tun, die Sanierungserfolgen entgegenwirken. Obwohl der Konzern sein Platzangebot nur „moderat“ um 3,2 Prozent ausgeweitet habe, seien die Stückerlöse – der Betrag, den Lufthansa je Sitz und geflogenem Kilometer einnimmt, um 2,2 Prozent gesunken, sagte Streichert. Heißt: Die Höhe der Ticketpreise aus dem Vorjahr ließ sich nicht halten, weil Passagiere auf Nordatlantikquerungen fehlten und auf innereuropäischen Strecken der Wettbewerbsdruck zunahm. Die Wartungssparte Lufthansa Technik spürte, dass Zölle und Wechselkurseffekte den Teileeinkauf verteuerten. Sie trägt trotz steigender Umsätze mit knapp zehn Prozent zum operativen Konzernergebnis bei, vor einem Jahr waren es mehr als zwölf Prozent.
Lufthansa ist zwar der größte europäische Luftfahrtfahrtkonzern, sogar der größte der Welt, der nicht in den USA sitzt. Doch hinsichtlich der Profitabilität waren zuletzt in Europa die Rivalen IAG mit British Airways und Iberia sowie der Air-France-KLM-Konzern vorbeigezogen. Lufthansa müht sich nun, diesen Rückstand abzubauen. Ein Signal an Anleger war, dass der Konzern auf einem Kapitalmarkttag Ende September seine Langfristziele angehoben hatte, nicht bloß acht Prozent des Umsatzes, sondern bis zu zehn Prozent sollen als um Sondereffekte bereinigter Gewinn vor Zinsen und Steuern bleiben.
Im Fokus der Anstrengungen dafür steht die Kernmarke Lufthansa, deren Name 2026 seit 100 Jahren besteht. Mit 700 Einzelmaßnahmen, von neuen Decken auf Langstreckenflügen über verändertes Essen bis zur Verlagerung von Urlauber- und Kurzstreckenflügen zu den jungen Tochtergesellschaften Discover und City Airlines, die mit niedrigeren Personalkosten arbeiten, soll der Kernbetrieb wieder auf Vordermann gebracht werden. Für das aufkommensstarke Sommerquartal erreichte die Konzernkeimzelle mit rund neun Prozent Marge die neuen Vorgaben, für die ersten neun Monate zusammen betrug die Marge allerdings nur 1,1 Prozent. „Da haben wir noch einen Weg vor uns“, sagt Spohr.
Als Unsicherheitsfaktor bleibt zudem, ob es im Konflikt mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit zu einem Streik kommt. Spohr sagte, den Piloten gehe es nicht bloß um die betriebliche Altersversorgung, sondern um die Wachstumsperspektiven für die Kernmarke. Da sei Lufthansa zu Zusagen bereit, wenn die bestehenden Kostennachteile wegfielen.