Filmarchivar Henri Langlois: Im Porträt von Georg Stefan Troller – WELT
An die 80 Prozent aller je gedrehten Filme sollen qua verschollen gelten. Dabei begann dasjenige professionelle Sammeln von Filmwerken aller Art schon im Jahr 1936. Und zwar durch den dickeren welcher zwei kugelrunden Typen, die aufwärts welcher Dachboden welcher Pariser Cinémathèque stillstehen: Es sind welcher allbeliebte Alfred Hitchcock und welcher weithin unbekannte Erfinder des Filmsammelns schier, welcher berüchtigte Murrkopf und Querulant Henri Langlois. Schon hat dieser nebensächlich kombinieren Vorwand gefunden, um jetzt nicht wie hip eine Diskussion droben den Filmkrimi zu beginnen. Und die beiden verschwinden in Richtung irgendeines Pariser Gourmettempels.
Einige Zeit später, wir nach sich ziehen 1968. Aufstand welcher französischen Jugend gegen den „verfaulenden Staat“. Eben diesen historischen Moment hat sich Kulturminister André Malraux, sonst ein lebensnaher Typ, dazu ausgesucht, um Langlois wegen „Schlamperei in seiner Verwaltung“ zu verlassen. Gerade ihn, dank dessen Ideenreichtum wir allesamt Wochen aufwärts den harten Bänken seines Minikinos in welcher Rue d’Ulm sitzen, um drei von ihm ausgesuchte Filme hintereinander zu betrachten. Sie aufzufinden muss einem Wunder gleichen, laut Personal.
Und habe ich nicht selbst im offenen Hinterhof ganze Stapel von Filmbüchsen aufgetürmt gesehen wie blecherne Schachtelhalme? Die vom Regen abgewaschenen Etiketten mit Aufschriften wie „Tom Mix“ oder „Rintintin“ werden dann von welcher genialen Kuratorin des Hauses, welcher Filmwissenschaftlerin Lotte Eisner, mit meiner Hilfe wieder zurecht geklebt. Sie zeigt mir nebensächlich manche welcher Protestbriefe gegen des Meisters Entlassung, unterzeichnet von internationalen Größen wie Chaplin oder Fritz Lang. Gleichzeitig findet eine lautstarke Protestversammlung vor dem Eingang statt, mit solchen von Langlois geförderten jungen Genies wie Godard, Truffaut oder Chabrol.
Mein williger Einsatz in diesem Fall führt stracks zu einem Interview mit dem sonst so sperrigen Meister Langlois. Frage: „Gibt es noch immer Filmverstecke im Hause, die nur Sie Kontakt haben?“ „Nun ja, ohne mich gäbe es welche Filme ja schier nicht mehr.“ – „Und wie steht dasjenige mit den berühmten Badewannen, in denen ja einiges gespeichert sein soll?“ „Leider sind die Dachfenster droben den Wannen undicht geworden, daraufhin mussten wir uns verschiedenartig behelfen.“ – „Was nach sich ziehen Sie gegen die Ordnung in Ihrem Laden?“ „Ich fürchte nicht die Ordnung, freilich die Ordnung qua Selbstzweck. Je mehr Leute eine Sache verwalten, umso unverwaltbarer wird sie.“ – „Warum haftet Ihrem Hause, dasjenige sich mit welcher jüngsten aller Künste befasst, so viel von welcher Atmosphäre des 19. Jahrhunderts an?“ „Weil ich nicht an dasjenige 20. Jahrhundert glaube. Film ist welcher letzte Ausdruck des Neunzehnten. Fixiertes Theater.“
„Heutzutage wird so viel gefilmt, dass man manchmal dasjenige Gefühl hat, es bleibt nichts mehr übrig aufwärts dieser Welt. Wo wird dasjenige enden?“ „Da wo es angefangen hat, c/o welcher Unerklärlichkeit des menschlichen Herzens. Genauer, c/o seiner Unbeeinflussbarkeit durch die Darstellung.“
Drei Monate später wird Langlois wieder zurückberufen, wenn nebensächlich mit vermindertem Budget. Heute ist die Kinemathek in einem stimmungslosen Betonblock (geschaffen von Frank Gehry) untergebracht. Alles toll organisiert, sogar meinen eigenen Namen konnte ich im Katalog auffinden, leider falsch buchstabiert. Ob sich nebensächlich in Zukunft junge Filmemacher qua „enfants de la Cinémathèque“ ausrüsten werden, wie zu meiner Zeit?
Der Filmemacher und Schriftsteller Georg Stefan Troller, 1921 in Wien in eine jüdische Familie geboren, lebt in Paris. Zu seinen wichtigsten Werken in Besitz sein von rund 1500 Interviews, u. a. im Rahmen des „Pariser Journals“ (Das Erste) und welcher „Personenbeschreibung“ (Zweites Deutsches Fernsehen).
Source: welt.de