Fed-Chef Jerome Powell sieht Zeit zu Händen Zinssenkung gekommen

Die Federal Reserve bereitet eine Wende in ihrer Geldpolitik vor. Das hat der Chef der amerikanischen Zentralbank, Jerome Powell, auf dem geldpolitischen Symposium in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming deutlich gemacht: „Es ist die Zeit gekommen, die Politik anzupassen, “ sagte er am Freitag in der Rede. Die Richtung sei klar, das Timing und das Ausmaß der Zinssenkungen sei abhängig von Konjunkturdaten und Risikoerwägungen.

Powell befeuerte damit die Erwartung auf eine Zinssenkung schon im September und weitere im Verlauf des Jahres. Die Aktienmärkte reagierten mit hohen Kursgewinnen.

Arbeitsmarkt nicht mehr überhitzt

Zwei Entwicklungen sind laut Powell ausschlaggebend für den Kurswechsel. Der amerikanische Arbeitsmarkt ist nach seiner Analyse nicht mehr überhitzt und damit auch nicht mehr potenzielle Quelle für inflationäre Entwicklungen. Außerdem erfüllt sich nun ein Kriterium, dass Powell in früheren Fed-Sitzungen zur Voraussetzung für einen Zinswende gemacht hatte: Er wollte die Zuversicht haben, dass sich die Preise in Richtung der Inflationszielmarke von 2 Prozent nähern.

Die Inflationsrate liegt aktuell bei 2,5 Prozent und bewegt sich nach Powells Darstellung Richtung Zielgröße, nachdem in der ersten Jahreshälfte keine Fortschritte zu verzeichnen waren. Seine Zuversicht sei gewachsen, dass sich die Inflation auf einem nachhaltigen Pfad Richtung 2 Prozent bewege, sagte der Fed-Chef.

Nachdem die Fed große Fortschritte in der Inflationsbekämpfung gemacht habe, werde sie nun alles tun, um den Arbeitsmarkt zu stützen. Er wies darauf hin, dass die Arbeitslosenquote mit 4,3 Prozent immer noch niedrig sei im historischen Vergleich. Doch habe sich der Arbeitsmarkt speziell in den letzten sechs Monaten kräftig abgekühlt, die Arbeitslosenquote habe um knapp einen Prozentpunkt zugelegt gegenüber dem Tiefststand.

Allerdings sei das nicht das Ergebnis von Entlassungen, was als Vorbote eine Krise hätte gewertet werden können. Vielmehr suchten mehr Personen Arbeit, während Firmen die Einstellungen zurückschraubten. Powell drückte die Zuversicht aus, dass der amerikanischen Wirtschaft mit einer Inflation bei 2 Prozent und einem kräftigen Arbeitsmarkt eine weiche Landung gelingen kann. Sollten sich die Bedingungen verschlechtern, verfüge die Fed über genügend Mittel, um gegen zusteuern.

Blick auf Inflation

Der Fed-Chef blickte in seiner Rede auf die Inflationsentwicklung seit der Pandemie zurück. Nach seiner Analyse legte die Inflation so stark zu, weil eine überhitzte und zum Teil fehlgeleitete Nachfrage auf ein durch Pandemie limitiertes Angebot stieß. Die Krise sei bewältigt worden, weil zu einem die Lieferketten, die durch die Pandemie erschüttert waren, wieder funktionieren und damit das Angebot normalisierten. Zudem konnte die Fed die Nachfrage dämpfen.

An den US-Börsen wurde die Rede von Aktienhändlern mit Spannung verfolgt.
An den US-Börsen wurde die Rede von Aktienhändlern mit Spannung verfolgt.AFP

Für am wichtigsten hält Powell aber, dass es der Fed gelungen sei, die Inflationserwartungen fest verankert zu halten. Die Zuversicht der Öffentlichkeit, wonach die Zentralbank die Inflation im Zaum halten werde, habe sie über Jahrzehnte erworben und durch ihre aktuelle Währungspolitik bestärkt.

Die Zusammenkunft der Zentralbanker, Akademiker, Politiker und Wirtschaftsvertreter in Jackson Hole, Wyoming, geht in Vorträgen und Diskussionen der Frage nach, wie effektiv die Geldpolitik der Zentralbanken ist. Zweifel daran kamen auf, dass die klassische Transmission noch funktioniert, nachdem die kräftigen Leitzinserhöhungen speziell in den Vereinigten Staaten nicht zur Dämpfung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage geführt hatte, wie es von Fachleuten erwartet worden war. Die Europäische Zentralbank wird unter anderem durch Chefvolkswirt Philip Lane vertreten.