EZB: Rückläufige Risiken zu Gunsten von die Finanzstabilität

Die Europäische Zentralbank (EZB) blickt wieder etwas zuversichtlicher auf die Finanzbranche. In dem am Donnerstag in Frankfurt vorgestellten Finanzstabilitätsbericht der Notenbank heißt es, die Bedingungen für die Stabilität im Finanzsystem hätten sich verbessert. Der Ausblick bleibe aber fragil. „Die geopolitischen Risiken trüben weiterhin die Aussichten für die Finanzstabilität ein“, sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos.

In ihrem vorigen Bericht zu diesem Thema im November 2023 hatte die Notenbank die Risiken noch deutlich stärker betont: Damals stand man noch unter dem Eindruck der Schockwellen, die von den Turbulenzen der amerikanischen Regionalbanken und der Schieflage der Schweizer Großbank Credit Suisse ausgingen.

Jetzt hebt die Notenbank hervor, die Erwartung, dass die Geldpolitik gelockert werde, habe für mehr Optimismus bei den Investoren gesorgt. Die Stimmung könne sich aber schnell ändern. In einem solchen Umfeld seien Börsen besonders anfällig für konjunkturelle und finanzielle Schocks. Insbesondere geopolitische Spannungen könnten Unruhe auslösen und „das Potential für überzogene Marktreaktionen schaffen, die von Nichtbanken mit strukturellen Liquiditätsschwächen verstärkt werden könnten“.

Inflation ist jetzt rückläufig

Während im vorigen Bericht noch die Belastungen für Haushalte und Unternehmen durch die hohe Inflation und steigende Zinsen bei gleichzeitig schwacher Wirtschaftsentwicklung hervorgehoben wurden, wird die rückläufige Inflation jetzt als positiver Faktor herausgestrichen.

Das Verhältnis der Schulden der privaten Haushalte und Unternehmen im Euroraum zur gesamten Wirtschaftsleistung („Schuldenquote“) sei unter das Vor-Pandemie-Niveau gesunken. Das verringere die Sorgen um die Tragfähigkeit der Schulden in diesen Sektoren. Gleichzeitig werde erwartet, dass sich die Staatsverschuldung auf einem höheren Niveau als zuvor stabilisieren werde.

Ein Sorgenfaktor für die EZB bleiben die Immobilienmärkte. Während für die Preise für Wohnimmobilien mittlerweile Anzeichen für eine gewisse Stabilisierung gesehen werden, dürfte die Korrektur bei den Gewerbeimmobilien noch Zeit brauchen, meinte Vizepräsident de Guindos. Im vierten Quartal 2023 lagen dem Bericht zufolge die Gewerbeimmobilienpreise um 8,7 Prozent unter den Vorjahreswerten. Gerade der Markt für Büroimmobilien sei von unterschiedlichen Faktoren belastet worden: Die Pandemie habe eine Rolle gespielt, der Trend zum Homeoffice danach und die Geldpolitik mit kräftigen Zinserhöhungen.

5 Prozent Banken-Engagement bei Gewerbeimmobilien

„Wir glauben, dass die Preisanpassung bei Gewerbeimmobilien über die Zeit anhalten wird, aber nicht mit dergleichen Geschwindigkeit, die wir in den vergangenen zwei Jahren gesehen haben“, sagte de Guindos. Das Engagement der europäischen Kreditinstitute im Gewerbeimmobiliensektor insgesamt sei eher begrenzt. Es liege bei rund fünf Prozent des gesamten Kreditportfolios. Allerdings sei es bei einzelnen Instituten aufgrund ihrer speziellen Geschäftsmodelle höher, sie seien damit anfälliger für Schocks.

Bei den Bankenturbulenzen im vorigen Jahr habe sich als vorteilhaft erwiesen, dass die Institute des Euroraums gut mit Eigenkapital ausgestattet gewesen seien, führte der EZB-Vizepräsident aus. Die Banken hätten sich als „resilient“ erwiesen. Das sei unter anderem auch eine Folge der guten Ertragssituation gewesen. In jüngster Zeit, seit dem letzten Quartal des vergangenen Jahres, zeichne sich allerdings ein Sinken der Bankenprofitabilität ab. Das gelte es im Auge zu behalten. Insgesamt seien die Geldhäuser aber dank starker Liquiditäts- und Kapitalausstattung gut aufgestellt, um Risiken zum meistern, so der Befund der EZB.

Vergleichsweise niedrige Bewertungen der Bank an der Börse deuteten jedoch auf „Herausforderungen“ hin. Investoren machten sich Sorgen über die Dauerhaftigkeit der Rentabilität der Institute. So gebe es unter anderem Anzeichen für zunehmende Verluste in einigen Kreditbeständen, insbesondere im Bereich gewerblicher Immobilienfinanzierungen. Zudem dürften die Finanzierungskosten für Banken auch bei sinkenden Leitzinsen hoch bleiben.

Die zuletzt erhöhten Kapitalpuffer in mehreren Euroländern zum Beispiel für mögliche Rückschläge auf den Immobilienmärkten sollten nach Dafürhalten der Notenbank beibehalten werden, damit sie den Banken „im Falle von Gegenwind zur Verfügung stehen“.

Source: faz.net