Eurovision Song Contest: Israelische Sängerin steht trotz Boykottaufrufen im ESC-Finale

Trotz Boykottaufrufen gegen Israel bei Demonstrationen auf den Straßen und Buhrufen vor der Bühne hat das Publikum beim ESC-Halbfinale in Malmö die israelische Sängerin Eden Golan ins Finale gewählt. Mehrere Tausend Demonstrantinnen und Demonstranten hatten in der südschwedischen Stadt gefordert, Israel vom Eurovision Song Contest (ESC) auszuschließen. Polizeiangaben zufolge versammelten sich 10.000 bis 12.000 Menschen unter dem Motto Schließt Israel von der Eurovision aus zu einem Marsch durch die Stadt. Unter ihnen war auch die Klimaaktivistin Greta Thunberg.

„Ich bin ein Fan des Eurovision Song Contest und es bricht mir das Herz, aber ich boykottiere“, sagte eine Teilnehmerin des Protests der Nachrichtenagentur AFP. Sie habe keinen Spaß an dem Wettbewerb, wenn gleichzeitig im Gazastreifen Kinder sterben. Die Demonstrantinnen und Demonstranten riefen teils antisemitische Parolen und skandierten „Israel ist ein Terrorstaat“. Sie forderten unter anderem eine Waffenruhe im Gazastreifen. Die Polizei war mit einem Hubschrauber und Beamten auf Dächern im Einsatz. Die Protestaktion verlief ihren Angaben nach aber ruhig.

Ungeachtet der Proteste hat es die 20-jährige Eden Golan mit neun weiteren Gewinnern des zweiten Halbfinales ins Finale des Eurovision Song Contest (ESC) geschafft. „Es ist toll zu sehen, dass es hier so viele Menschen gibt, die sich für Palästina einsetzen, auch wenn es unter schrecklichen Umständen geschieht“, sagte Golan der schwedischen Nachrichtenagentur TT. Sie teile nicht die Ansicht, dass die Eurovision frei von politischen Positionen sei. Der Ausschluss Russlands nach dem Einmarsch in die Ukraine sowie das Verbot palästinensischer Flaggen seien Politik.

Weitere Proteste fürs Finale angekündigt

In der Halle wurde die Sängerin für ihren Auftritt mit dem Lied Hurricane laut gefeiert. Die Boykottforderungen verfingen offensichtlich auch nicht bei den Fernsehzuschauern: Während im ESC-Finale eine Jury und das Publikum über die Platzierungen entscheiden, entscheidet in den Halbfinals ausschließlich das Publikum über den Einzug ins Finale. Nach Einschätzung der Wettbüros kann Eden Golan auf eine Top-Ten-Platzierung hoffen. In den Wettbüros steht der kroatische Sänger Baby Lasagna als Favorit mittlerweile aber deutlich vorne, er hatte sich bereits im ersten Halbfinale qualifiziert. 

Auch die Schweiz sicherte sich ein Ticket ins Finale. Nemo überzeugte das Publikum mit kraftvoller Stimme und Musik zwischen Rap, Drum ’n‘ Bass oder Oper auf einer Scheibe auf der Bühne. Für die Niederlande zieht Rapper Joost Klein mit Europapa ins Finale. Der 26-Jährige stürmte vergangenes Jahr in Deutschland die Charts, als er gemeinsam mit dem Berliner Rapper Ski Aggu das bekannte Lied von Otto Waalkes Friesenjung in eine Technoversion verwandelte. Ebenfalls qualifiziert haben sich Griechenland, Österreich, Armenien, Lettland, Georgien, Norwegen und Estland. Damit stehen die 26 teilnehmenden Länder für den Eurovision Song Contest fest. Am Samstag (11. Mai) wird das Finale in der Malmö Arena ausgetragen. Propalästinensische Gruppen kündigten an, dann erneut demonstrieren zu wollen.

Songtitel mit Bezug zum 7. Oktober

Der ESC ist der weltweit am meisten beachtete Musikwettbewerb. Die Show soll nach den Regeln der europäischen Rundfunkunion EBU unpolitisch sein. Deshalb achten die Organisatoren in diesem Jahr besonders darauf, ob die Proteste gegen Israel auch die Show erreichen. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu warf den Demonstranten eine „schreckliche Welle des Antisemitismus“ vor. Israels Teilnahme am ESC hatte monatelang für Kritik gesorgt. Während einer Probe für das Halbfinale am Mittwoch war Eden Golan von einigen Zuschauern ausgebuht worden.

Zahlreiche Künstler forderten direkt zu Beginn den Ausschluss Israels. Die ESC-Veranstalter wiesen derartige Forderungen zurück. Sie forderten Israel jedoch auf, den Text seines Beitrags zu ändern. Dieser trug ursprünglich den Titel October Rain, ein weiterer Vorschlag war Dance Forever – beide Titel wurden als Anspielung auf den 7. Oktober sowie das Nova-Musikfestival verstanden. Die European Broadcasting Union (EBU) lehnte die Vorschläge mit der Begründung ab, sie seien zu politisch. Nach einer Umbenennung in Hurricane und der Änderung einzelner Textpassagen durfte der Song weiter im Wettbewerb bleiben.   

Am 7. Oktober 2023 hatte die terroristische Palästinenserorganisation Hamas bei einem groß angelegten Angriff etwa 1.200 Menschen im Süden Israels getötet und mehr als 200 Personen als Geiseln verschleppt. Viele Tote gab es auch auf dem Nova-Festival. Israel rief daraufhin den Kriegszustand aus und reagierte mit Bombardierungen des von der Hamas beherrschten Gazastreifens und der Entsendung von Bodentruppen in die Region.