Europäische Union: EU-Kommission setzt China Frist im Kontext Strafzöllen uff E-Autos

Die Europäische Kommission gewährt China im Streit um Strafzölle auf Elektroautos Aufschub. Ob chinesische Hersteller die Zölle von bis zu 38,1 Prozent tatsächlich zahlen müssen, hänge davon ab, ob mit China eine andere Lösung gefunden werden könne, teilte die Behörde mit. Sollte es zu keiner Einigung kommen, könnten die Strafzölle ab dem 4. Juli greifen.

Die EU-Kommission untersucht seit dem vergangenen Herbst, ob E-Auto-Hersteller in China von wettbewerbsverzerrenden Subventionen profitieren. Kommissionsangaben zufolge sind chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle. „Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Die Kommission sei nun vorläufig zu dem Schluss gekommen, dass die Wertschöpfungskette für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge in China von einer unfairen Subventionierung profitiert. Den Herstellern in der EU drohten dadurch große wirtschaftliche Schäden. Deswegen droht die Kommission mit Zöllen zwischen 20 und knapp 40 Prozent.

China sieht EU-Untersuchung als Protektionismus

Der Schritt der EU folgt auf ähnliche Maßnahmen aus den USA. Die US-Regierung hatte Mitte April Sonderzölle gegen Elektroauto-Importe, Halbleiter, Solarzellen, Kräne und andere Produkte aus China verhängt. Die Vereinigten Staaten werfen China ebenfalls vor, den Wettbewerb durch erhebliche staatliche Subventionen zu verzerren. Chinesische Billigprodukte würden gezielt in die USA und nach Europa gelenkt. Chinas Regierung bestreitet das.

Chinas Außenministerium kritisierte auch die EU-Untersuchung als Protektionismus. Die Europäische Union suche eine Ausrede, um Zölle gegen importierte Autos aus China zu erheben, was gegen internationale Handelsregeln verstoße, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Lin Jian. Am Vortag hatte Lin bereits angekündigt, dass China nicht tatenlos zusehen und seine Interessen schützen werde.

Insbesondere die deutschen Autobauer sind stark vom Absatz in China abhängig und fürchten nun Vergeltungsmaßnahmen. Bei Mercedes entfielen im vergangenen Jahr rund 30 Prozent des Absatzes auf China. VW verkaufte dort 2023 sogar fast 50 Prozent ihrer Autos.

Wirtschaftsexperten sehen Strafzölle zwiegespalten

Die angekündigten Strafzölle stoßen bei deutschen Wirtschaftsexperten auf geteiltes Echo. Der Präsident des ifo-Instituts, Clemens Fuest, hält den Schritt für keine gute Idee. „Die EU sollte darauf verzichten“, sagte Fuest. Aus seiner Sicht drohen zwei Nachteile: Erstens sei China ein wichtiger Absatzmarkt für europäische Autos, Strafzölle der EU würden chinesische Gegenmaßnahmen auslösen. „Mit einem Handelskrieg ist niemandem gedient“, sagte Fuest. Zweitens erleichterten günstige Elektroautos aus China die Elektrifizierung des Autoverkehrs und damit die Dekarbonisierung der Wirtschaft.

Zu einer anderen Einschätzung kommt Wettbewerbsökonom Jens Südekum von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Die Entscheidung war letztlich zwingend, denn China subventioniert die eigene Industrie massiv und verzerrt dadurch den Wettbewerb“, sagte das Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums. „Es geht bei den Strafzöllen nicht um Protektionismus. Es ist eine Reaktion Europas auf unfaire chinesische Wettbewerbspraktiken.“