EU-Gipfel: Kaja Kallas erwartet Einigung nebst Verwendung russischen Vermögens

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hat sich zuversichtlich geäußert, dass sich die europäischen Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel an diesem Donnerstag auf die Verwendung eingefrorenen russischen Vermögens für neue Ukrainehilfen einigen. Man habe schon in vielen sehr schwierigen Situationen einen Ausweg gefunden, sagte Kallas dem Deutschlandfunk.

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird nach Informationen aus Kyjiw an dem Treffen teilnehmen, um die EU von der Verwendung der russischen Gelder zu überzeugen.

Insgesamt handelt es sich um rund 210 Milliarden Euro, auf die die russische Zentralbank aufgrund der Sanktionen gegen das Land nicht mehr zugreifen kann. Nach einem Konzept von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen soll das Geld als Sicherheit für Darlehen an die Ukraine genutzt werden, um die Kriegskosten zu finanzieren. 

In den kommenden zwei Jahren sollen der Ukraine demnach 90 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Damit könnte die ukrainische Armee nach Einschätzung von Bundeskanzler Friedrich Merz für mindestens zwei weitere Jahre finanziert werden. 

Belgien will nicht für russisches Geld haften

Bisher scheiterte der Plan jedoch vor allem am Widerstand Belgiens, wo mit rund 185 Milliarden der Großteil des russischen Geldes verwahrt wird. Der belgische Premierminister Bart De Wever will Garantien dafür haben, dass Belgien nicht allein haften muss, sollte Russland vor Gericht mit einer Klage gegen die Nutzung des Geldes Erfolg haben.

Auch die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sprach sich vor Beginn des Gipfels gegen eine überstürzte Entscheidung bezüglich der Nutzung des Geldes aus. „Das sind komplexe Entscheidungen, die nicht erzwungen werden können“, sagte Meloni am Mittwoch vor dem Parlament in Rom. Sie forderte „Klarheit hinsichtlich möglicher Risiken“, die mit der Nutzung der russischen Vermögenswerte einhergehen könnten. Dabei nannte sie unter anderem russische Vergeltungsmaßnahmen und neue Belastungen für nationale Haushalte.

Auch das Mercosur-Abkommen steht auf der Agenda

Bundeskanzler Friedrich Merz sagte vor Beginn des Gipfels, die Nutzung des Geldes stehe nach seiner Einschätzung „in völliger Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und auch in Übereinstimmung mit unseren internationalen Verpflichtungen.“ 

Von der Leyen forderte, dass der EU-Gipfel heute eine Entscheidung über die Finanzierung der Ukraine treffen müsse. EU-Ratspräsident António Costa hatte im Vorfeld angekündigt, er wolle so lange verhandeln lassen, bis eine Einigung über die Finanzierung der Ukraine stehe.

Ein weiteres wichtiges Thema des Gipfels ist das Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten. Über das Abkommen wird seit mehr als 25 Jahren verhandelt, ist aber bisher vor allem am Widerstand verschiedener EU-Staaten aus Sorge vor negativen Auswirkungen auf deren Landwirtschaft gescheitert. Sollte es jetzt wieder zu keiner Einigung kommen, werde sich Brasilien aus dem Abkommen zurückziehen, kündigte der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva an.