Etat 2026: Ein Haushalt mit enormer Sprengkraft

Der Haushalt 2026, den der Bundestag nach viertägiger Debatte an diesem Freitag beschließen will, spaltet das Plenum. Die Opposition ruft zum Auftakt der abschließenden Beratung: „fiskalpolitisches Trümmerfeld“ (AfD), „Offenbarungseid“ (Grüne), „gigantischer Verschiebebahnhof“ (Die Linke). Die Koalition hält dagegen. Ihre Redner rühmen ihren Investitionshaushalt. Die Debatte am Dienstag zeigt, dass in einem Etat mehrere Wahrheiten stecken können – zumindest aus Sicht der verschiedenen Parteien. Wer hat recht?
Der erste Aufschlag kommt nach dem üblichen Prozedere von der größten Oppositionspartei. Michael Espendiller von der AfD schlug denn auch gleich kräftig los. „Mit dem Bundeshaushalt 2026 hinterlassen Friedrich Merz und Lars Klingbeil Deutschland als fiskalpolitisches Trümmerfeld, das für die nächsten Jahre fest in einer gigantischen Schuldenspirale stecken wird, aus dem es kein Entkommen mehr geben wird“, wetterte er. Wenn der Bundestag mit den Stimmen von Schwarz-Rot diesen Haushalt verabschiede, werde Deutschland kein Hort finanzieller Stabilität mehr sein, sondern ein Sanierungsfall, der schon bald einen Insolvenzverwalter brauchen werde. Über den Kernhaushalt und diverse Sondervermögen wolle die Bundesregierung 181,5 Milliarden Euro neue Schulden machen – bei Gesamtausgaben von insgesamt 631 Milliarden Euro. „Damit wird fast jeder dritte Euro der Ausgaben aus Schulden finanziert, also mit Geld, das wir gar nicht haben.“ Das Ganze habe natürlich seinen Preis: „Die Kosten für den Schuldendienst galoppieren uns davon.“
Sebastian Schäfer von der Grünen-Fraktion, der als zweiter Redner der Opposition zu Wort kam, ging ebenfalls nicht zimperlich mit Schwarz-Rot um. „Dieser Bundeshaushalt 2026 ist mehr als eine sträflich verpasste Chance, dieser Bundeshaushalt ist ein Offenbarungseid.“ Es würden Maßnahmen priorisiert, die gar nichts fürs Wachstum brächten, aber Milliardenlöcher nicht nur in den Haushalt des Bundes, sondern auch in die Haushalte der Länder und Gemeinden fräßen. Mit dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität und seinen 500 Milliarden Euro neuen Schulden wären nach Ansicht des Sachverständigenrats für Wirtschaft ein zusätzliches Wachstum von fünf Prozent für möglich – wenn das Geld richtig eingesetzt würde, „Doch das sehen wir nicht“, betonte Schäfer. Das sähen auch Sachverständigenrat, Bundesbank, die Wirtschaftsforschungsinstitute und der Bundesrechnungshof nicht. „Sie kommen nicht einmal auf zwei Prozent zusätzliches Wachstum in den nächsten fünf Jahren.“
Der Dritte im Kreis der Koalitionskritiker war Dietmar Bartsch. Der Linkenpolitiker warf der Koalition (ebenfalls unter Verweis auf den Sachverständigenrat) vor, dass weniger als die Hälfte des Sondervermögens für zusätzliche Investitionen sorge. Der Rest sei Etikettenschwindel – und zwar auf Kosten von Bildung, von Wohnen, von Pflege und Gesundheit, von digitaler Zukunft. Die Koalition verkünde nun stolz ein erwartetes Wirtschaftswachstum von 0,9 oder 1,3 Prozent. Dagegen wachse die Weltwirtschaft um drei Prozent. „Miniwachstum, Megaausgaben. Diese Prioritäten sind schlicht falsch gesetzt“, befand der Linkenpolitiker.
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD), der erst als fünfter Redner an das Pult trat, hielt dagegen: „Auch wenn hier immer wieder von zusätzlichen Schulden geredet wird, sind es erst einmal Investitionen in die Zukunftsfähigkeit und die Modernisierung unseres Landes.“ Der SPD-Politiker lobte aber nicht nur die eigene Koalition für ihre Reformarbeit, sondern gestand auch zu, dass das alles noch nicht reicht. Auf dem G-20-Gipfel am vergangenen Wochenende sei deutlich geworden, dass die Welt nicht auf Deutschland warte. Die Regierung müsse jeden Tag daran arbeiten, dass das Land noch stärker werde. „Wir werden uns auch die sozialen Sicherungssysteme angucken, und natürlich muss da reformiert werden“, sagte Klingbeil, der zudem Strukturreformen als notwendig hinstellte.
Zuvor hatte Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg den Etat 2026 verteidigt. Mit 118 Milliarden Euro fließe ein Fünftel aller Ausgaben aus dem Kernhaushalt und den Sondervermögen in Investitionen. Dass annähernd 30 Prozent der Ausgaben mit Krediten finanziert werden, sei vertretbar und richtig. „Aber das können wir natürlich auf Dauer so nicht weiterführen.“ Deswegen sei entscheidend, zielgenau in die Projekte zu investieren, die für Wachstum sorgten. Der CDU-Politiker erläuterte an einem Beispiel aus seinem eigenen regionalen Umfeld, wie es nicht laufen sollte. Dort hätten Gemeinden überlegt, Freibäder zusammenzulegen, weil sie sich einzeln nicht rechneten. Nachdem der Bund Geld ins Schaufenster gestellt habe, überlegten sie nun, ob sie das noch machen sollten.
„Da müssen wir aufpassen, dass wir wirklich zielgenau investieren, dass wir jetzt nicht falsche Erwartungen wecken und dass wir falsche Scheininvestitionen anregen.“ Bei den Investitionen sollte man stringent bei Bildung, Forschung, Digitalisierung und Verkehr bleiben. Zudem müsse die Koalition strukturelle Reformen angehen, mahnte auch Middelberg.