Entwicklungspolitik: Deutschland unterstützt ärmere Länder am stärksten

Kein Industrieland hilft ärmeren Ländern in ihrer Entwicklung stärker als Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Centers for Global Development. Die Denkfabrik berücksichtigt in ihrer nun vorgelegten Auswertung neben der klassischen Entwicklungshilfe Faktoren wie Migration, Handel und Gesundheit. Gut schneidet ab, wer viel und wirksam für Entwicklung zahlt, transparent investiert, armen Ländern niedrige Handelsbarrieren bietet, Zuwanderer aufnimmt, statt abzuschrecken – und ihnen Integration ermöglicht. Pluspunkte gibt es auch für Politik, die globale öffentliche Güter stärkt: Gesundheit durch Krankheitsvorsorge, technischen Fortschritt durch Forschung, den Schutz von Klima und Artenvielfalt und einen Beitrag zur Sicherheit auf der Welt.
Deutschland steht damit an der Spitze sowohl der G-7- als auch der G-20-Staaten. In allen Teilbereichen liegt es unter den besten zehn – mit zwei Ausnahmen: Die Förderung von Technologie (Platz 11) und Sicherheit (Platz 22) gehören der Auswertung zufolge nicht zu Deutschlands Stärken. Die Denkfabrik hebt hervor, dass die Bundesrepublik 2024 der sechstgrößte Geberstaat war und knapp ein halbes Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe bereitstellte – fast doppelt so viel wie der Durchschnitt der untersuchten 38 Industrieländer.
Doch nach Haushaltskürzungen verfehlte Deutschland 2024 zum ersten Mal seit 2020 das UN-Ziel, 0,7 Prozent des Nationaleinkommens für öffentliche Entwicklungshilfe bereitzustellen. Mit Blick auf die Qualität der Entwicklungshilfe reicht es nur zu Platz 13. Positiv: Deutschland meldet seine Mittel transparent, knüpft sie kaum an Auflagen und stimmt seine Projekte so gut wie kein anderes Land – mit einer Ausnahme – auf die Prioritäten der Empfängerländer ab. Allerdings fließen nur 35 Prozent der deutschen Hilfe über multilaterale Institutionen wie die Weltbank. Das ist unter dem Durchschnitt.
Vorreiter bei Immigration
Herausragend schneidet Deutschland dagegen beim Thema Migration ab. Bei der Integration von Zuwanderern daheim liegt es im oberen Mittelfeld, beim Beitritt zu internationalen Abkommen zum Schutz von Arbeitsmigranten sogar auf einem geteilten zweiten Platz. Deutschland beherbergt die dritthöchste Zahl von Geflüchteten unter den untersuchten Ländern: 32 auf 1000 Einwohner, deutlich mehr als 2019 mit 13,8 je 1000 Einwohner. Gemessen an der Bevölkerungszahl nimmt die Bundesrepublik heute weit mehr Migranten auf als früher; deren Anteil aus ärmeren Ländern liegt etwa im CDI-Durchschnitt. In diesem Indikator ist Deutschland vom 15. auf den dritten Platz vorgerückt.
Mit Blick auf den Handel liegt Deutschland auf Platz drei. Gemeinsam mit den anderen EU-Staaten erreicht es Rang vier bei den durchschnittlichen Zöllen und Platz sieben bei den sogenannten Zollspitzen (Sätze ab 15 Prozent). Die Abgaben sind niedrig, Ausreißer nach oben selten, für ärmere Länder gibt es Vorzugsbedingungen. Auch im Handel mit Dienstleistungen schneidet Deutschland gut ab: Die Beschränkungen sind gering, es reicht für Platz sechs.
Auffällig ist der Absturz der USA, die Rang 28 von 38 belegen. Am besten schneiden sie noch beim Handel (Platz zehn) und der Sicherheit (Platz 17) ab. Bei der Entwicklungshilfe lagen sie schon in der unteren Hälfte, bevor die Trump-Regierung antrat – und den Umbau der Entwicklungsbehörde USAID einleitete, viele Hilfsprogramme strich und fast acht Milliarden Dollar schon vom Kongress bewilligter Auslandshilfe einkassierte. Den größten Nachholbedarf im Vergleich zu anderen Gebern haben die USA beim Umweltschutz (Platz 36), bei Technologie (33), Gesundheit (32) und Migration (26). Rechnet man das amerikanische Einkommen ein und vergleicht die Leistung mit dem, was bei diesem Wohlstandsniveau zu erwarten wäre, rutschen die Vereinigten Staaten noch weiter ab – um zehn Plätze auf den letzten Rang 38.
Auf der ganzen Welt lässt der Einsatz für Entwicklung nach: 24 der bewerteten Länder tun gemessen an den wichtigsten Indikatoren weniger als 2023, nur elf engagieren sich stärker international. Neben Deutschland schneiden auch Schweden und Norwegen gut ab.