El Hotzos Trump-Tweet: Warum Meinungsfreiheit in Deutschland ein Trauerspiel ist

„Comedy muss sich über alle lustig machen können“, sagte mein Freund kürzlich beim Mittagessen. Wichtig sei bloß, dass man am Ende selbst dumm dastehe. Aber auf dem Weg dorthin dürfe man jeden verarschen, solange man dabei kreativ genug sei. Das ist, seiner Meinung nach, der Sinn dieses Genres.

Ich verstehe schon, was er meint. Aber nachdem ich in den letzten Jahren genug gequälte Diskussionen um Comedy und Satire in Deutschland verfolgt habe, fühlt sich dieses Argument irgendwie nicht richtig an.

Wenn deutsche Comedians einen Witz auf Kosten von Randgruppen machen, seien es Migrant_innen, Schwarze, queere oder jüdische Menschen, wird jede Kritik daran als „verletzte Gefühle“ heruntergespielt und gleichzeitig als Bedrohung für unsere Demokratie aufgebauscht.

Es steht außer Frage, dass die Wahrung der Meinungs- und Kunstfreiheit zu den wichtigsten demokratischen Werten gehört. Ich persönlich halte es ja mit dem Schriftsteller Kurt Tucholsky (1890–1935), der schrieb: „Was darf die Satire? Alles!“ Nur frage ich mich, warum dieses Argument immer nur dann mit der größten Überzeugung vorgebracht wird, wenn ein schlechter Witz auf Minderheiten abzielt, die sowieso schon tagtäglich gedemütigt werden. Verkommt die Kunstfreiheit damit nicht zu einer Waffe des Establishments gegen die „Woken“?

Als sich Musk einschaltete, wurde es absurd

Allerdings scheint es in der bürgerlichen Moral durchaus einen schmalen Grat zu geben, wenn es um Galgenhumor geht, nämlich dann, wenn er nach oben zielt. Diese Grenze wurde vergangene Woche überschritten, als sich der Satiriker Sebastian Hotz über die Schüsse auf Donald Trump lustig machte; das Ganze entwickelt sich fast zu einer Art Staatsaffäre.

Der 28-jährige Hotz, der in den sozialen Medien unter dem Pseudonym „El Hotzo“ bekannt ist, hat sich während der Pandemie mit zynischen, linken Witzen über alles Mögliche, von Nationalismus bis Neoliberalismus und Männlichkeit, eine große Fangemeinde aufgebaut. Im Laufe der Jahre haben ihm diese Inhalte einige Jobs eingebracht, darunter auch eine Radiosendung bei Radio Fritz, dem Jugendprogramm des öffentlich-rechtlichen Senders RBB. Dieser hat Hotz nun wiederum entlassen, zwei Tage, nachdem er auf X (früher Twitter) gefragt hatte, was der letzte Bus und Trump gemeinsam haben. Seine Antwort: „Leider knapp verpasst.“

Was die 700.000 Follower von Hotz auf X und die 1,5 Millionen Follower auf Instagram wahrscheinlich für ein wenig überraschendes und mittelmäßiges El-Hotzo-Wortspiel halten würden, löste in der deutschen Presse eine Kontroverse aus.

Viele Kommentator_innen fanden es geschmacklos, sogar menschenverachtend und schädlich für unsere „demokratischen Werte“ (mal wieder), über die mögliche Ermordung von jemandem zu scherzen, selbst wenn diese Person versucht hatte, die Demokratie zu stürzen. Hotz ergänzte seinen Beitrag mit: „Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben“, wofür ihm mitunter vorgeworfen wurde, zu Gewalt aufzurufen. Als sich schließlich auch noch Elon Musk einschaltete und den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz aufforderte, gegen Hotz vorzugehen, wurde die Sache absurd.

Landete El Hotzo nicht gerade wegen seines frechen Humors beim RBB?

Die politische Rechte hat in den letzten zehn Jahren immer wieder gegen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mobil gemacht, wenn deren Mitarbeiter_innen Inhalte oder politische Ansichten verbreiteten, die ihren eigenen widersprachen. Der Milliardär Musk ist nun auf diesen Zug aufgesprungen, indem er behauptet, Hotz sei von der deutschen Regierung dafür bezahlt worden, „dem führenden US-Präsidentschaftskandidaten und mir selbst den Tod zu wünschen“ (Hotz hatte sich zuvor begeistert über einen Tweet von Musk geäußert, in dem über seinen eigenen Tod im Jahr 2022 spekuliert wurde).

Musk liegt falsch, zumindest was Hotz‘ Beschäftigung beim RBB angeht: Der Staat bestimmt weder, wer und was im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesendet wird, noch bezahlt er ihn direkt. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erfolgt über den Rundfunkbeitrag, den jeder Haushalt in Deutschland zahlen muss, was nicht nur, aber vor allem bei „Fake News“-Verschwörungstheoretiker_innen für viel Frust sorgt. Umso beunruhigender ist es, wie schnell der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach einem von der Rechten angeheizten Medienrummel beschlossen hat, Hotz als Radiomoderator abzusetzen, mit den Worten: „Seine Äußerungen sind mit den Werten, für die der RBB steht, nicht vereinbar“.

Aber wurde Hotz nicht gerade wegen seines frechen Humors, der ihn im Internet berühmt gemacht hat, von der Rundfunkanstalt eingestellt? Und ist es richtig, dass Hotz Menschen den Tod wünscht? Interessanterweise ist es nicht nur der Eigentümer von X, sondern Dutzende von deutschen Journalist_innen, die dies für offensichtlich halten.

Für mich ist dies vor allem ein Hinweis auf fehlende Medienkompetenz. Es mag ein schmaler Grat sein, wenn es um Moral und Sarkasmus geht, aber Menschen, die in den Medien arbeiten, sollten zumindest in der Lage sein, zwischen einem satirischen Social-Media-Post und, sagen wir mal, einem Kommentator in einer Live-Nachrichtensendung zu unterscheiden. Seit wann ist Satire als eindeutige Botschaft zu verstehen? Warum ist es in Ordnung, sich über statistisch gefährdete Gruppen wie trans Personen lustig zu machen – aber menschenverachtend, über das blutende Ohr von Trump zu lachen?

Wenn Witze ihren Alltag reproduzieren, können Deutsche lachen

Die Antwort liegt irgendwo zwischen der Bemerkung meines Freundes beim Mittagessen – Comedy sollte jeden lächerlich machen – und meinem Unbehagen daran. Der Kommentar meines Freundes fühlte sich für mich nicht richtig an, weil er die Frage der Macht außer Acht lässt. Und genau das ist doch der Grund, weshalb deutscher Humor oft bloß ein Trauerspiel ist.

Es ist fast so, als ob viele Deutsche nur dann lachen können, wenn die Machtdynamiken ihrer alltäglichen Realität einfach in Form eines Witzes reproduziert, anstatt infrage gestellt oder umgekehrt werden. Wie ein Akt der Selbstbesänftigung scheint es, zu hören, dass man nicht der Einzige ist, der es ärgerlich findet, dass es so viele Behindertenparkplätze gibt. Irgendein Komiker sagt es laut – man ist erleichtert, man lacht darüber.

Vielleicht rührt die Kontroverse um Hotz‘ Witz über Trump daher, dass er diese vertraute Dynamik auf den Kopf stellt. Und dass er dabei trotzdem ausspricht, was viele denken, aber niemals sagen würden und dürften. Obwohl mein Freund der Meinung ist, dass derjenige, der einen Witz erzählt, am Ende dumm dastehen muss, ist es in diesem Fall äußerst fraglich, wer lachhafter ist: der Witzereißer oder seine Kritiker.

Fatma Aydemir, 1986 geboren, ist Journalistin und Autorin preisgekrönter Romane wie Ellbogen und Dschinns. Ihre Kolumnen erscheinen regelmäßig im Guardian.