Eine U-Bahn pro Habeck – wenn welcher Gastgeber spontan den Zug anhält
Auf seiner Indien-Reise bekommt Robert Habeck das Verkehrs-Chaos Neu-Dehlis zu spüren. Auf dem Weg zu einem Termin weicht der Wirtschaftsminister deshalb auf die U-Bahn aus. Die normalen Fahrgäste müssen kurzerhand weichen.
Am Freitagabend erreicht der aufziehende Wahlkampf in Deutschland auch die indischen Pendler: Die sind ohnehin viel Kummer gewöhnt, die Straßen der 33-Millionen-Metropole Neu-Dehli sind notorisch verstopft, es herrscht komplettes Chaos aus Tuktuks, Mopeds und Autos.
Aber Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) muss bei seinem Besuch im südostasiatischen Land trotz Stau noch einmal quer durch die Stadt, um am „Indischen Abend“ im Messezentrum Yashobhoomi teilzunehmen. Plötzlich heißt es: Habeck nimmt die U-Bahn.
Was könnte besser zum Image eines grünen Klimaschutzministers, der Kanzler werden will, passen, als eine bodenständige U-Bahn-Fahrt? Kein Wunder, dass Fotografen und Journalisten Habeck auf seinem Trip in den indischen Untergrund begleiten dürfen. Habeck erzählt später in der U-Bahn, es sei die Idee seines Gastgebers, des Handelsministers Piyush Goyal, gewesen, auf den Zug umzusteigen.
Die Inder sind stolz auf ihre moderne U-Bahn: Die hell erleuchteten Stationen sind bemerkenswert sauber, die Züge fahren weitgehend fahrerlos und sind deutlich schneller als der Straßenverkehr. Das Problem ist nur: Die beiden Minister müssen erst mal zur Haltestelle kommen. Also setzt sich zunächst doch eine Auto-Kolonne vor dem Handelsministerium in Bewegung – und steht erst einmal gut zwanzig Minuten im Stop-and-Go-Verkehr.
Als die Delegation endlich an der Station ankommt, ist die für die anderen Fahrgäste gesperrt. Habeck, seine Begleiter, die Fotografen und Journalisten rennen die Treppen hinunter, dort wartet bereits der Flughafen-Express, die indischen Gastgeber haben den Zug kurzerhand angehalten und zwei Wagen gesperrt für das Untergrund-Erlebnis der Minister. Die üblichen Fahrgäste müssen vorübergehend weichen.
Es folgt eine reibungslose Fahrt, fünf Stationen sind es bis zum Messezentrum. Auf die zwanzig Minuten im Stau folgen weitere zwanzig in der U-Bahn.
Auf der Straße hätte es wohl deutlich länger gedauert – und die Fotos wären auch nicht so schön geworden. Er fahre durchaus auch in Berlin gelegentlich mit der U-Bahn, behauptet Habeck. Das letzte Mal soll erst vor wenigen Tagen gewesen sein. Fotos gibt es davon aber nicht.
Philipp Vetter ist Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er berichtet über das Bundeswirtschaftsministerium, Wirtschaftspolitik, Energiepolitik, Verkehrspolitik, Mobilität und die Deutsche Bahn. Seinen exklusiven WELTplus-Newsletter können Sie hier abonnieren. Er ist seit 2021 Co-Host des WELT-Podcasts „Alles auf Aktien“.
Source: welt.de