DJI Neo: im Test: Das kann die Selfie-Drohne zu Händen 199 Euro – WELT

Einfacher kann Fliegen nicht sein. Die DJI Neo führt ihre Manöver automatisch aus. Ihre Nutzer brauchen noch nicht einmal eine Fernbedienung. Der Hersteller hat viel Technologie in der Selfie-Drohne verbaut, die es sonst nur in professionellen Geräten gibt.

Wir haben in den vergangenen Jahren viele Drohnen getestet. Die Foto- und Videoaufnahmen dieser Geräte sind in dieser Zeit immer besser geworden. Vor allem aber haben die Hersteller ihre Drohnen mit entsprechenden Controllern immer leichter steuerbar gemacht. DJI treibt es mit seinem neuen Modell Neo aber auf die Spitze: Für diese Drohne ist überhaupt keine Fernbedienung mehr nötig.

Die DJI Neo begleitete uns auf einer ausgedehnten mehrtägigen Wanderung in den Dolomiten. Üblicherweise ist ein Drohnenflug mit etwas Aufwand verbunden. Zuerst muss der Nutzer einen geeigneten Ort für den Start finden.

Dann werden die Propellerarme ausgeklappt und die Drohne eingeschaltet. Der dazugehörige Controller muss ebenfalls eingeschaltet und dann über ein Kabel mit einem Smartphone verbunden werden.

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Nun wartet man, bis das Gerät genügend Satelliten zur Ortung gefunden hat, um im Notfall automatisch zum Ausgangspunkt zurückfliegen zu können. Der Einsatz bei einer Bergwanderung bedeutet für alle Mitlaufenden also erst einmal eine Pause.

Die DJI Neo verlangt viel weniger Aufmerksamkeit. Man legt sie auf die flache Hand, wählt mit einem Knopf auf der Drohne einen automatischen Flugmodus, den DJI Quick Shot nennt. Nach einem kurzen Countdown startet sie dann automatisch und führt für einige Sekunden das Flugmanöver aus. Dabei filmt sie den Nutzer und landet anschließend wieder automatisch auf der ausgestreckten Hand. Einfacher kann ein Drohnenflug eigentlich nicht sein.

Die DJI Neo ist wirklich außergewöhnlich – in vielerlei Hinsicht. Schon beim ersten Anheben wundert sich der Nutzer über das – Pardon – Fliegengewicht. Mit 135 Gramm ist sie mit Abstand die leichteste Drohne des Herstellers.

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Zudem passt sie sogar in eine größere Jackentasche. Sie bietet sechs unterschiedliche Quick Shots zur Auswahl. Die Drohne kann den Nutzer mit einem festen Abstand einfach verfolgen (Follow), entfernt sich schnell von ihm schräg in die Luft (Dronie). Oder sie dreht sich um ihn (Circle), fliegt senkrecht nach oben (Rocket), behält ihn bewegungslos einfach nur in der Mitte des Bildes (Spotlight) oder fliegt vor ihm her (Direction Track).

Wer solche Quick Shots manuell mit einem Controller fliegen will, benötigt sehr viel Übung. Umso mehr dürften sich Drohnen-Anfänger wohl über die Video-Ergebnisse freuen, die sehr professionell aussehen.

Die Drohne filmt in 4K-Auflösung

Die Neo filmt dabei in der hohen 4K-Auflösung, mit 30 Bildern pro Sekunde – und legt das Ergebnis in ihren internen Speicher von 22 Gigabyte Größe ab. Von dort können sie entweder über ein USB-C-Kabel auf den Computer kopiert oder über WLAN in die DJI-App auf dem Smartphone verschoben werden. Drahtlos funktioniert das übrigens erstaunlich schnell.

Mit Ausnahme des Direction Tracks brachten alle Flugmodi sehr gute verwacklungsfreie Video-Ergebnisse. Beim Direction Track störte uns ein eher ruckartiges Zurückweichen, wenn wir auf die Drohne zugingen. Im Video zeigte sich dann ein merkwürdiger Pumpeffekt.

Eigentlich hat DJI viel Erfahrung mit der Verfolgung von Objekten mit der Kamera. Tatsächlich ist diese Drohne komplett darauf ausgerichtet. Automatisch startet sie nämlich nur, wenn sie den Nutzer über die Kamera auch erfasst hat. Deswegen muss die Drohne vor dem Start auch entsprechend ausgerichtet werden.

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Über die DJI-Smartphone-App lassen sich die Flugmodi noch etwas nachjustieren, wenn man beispielsweise beim Umkreisen einen größeren Radius wünscht oder der Abstand im Verfolgen-Modus größer sein soll.

Doch man sollte mit diesen Einstellungen vorsichtig sein und vor dem Start darauf achten, dass die Umgebung sich dafür eignet. Denn im Gegensatz zu anderen Modellen hat DJI bei der Neo komplett auf Sensoren für die Hindernisvermeidung verzichtet.

Wir haben die Entfernung zu einem Baum falsch eingeschätzt und die Drohne in das Blätterwerk fliegen lassen, woraufhin sie vier Meter in die Tiefe fiel. Weil die Drohne so leicht ist und die Propeller von einem Kunststoff-Schutz umgeben sind, hat sie den Sturz aber folgenlos überstanden.

DJI verkauft seine Neo für 199 Euro. Nicht zuletzt deswegen fehlen ihr einige Sensoren. Ihr Leichtgewicht macht sie bei Wind auch anfälliger als andere Modelle. In unserem Test zeigte sie in der Luft wenig Stabilität, was sich aber wegen der Bildstabilisierung in den Videos kaum widerspiegelte.

Flugfähig ist sie nur bis Windstärke 4. DJI gibt die Flugdauer mit 18 Minuten an, realistisch sind eher 13 Minuten. Mit einer Akkuladung kann sie etwa ein Dutzend Quickshots ausführen.

Obwohl die Neo als automatische Selfie-Drohne ausgelegt ist, kann sie auch mit einem DJI-Controller geflogen werden, der aber nicht mitgeliefert wird. Sie kann sogar über die DJI-App auf dem Smartphone mit einem virtuellen Joystick gesteuert werden, auch das ein Novum für DJI.

Per WLAN und Controller kann die Drohne weiter fliegen

Die Signale zwischen Drohne und Smartphone werden dann über WLAN übertragen und reichen 50 Meter weit. Ein Controller erhöht die Reichweite auf sechs Kilometer, was aber aus zwei Gründen nicht gemacht werden sollte: Zum einen dürfte die Akku-Kapazität nicht dafür ausreichen, sie auch wieder zurückzufliegen.

Zum anderen ist es verboten, eine Drohne außer Sichtweite zu fliegen. Wer mit dem Smartphone steuert, kann auch über das Smartphone-Mikrofon zu den Drohnenvideos einen Ton aufnehmen. Per Sprache über die App kann die Drohne sogar gesteuert werden, allerdings nur auf Englisch oder Chinesisch.

Fazit: DJI hat in seine kleine Neo viel Technologie gepackt, die sonst nur in den professionelleren Geräten des Herstellers steckt. Das macht sie zu einer vielseitigen Drohne für all jene, die sich gern filmen.

Zwar hält die Video- und auch Foto-Qualität der Neo nicht ganz mit den anderen DJI-Modellen mit. Doch die Ergebnisse sind trotzdem sehr beeindruckend. Deswegen dürften nicht nur Fluganfänger zu den Nutzern gehören. Auch als Zweitdrohne wird sie sich für viele lohnen.

Trotz allem gibt es einige Kritikpunkte. So fehlt ein Steckplatz für eine MicroSD-Karte. Auch kann die Drohne keine Hochkant-Videos aufnehmen, was bei der angestrebten Zielgruppe zur Verwendung der Videos bei Instagram und TikTok sehr beliebt ist. Und nicht zuletzt haben die Sound-Designer bei der Neo keinen guten Job gemacht: Sie klingt unangenehm wie ein Schwarm lauter Hornissen.

Thomas Heuzeroth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Verbraucher- und Technologiethemen, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation.

Source: welt.de