Digitaler Staat: Der Fahrzeugschein kann künftig zu Hause bleiben

Autofahrer können den Fahrzeugschein künftig zu Hause lassen. Ab sofort reicht es, wenn man ihn auf dem Smartphone bei sich hat. Voraussetzung ist, dass man die Smartphone-App „i-Kfz“ installiert und die entsprechenden Daten mithilfe der Online-Funktion des Personalausweises heruntergeladen hat. Zwei prominente Nutzer hat die App schon: Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder und Bundesdigitalminister Karsten Wildberger (beide CDU) haben sie schon auf ihren Smartphones, wie sie bei einem gemeinsamen Pressetermin am Donnerstag in Berlin verkündeten.
Der Nutzen dieser neuen digitalen Anwendung erschließt sich ihnen offenbar aus eigener praktischer Erfahrung: „Der Fahrzeugschein ist ab sofort immer griffbereit auf dem Smartphone dabei“, erklärte Schnieder – „ohne langes Grübeln, wo er denn zuletzt gewesen sein könnte.“ Das oft mühselige Suchen des Dokuments habe mit der neuen App ein Ende. Bei Polizeikontrollen oder im Fall eines Unfalls reicht also künftig die digitale Version.
Von solcherlei Lasten des Alltags befreit, lässt sich der Fahrzeugschein auch mit Familienmitgliedern und mit anderen Autonutzern teilen, die dann ihrerseits den Fahrzeugschein auf ihrem Smartphone speichern können. Auch an Werkstätten lassen sich die Informationen zeitlich befristet weitergeben. Wenn gewünscht, erinnert die App zudem an den nächsten fälligen TÜV-Termin.
Ein noch größeres Projekt ist die europaweit gültige EUID-Wallet
Der digitale Fahrzeugschein sei dabei der erste Schritt in einem „digitalen Ökosystem der Mobilität“, sagte Schnieder. Die App wurde im Auftrag seines Ministeriums vom Kraftfahrt-Bundesamt und der Bundesdruckerei GmbH über einen Zeitraum von zwei Jahren entwickelt. Kostenpunkt: rund 12 Millionen Euro. Spätestens Ende nächsten Jahres soll auch der Führerschein digital vorliegen. Erst am Mittwoch hat das Kabinett die rechtlichen Voraussetzungen dafür auf den Weg gebracht, die digitale Lösung wird gerade entwickelt.
Wegen der hohen Sicherheitsanforderungen ist das keineswegs trivial; schon andere sind daran gescheitert. Der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte auf Geheiß des Bundeskanzleramts noch kurz vor der Bundestagswahl 2021 einen digitalen Führerschein präsentieren wollen, als erste Anwendung der neuen digitalen Brieftasche, der sogenannten ID Wallet. Innerhalb weniger Tage wurde die Anwendung jedoch von Hackern des Chaos Computer Clubs (CCC) zerlegt.
Ein noch größeres Projekt ist deshalb die europaweit gültige EUID-Wallet, an der Wildberger gerade arbeitet. Bis spätestens Anfang 2027 soll sie fertig sein und dann neben Fahrzeugschein, Führerschein und Personalausweis auch andere Dokumente speichern können, etwa Versicherungskarten, Mitgliedsausweise oder Zeugnisse. Das dürfte der Auftakt für viele Anwendungen auch von privaten Anbietern sein. Neben dem Abschluss von Mobilfunkverträgen und Bankgeschäften könnte dies auch den Altersnachweis im Internet ermöglichen.
Für diese Entwicklung ist der digitale Fahrzeugschein die erste Versuchsanordnung. Notwendige Voraussetzung dafür ist allerdings der Personalausweis. Für viele Bürger dürfte das die größte Hürde sein, denn für dessen Online-Einsatz wird eine PIN benötigt, die bei der Ausstellung des Ausweises vergeben wird. Nach der ersten Nutzung kann eine eigene PIN vergeben werden.
Auch 15 Jahre nach Einführung des Personalausweises haben dies viele noch nicht getan. Nur bei 42 Prozent der Ausweisbesitzer ist die Online-Funktion einsatzbereit, wie Zahlen des digitalen Netzwerks Initiative D21 zeigen. Mit neuen Funktionen wie dem digitalen Fahrzeugschein dürfte die Nutzung allerdings weiter ansteigen. Bisher kommt der digitale Personalausweis vor allem beim Abschluss von Mobilfunkverträgen oder Kontoeröffnungen, bei der Nutzung von Krankenkassen-Apps oder bei der Ummeldung nach einem Umzug zum Einsatz.