„Diejenigen, die heute eine Synagoge in Brand setzen, werden morgiger Tag eine Kirche in Brand setzen“
Der Anschlag von Sydney ist für Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, ein Warnsignal, auch für die Bundesrepublik. Der Diplomat beschreibt eine „tödliche Ideologie“, die weltweit Juden bedrohe – von Australien bis Bayern. Er fordert ein konsequentes Vorgehen schon in der Schule.
Der israelische Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland, Ron Prosor, hat den Angriff von Sydney als globales Warnsignal für wachsenden Antisemitismus bezeichnet. „Dieser Begriff ‚globalize intifada‘ (‚Globalisierung der Intifada‘, Anm.), was es wirklich bedeutet, ist eigentlich, gegen Juden Gewalt auszuüben“, sagte Prosor im Interview mit WELT TV. Der Anschlag zeige, „dass es keine Israelkritik ist, es ist Judenkritik. Juden werden kritisiert, weil sie noch leben“. Mit Intifada sind zwei gewaltsame Palästinenseraufstände gegen Israel gemeint
Prosor verwies auf weltweite Vorfälle, die aus seiner Sicht ein Muster belegen: „Wir sehen also in Australien vor einem Jahr eine Synagoge brennen.“ Diejenigen, die heute Synagogen in Brand setzten, würden morgen Kirchen in Brand setzen, sagte er. Auch Europa sei betroffen: „In Bayern jetzt ein vereitelter Terrorangriff … in Großbritannien, in Manchester.“ Es handle sich „auf keinen Fall“ um Einzelfälle. In Bayern hatte die Polizei am Wochenende fünf Männer wegen mutmaßlicher Anschlagspläne auf einen Weihnachtsmarkt festgenommen.
Prosor: Antisemiten fühlten sich „ziemlich sicher“ in Deutschland
Der Botschafter warnt vor einer Ideologie, die sich gegen Juden und „das Existenzrecht eines jüdischen Staates“ richte. Das „Gift dieser Ideologie“ könne man nur bekämpfen, indem man grundsätzlicher ansetze. Man müsse „es in den Schulklassen, in den Schulbüchern“ und durch Erziehung angehen.
Mit Blick auf Deutschland sagte Prosor: „Antisemiten und Islamisten fühlen sich ziemlich sicher hier. In Berlin, in Europa. Sie können tun, was sie wollen.“ Juden hingegen fühlten sich nicht sicher: „Juden haben Angst an der S-Bahn, an der U-Bahn, mit einer Kippa, in jüdischen Einrichtungen.“ Die israelische Botschaft selbst sehe „wie eine Festung aus“.
Prosor forderte entschiedenes Handeln: „Worte genügen nicht. Taten müssen Worten folgen.“ Es brauche Änderungen in der Gesetzgebung: „Es ist unter Anführungszeichen nicht Meinungsfreiheit. Nein, das ist Aufhetzungsfreiheit.“
Deutschland unternehme zwar mehr als andere Staaten: „Im Gegensatz zu Australien, wo es an Führungskraft fehlt … hier in Deutschland versucht man das zu tun.“ Aber das reiche nicht: „Man muss mehr tun, damit wirklich wir alle, aber alle, zusammen ein besseres Leben in einem demokratischen Staat leben können.“
Auf die Frage, ob er Hoffnung auf politisches Umdenken in Australien habe, sagte Prosor: „Das hoffe ich sehr. Ob ich das glaube? Nicht so ganz.“ Das Kernproblem bleibe die Ideologie: „Diese Ideologie ist tödlich. Und wenn man gegen diese Ideologie heute nicht angeht“, werde es morgen Tränen geben.
coh
Source: welt.de