Die Signa-Insolvenz und ihre Folgen: Oberster Gerichtshof schickt Signa Prime in ein Konkursverfahren

Signa Prime muss jetzt möglichst schnell seine Immobilien zu Geld machen, darunter das Luxuseinkaufsviertel Goldenes Quartier in Berlin.

Im Rechtstreit um das Insolvenzverfahren der Luxusimmobilien-Gesellschaft Signa Prime Selection (unter anderem Goldenes Quartier, Elbtower, Kaufhaus Tyrol) ist die höchstrichterliche Entscheidung gefallen: Der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich hat dem sogenannten Revisionsrekurs von Signa Prime nicht Folge geleistet. Das heißt: Das Handelsgericht Wien muss das Eigenverwaltungsverfahren der Signa-Kerngesellschaft in ein Konkursverfahren umwandeln.

Rückblick: Der Gerichtshof hatte im Frühjahr in erster Instanz den Treuhand-Sanierungsplan von Signa Prime und dem zuständigen Sachwalter Norbert Abel noch gebilligt. Dagegen klagte anschließend der Präsident der Finanzprokurator der Republik Österreich, Wolfgang Peschorn.

Mit Erfolg: Das Oberlandesgericht Wien untersagte Anfang Juli die Abwicklung von Signa Prime in einem Treuhand-Verfahren. Die Richter begründeten die Entscheidung damit, dass der Plan, das Immobilien-Portfolio von Signa Prime über mehrere Jahre zu veräußern, „unerfüllbar“ sei.

Die Gesellschaft habe es nicht geschafft, einen Kredit in dreistelliger Millionenhöhe aufzustellen, um mit diesem Geld Insolvenzen von deutschen Projektgesellschaften zu verhindern oder zu beenden. Damit stünden die Erlöse aus Immobilienverkäufen nicht oder nicht schnell genug für die Sanierung der Signa Prime zur Verfügung, hieß es.

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Signa-Pleiten: Die TextilWirtschaft stellt die Konzerngesellschaften vor, die sich in einem Insolvenz-, Sanierungs-, Gläubigerschutz- oder Konkursverfahren befinden. Neu: Signa verkauft Lamarr-Projektgesellschaft. Noch eine Immobilienfirma von Signa geht in Konkurs. Signa Retail: Sanierungsverfahren in Konkurs umgewandelt. Signa Holding: Fast 16% der Forderungen anerkannt. Signa: Drei Immobilientöchter melden Konkurs an.

Signa Development könnte bald folgen

Branchenbeobachter gehen davon aus, dass die Schwestergesellschaft Signa Development schon bald dasselbe Schicksal erleidet wie Signa Prime. Schließlich hat das Oberlandesgericht Wien Mitte August auch das Treuhand-Verfahren von Signa Development untersagt. Über den Revisionsrekurs wird der Oberste Gerichtshof voraussichtlich in den kommenden Wochen entscheiden, teilte das Handelsgericht Wien auf Anfrage der TextilWirtschaft mit.

Was ist ein Revisionsrekurs?

Der Revisionsrekurs ist ein Rechtsmittel, das gegen die Entscheidung eines sogenannten Rekursgerichts wie das Oberlandesgericht Wien eingereicht werden kann. Er ist allerdings nur bei Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung möglich und muss von einem Rechtsanwalt beim Obersten Gerichtshof eingereicht werden.   

Nach Angaben des österreichischen Gläubigerschutzverbands Creditreform hatte Signa Prime geplant, das Sanierungsverfahren durch einen Massekredit zu finanzieren. Diesen Schritt habe das OGH nun abgelehnt, sagte Geschäftsführer Gerhard Weinhofer der Nachrichtenagentur dpa. Die Mehrzahl der Gläubiger hatte im März dieses Jahres für das Treuhand-Verfahren gestimmt, nachdem Sachwalter Abel ihnen eine Quote von mindestens 30% versprochen hatte.

Jetzt müsse Abel umgehend mit dem Verkauf der Signa-Liegenschaften beginnen, so Weinhofer weiter. Dazu gehören unter anderem das Wiener Luxus-Einkaufsviertel Goldenes Quartier, das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck, das Geschäftshausprojekt Alte Akademie und der Elbtower in Hamburg.

Keine feste Quote mehr

Eine fixe Quote für die Rückzahlungen an die Gläubiger gebe es nicht mehr. Weinhofer rechnet damit, dass vom Verkauf der Vermögenswerte am Ende weniger als die zuvor in Aussicht gestellten 30% gezahlt werden können. Zur Signa Prime zählten ursprünglich etwa 110 Projekte. Die meisten stehen noch zum Verkauf.

„Gefahr eines Fire Sale“

Der Gläubigerschützer Weinhofer sieht jetzt die Gefahr, dass „man zur Unzeit in einen Fire Sale gerät und es dadurch zu einer geringeren Quote für die Gläubiger kommt“. Die Treuhand-Sanierung hätte den Vorteil gehabt, dass man „auf eine Erholung des Immobilienmarktes bei gleichzeitig sinkender Zinsen hoffen hätte können“.

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„In diesem Szenario wären die Erfolgsaussichten – auch nach Meinung der Gerichtssachverständigen – höher und damit für die Gläubiger vorteilhafter gewesen. Jetzt geht es darum, dass man zusammen mit dem Masseverwalter das Beste daraus macht“, sagt Weinhofer in einer Pressemitteilung.

Bereits verkauft sind unter anderem die Berliner Immobilie des Department Store-Betreibers KaDeWe und der Geschäftsbetrieb der KaDeWe-Häuser in Berlin (KaDeWe), München (Oberpollinger) und Hamburg (Alsterhaus).

Hinzu kommt die insolvente Projektgesellschaft Mariahilfer Straße 10 bis 18, die in der Wiener Innenstadt einen neuen KaDeWe-Standort mit dem Namen Lamarr errichten wollte. Am 11. Oktober erwarb eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des österreichischen Immobilienkonzerns Stumpf die Gesellschaft samt Immobilie und Grundstück.

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Bereits im April hat die deutsche Schoeller Group drei Projekte von Signa Prime in Italien gekauft, und zwar das Hotel Bauer in Venedig sowie in Bozen das im Bau befindliche Stadtquartier Walther Park und das Entwicklungsprojekt Viva Virgolo, mit dem der Bozener Hausberg Virgl erschlossen werden soll.

Signa Prime ist bereits die vierte Signa-Gesellschaft, deren Insolvenzverfahren in ein Konkursverfahren umgewandelt wurde. Nach der Dachgesellschaft Signa Holding, dem konzerninternen IT-Dienstleister Signa Informationstechnologie und der Warenhaus-Beteiligungsgesellschaft Signa Retail.

Neben Signa Prime hat sich zuvor die Signa Holding in einem Eigenverwaltungsverfahren befunden, bei denen die Geschäftsführer die Fäden weiterhin in der Hand haben und bei ihren Entscheidungen von Sachwaltern beraten werden. Bei Konkursverfahren haben die Insolvenzverwalter das Sagen.

Über das Insolvenzverfahren von Signa Prime

Gegenstand: Das Unternehmen besitzt neben dem Elbtower zahlreiche Top-Handelsimmobilien, darunter knapp 20 Standorte, die an die Warenhaus-Kette Galeria vermietet sind.

Hinzu kommen unter anderem die Hälfte des Carsch-Hauses in Düsseldorf, das Einkaufsviertel Goldene Quartier in Wien, die Gänsemarkt-Passage und die Alsterarkaden in Hamburg sowie die Alte Akademie in München und das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck. Zum Verkauf stehen etwa das Goldene Quartier, das Kaufhaus Tyrol, die Alte Akademie, die Oberpollinger-Immobilien sowie der Büro-, Geschäfts- und Hotelturm Upper West, in dem unter anderem die Signa Holding, Signa-Gründer René Benko Flächen angemietet haben.
Sitz: Wien
Hauptgesellschafter: Signa Holding (58%)
Mitarbeiter: 28
Anmeldung: 28.12.2023
Eröffnung: 30.12.2023
Forderungen: rund 12,8 Mrd. Euro. Davon hat Sachwalter Norbert Abel bisher rund 5,9 Mrd. Euro anerkannt.

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