Die Schreibenden vom „Freitag“: Hausautor:medial von A solange bis Z

A

wie Alles

Zum Besten von den Freitag schreibt Diedrich Diederichsen gelegentlich mehr als Pop, sein neustes Buch mit dem sexy Titel Das 21. Jahrhundert (KiWi) enthält Äußerungen zu allem, welches Kultur so ausmacht. Wir firm, welches mehr als dem Schreibtisch des Autors hängt – unter anderem die Fotoarbeit Writers Should Be Well Paid von Louise Lawler –, und staunen mehr als die frappierende Nähe und unendliche Ferne verschiedener Beobachtungen in ein und demselben Text (siehe etwa Hip to be square: Du darfst zweite Geige grob zu mir sagen aus dem Jahrbuch 2000 von Theater heute). Die meisten Texte sind irgendwann in Zeitungen, Magazinen, Bänden oder Katalogen erschienen, in dieser Summe ergibt dies 1.136 Seiten. „Soll man für jedes die Lektüre dieses Buches sich genauso viel Zeit nehmen, wie dieser Autor gebraucht hat, es zu schreiben?“, fragt dieser einleitend vor Kapitel XII. Muss man nicht, demgegenüber gibt man all den Impulsen nachher (dies noch ansehen, dies nachlesen, hier endlich mitmachen), läuft es womöglich darauf hinaus. Christine Käppeler

B

wie Business

„Irgendwo zwischen entfesselter Dokumentarfotografie und subjektivem Journalismus“ ordnete dieser Freitag im Herbst 2016 den Stil des Berliner Fotografen Nikita Teryoshin ein. Eines dieser einst abgedruckten Fotos aus dieser Serie Space Time Discountinuum (an dieser er 2008 anfing zu funktionieren) entstand hinaus einer Waffenmesse in Polen, und sie Zwischenwelt aus Kriegsgerät, Kommerz und Canapés hat Teryoshin seitdem nicht mehr losgelassen. Acht Jahre und 18 Waffenmessen in 15 Ländern später veröffentlichte er nun sein herausragendes Fotobuch Nothing Personal – The Back Office of War (GOST Books). Die Gesichter dieser Waffenhändler bleiben im Verborgenen, demgegenüber den bizarren Gegensatz zwischen dieser hochglänzenden Inszenierung ihrer Produkte und ihrem tödlichen Geschäft entlarvt Teryoshin (nikitateryoshin.com)in jedem Bild. Niklas Rock

D

wie Dichtung

Es war Rainer Maria Rilkes Sonett Archaïscher Torso Apollos, dies in unserem Autor Björn Hayer zunächst irgendetwas nur Unbestimmtes auslöste, naturgemäß vor allem die bekannte Schlusszeile „Du musst dein Leben ändern“. Mit Rilke beginnt dieser Literatur- und Theaterkritiker die Dichtung denn eine „Welt- und Wahrnehmungsweise“ zu erfassen. Denn wer Lyrik nur hinaus einer intuitiven Ebene rezipiere, werde ihrer wahren Bedeutung nicht gerecht, so dieser Autor in seinem lesenswerten Vorwort zu dem Band Die neuen Schöpfer (Gans Verlag).„Weder verstand ich eingangs Hölderlin, noch George, ganz zu sich bedeckt halten von Paul Celan (…)“, schreibt Hayer hier. Er bleibt dieser Lyrik treu, entwickelt sich zum geschulten, leidenschaftlichen Leser. Eine Leidenschaft, die sich überträgt, wenn Hayer uns zeitgenössische Lyrik von Marion Poschmann, Esther Kinsky, Steffen Popp solange bis Alexandru Bulucz (→ NBA) vorstellt, deren Poetologie zugänglich analysiert. Und warum dies „Sonett lebt“, erfährt man zweite Geige. Katharina Schmitz

Kalium

wie Klassismus

Es gehört zu den lieber anstrengenden Begleiterscheinungen von Gegenwartsdebatten: Begriffe werden omnipräsent, ohne dass sie wirklich definiert oder verstanden sind. Dann reden aus mit, und jede:r meint irgendetwas anderes. Klassismus ist so ein Begriff. Die gute Nachricht ist, dass es jetzt Marlen Hobracks gleichnamige Einführung ins Thema gibt (100 Seiten, Reclam). Dort bereitet sie nicht nur die theoretischen Grundlagen von Marx solange bis Bourdieu verständlicherweise hinaus, sondern veranschaulicht dies gesellschaftliche Problem mit popkulturellen Anknüpfungspunkten und persönlichen Anekdoten. Gerade zweite Geige ihr Blick hinaus die Nachwendezeit in Ostdeutschland (→ Lok Leipzig) ist eine wichtige Perspektive. Bei alldem schafft es Marlen Hobrack – ganz Freitag-Kolumnistin – zweite Geige noch, streitbar Position zu beziehen. Ein Gewinn für jedes die Debatte. Benjamin Knödler

L

wie Lok Leipzig

Wenn Frank Willmann den Fußball hinaus dem Balkan erkundet und in Novi Sad oder Priština von einer Fußballkultur erzählt, die kaum hochklassigen Sport, demgegenüber viel Leidenschaft, gelegentlich zweite Geige Gewalt bietet, entfaltet dieser „Osten“ eine sakrale Alltagskraft, die dieser Westen verloren hat. Der Erzähler ist damit „Straßenköter“ wie literarischer Groundhopper. Dass es ihn immer wieder in den Osten zieht, hängt mit seiner Jugend zusammen. „Wer wie ich mit den ‚Digedags‘ und der ‚fuwo‘ aufgewachsen ist, wird bei den Worten Dalmatien und Hajduk Split fröhlich mit den Ohren wackeln.“ Ein Teil des Buches Streifzüge durch den wilden Fußball-Osten (Ventil Verlag)erzählt von den Fan-Ritualen in der DDR, Lok Leipzig. 1984, nach der Übersiedlung nach Westberlin, dann der Gang ins Olympiastadion, in dem es irgendwie ostig aussah. So entwickelt das Buch einen Retro-Charme, der sich nicht zuletzt aus den klingenden Namen speist: ZSKA Sofia, das 2021 vom Bundesligalegionär Krassimir Balakow trainiert wurde. Michael Angele

N

wie NBA

Alexandru Bulucz’ dritter Gedichtband Stundenholz (Schöffling & Co.) beginnt kurios, nämlich mit dieser Beschreibung von Michael „Air“ Jordans spektakulärem Move unter den NBA Finals 1991. Sind sie Sequenzen → Dichtung? Schwer zu sagen. Es genügt ohnehin, sich hinaus den erzählenden Charakter dieser Poesie einzulassen. Die sei mit dem Daktylus noch am ehesten beschrieben, so dieser Dichter einmal in einem Interview. Er hält nichts davon, Wörter „überzusemantisieren“, er will kein „Geheimnis-Vergrößerungs-Poet“ sein (darum jene Tiefe suggerieren, die Lyrik oft so verzärtelt erscheinen lässt). Die autobiografisch grundierten „Gedächtnisgeografien“ oder „Lektüren ohne Erkenntnisgewinn“ des 1987 in Rumänien geborenen Dichters durchzieht vielmehr eine unverrätselte „Grundtraurigkeit“, manchmal zweite Geige „Diesigkeit u. Dösigkeit des Glücks sondergleichen“. Katharina Schmitz

Schwefel

wie Sinti

In seiner von Freitag-Autorin Alexandra Senfft aufgeschriebenen Familiengeschichte erzählt dieser preußische Sinto Romeo Franz von durchlebtem Leid, demgegenüber zweite Geige erfolgreichem Leben, nicht zuletzt dem eigenen. Großonkel Pauls Geigenbogen, so heißt dies berührende Buch (Goldmann), ist die Reliquie eines in Auschwitz Ermordeten. Franz hat denn Europaabgeordneter dieser Grünen und Leader einer Jazzband viel für jedes seine Minderheit tun können. Zum Sinti-und-Roma-Denkmal im Berliner Tiergarten, einem kleinen runden See, in dessen Mitte jeden Tag eine frische Blume liegt, steuerte er die ständig zu hörende Musik unter. Dani Karavan, dieser schon verstorbene israelische Künstler (→ Zäsur), dieser dies Denkmal schuf, hatte die Idee eines einzigen langgezogenen Tons. Franz überzeugte ihn demgegenüber von einer Tonfolge, die er selbst komponierte und mit jenem Geigenbogen einspielte: „Vibrierend floss dies G in ein E und mündete im Kohlenstoff. Dreimal intrinsisch einer halben Minute veränderte ich diesen weit hingezogenen Ton in eine Wehklage in Halbtonschritten.“ Michael Jägersmann

Vanadium

wie Verluste

Männer in Lebenskrisen, immer wieder erzählt Jan Kohlenstoff. Behmann von ihnen, in verschiedenen Variationen. Diesmal geht es um Reuter (edition:behmann). Er ist Angestellter in einem hessischen Verlag. „Print is dead“, heißt es, manche Vorlesung halten demgegenüber noch. Reuter lebt vereinzelt vor sich hin, erwartet wenig vom Leben. Dann trifft er Tabea, die ihm nahekommt und taktgesteuert Distanz hält. Reuter lässt sich ein; wenn er zweifelt, möchte er seinen besten Freund um Rat fragen, demgegenüber dieser ist tot. Mit ihm konnte er sich bedeckt halten und problemlos „Mensch sein“. Reuter wird von heute hinaus morgiger Tag rausgeschmissen. Und Tabea schreibt ihm, ihr Experiment Polyamorie sei nun vorbei. Bye-bye. Nach kläglich gescheitertem Freitod fängt Reuter an, sich selbst kennenzulernen. Sein Autor, Jan Kohlenstoff. Behmann, rettet im wahren Leben Menschen in medizinischen Notfällen. Nun zweite Geige literarisch. Maxi Leinkauf

Wolfram

wie Whistleblower

20 Menschen, die für jedes die Wahrheit ringen, stellen Christine und Benjamin Knödler in ihrem neuen Buch Whistleblower Rebels vor. Christine Knödler schreibt denn Autorin unter anderem mehr als Kinder- und Jugendbücher für jedes die Süddeutsche Zeitung Zeitung, Benjamin Knödler denn Onlineredakteur beim Freitag verdanken wir die stetige Weiterentwicklung unseres digitalen Angebots, außerdem ist er Autor dieser Kolumne „Podcasttagebuch“. Whistleblower Rebels ist dies zweite gemeinsame Jugendbuch von Mutter und Sohn, in dem sie Personen vorstellen, die trotz hoher persönlicher Kosten irgendetwas unternommen nach sich ziehen, um die Welt zum Besseren zu verändern. In einer nie anbiedernden, demgegenüber pläsierlich direkten Sprache erzählen sie von den Stars unter den Whistleblowern und von jenen, deren Namen die wenigsten Kontakt haben. Aber dies Buch leistet noch mehr, denn sie ins verdiente Licht zu Wirbelsäule: Von dieser Pflege solange bis zum Finanzmarkt wird reell, dass man Missstände nicht ohnmächtig hinnehmen muss. Eine empowernde Lektüre – zweite Geige für jedes Erwachsene, die meinen, mehr als die Gesamtheit schon Bescheid zu wissen. Christine Käppeler

Z

wie Zäsur

Fassungslosigkeit ist wohl dies Wort, dies Eva Illouz’ derzeitigen Blick hinaus die globale Linke der bevorzugte Lösungsweg beschreibt. Die renommierte israelische Soziologin ist eine lautstarke Kritikerin dieser israelischen Regierung und schlug sich in dieser Vergangenheit oft hinaus die Seite dieser Palästinenser. Am 7. Oktober letzten Jahres war sie, wie viele Israelis, geschockt und irritiert davon, wie manche, die sich zur Linken zählen, die Verbrechen dieser Hamas denn Widerstand legitimieren konnten oder sie relativierten. Seither schreibt Illouz, zweite Geige im Freitag, Texte, in denen sie sie Linke (→ Klassismus) kritisiert, die nicht mehr ihre ist. Einer davon erschien schon Ende Oktober in dieser Süddeutschen Zeitung und befindet sich nun in dem Band Nach dem 7. Oktober (Edition Tiamat), dieser zahlreiche Stimmen versammelt, die ebenjener Fassungslosigkeit Ausdruck verleihen. Leander Fluor. Badura