Die perfekte Woche des Hansi Flick

Hansi Flick scheiterte als Bundestrainer. Beim FC Barcelona nun hat er sein Glück gefunden. Der Coach erlebt eine der erfolgreichsten Wochen überhaupt. Nur sein deutscher Assistenztrainer sorgt beim Kantersieg im „El Clásico“ gegen Real Madrid für Ärger.

Diese Woche ist eine der erfolgreichsten in seiner bisherigen Trainerkarriere. Mittwochabend siegte Hans-Dieter „Hansi“ Flick mit dem FC Barcelona in der Champions League 4:1 gegen den FC Bayern. Samstagabend ließ seine Mannschaft ein 4:0 im „El Clásico“ in der spanischen Liga bei Real Madrid folgen. Zwei Kantersiege gegen zwei Weltklubs innerhalb von vier Tagen. Zwei Ausrufezeichen. In der Liga führen die Katalanen nach zehn Siegen in den ersten elf Spielen die Tabelle souverän mit sechs Punkten Vorsprung auf Real an.

Entsprechend euphorisch ist die spanische Presse. Und bringt ein besonderes Vertragsmodel für Flick ins Gespräch. „Barça denkt bereits über einen Vertrag auf Lebenszeit mit Flick nach“, schreibt „Marca.“ Weiter heißt es in dem Bericht: „Der Deutsche hat im Sommer eine Handvoll junger Spieler geholt und bringt sie dazu, wie Engel zu spielen, und das in einem Tempo, um das man ihn bei Real beneidet.“

Der Einfluss Flicks in La Liga „übertrifft den von Mbappé. Unglaublich, aber wahr. Hätte man uns das vor drei Monaten gesagt, hätte es niemand geglaubt. Also Ehre für Flick, ein brillanter Trainer, ein netter Kerl, ein echter Kerl, der eine kaputte Mannschaft in nur drei Monaten umgekrempelt hat.“

Mit der Verpflichtung von Superstar Kylian Mbappé von Paris Saint-Germain hat Real seinen Luxuskader um den einstigen BVB-Star Jude Bellingham und Vinícius Júnior weiter aufgerüstet. Doch Mbappé blieb gegen Flicks Elf ungewohnt blass, fiel nur mit Abseits-Toren auf.

Ganz anders Flick mit Barcelona. Als Bundestrainer scheiterte der 59-Jährige. Nun hat er in Barcelona sein Glück gefunden. „Die Ankunft von Flick hat Barça wieder zu Größe und die Clásicos zu Action verholfen. Das Ergebnis hat ihm recht gegeben“, schreibt „AS“. Und weiter: „Sein Plan und sein Team sind diesem Madrid, das seine Nachhut, seine Vorhut und sogar seinen Appetit verloren hat, weit überlegen. Hansi Flick hat Barcelona eine Aura der Normalität verliehen, die in einer Mannschaft, die bis vor Kurzem in einem Vulkan lebte, undenkbar war.“

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In der vergangenen Saison hatte Barcelona unter der Vereinslegende Xavi als Trainer in der Liga den zweiten Platz belegt, war in der Champions League früh ausgeschieden. Viele negative Schlagzeilen und interne Konflikte sorgten für schlechte Stimmung rund um den Katalanen-Klub. Unter Flick herrscht Harmonie und Aufbruchsstimmung.

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Der Klub ist auf bestem Weg zurück an die absolute Weltspitze. Gegen Real trafen Robert Lewandowski (54. und 56. Spielminute) sowie Lamine Yamal (77.) und Rafinha (84.). Für Madrid war die Partie ein Debakel. Flick kennt Lewandowski bereits aus der gemeinsamen Zeit in München und setzt in Barcelona auf viele junge Spieler.

Carlo Ancelotti kritisiert Marcus Sorg

„Ich bin stolz auf diese Mannschaft, das ganze Team hat einen außergewöhnlichen Job gemacht“, sagte Flick. „Jeder ist dem Plan, den wir ausgearbeitet haben, gefolgt und hat 100 Prozent gegeben. Wir wussten, wie wir verteidigen mussten und sind unseren Ideen treu geblieben, obwohl Madrid uns nicht viel Raum gegeben hat. Auch die Fans haben diesen Sieg verdient, sie haben eine unglaubliche Verbindung zu den Spielern. Ich bin glücklich, für den FC Barcelona zu arbeiten.“

Kritik gibt es einzig an Flicks Assistenztrainer Marcus Sorg. Real Madrids Startrainer Carlo Ancelotti war nach dem 0:4 im „Clásico“ nicht gut auf den einstigen Coach des SC Freiburg zu sprechen. Der Italiener richtete mit erhobenem Zeigefinger einige deutliche Worte an Sorg, wie auf den Fernsehbildern zu sehen ist. „Mit Flick gab es kein Problem. Aber einer seiner Assistenten hat sich bei den Feierlichkeiten nicht wie ein Gentleman verhalten. Ich habe ihm das gesagt – und Flick hat dem zugestimmt“, sagte Ancelotti zu der Szene.

Nach dem vierten Barcelona-Tor von Raphinha war es an der Seitenlinie zu Tumulten gekommen. Offenbar hatte die Barça-Bank den Triumph im Estadio Santiago Bernabéu etwas zu euphorisch gefeiert. Flick sagte zu der Situation: „Ich habe es nicht gesehen. Ich habe mit ihm (Ancelotti, Anm. d. Red.) gesprochen, aber es ist eine normale Situation. Wir haben das Tor gefeiert. Wir sind erwachsen genug, um über sie zu sprechen.“

Julien Wolff ist Fußball-Redakteur und war beim Spiel des FC Bayern in Barcelona. Er berichtet seit 2011 aus München über den FC Bayern, zudem über die Bundesliga und die Nationalmannschaft.

Source: welt.de