Die Generation jener Enthaltsamen

Der Alkoholkonsum in Deutschland ist stark rückläufig. Besonders die Generation Z verzichtet oft ganz, die Enthaltsamkeitsquote liegt deutlich höher als in anderen Ländern. Das schlägt sich in positiv nieder.

Völlerei ist bei zahlreichen Menschen aus der Mode gekommen – besonders zum Jahresbeginn, der traditionellen Zeit guter Vorsätze. „Dass im Januar viele auf Alkohol, Süßigkeiten oder Fleisch verzichten, ist ein relativ stabiles Muster im Konsumverhalten, das sich in den letzten Jahren weiter verstärkt hat“, berichtet das Statistische Bundesamt (Destatis) mit Verweis auf eine Auswertung von Kassendaten aus dem Lebensmitteleinzelhandel.

Bei Alkohol etwa wurden im Januar 2024 im Vergleich zum Vormonat 49,7 Prozent weniger Bier, Schnaps, Wein, Sekt und Co. bei den großen Supermarktketten gekauft, zeigt eine jüngst veröffentlichte Destatis-Analyse.

Dass der Dezember mit Advent, Weihnachten und Silvester sowie den dazugehörigen Feierlichkeiten und Familienfesten der Monat mit dem höchsten Alkoholabsatz ist, ist der Behörde zufolge dabei nicht ausschlaggebend. „Gegenüber dem Jahresdurchschnitt 2023 fiel der Absatz von Alkohol im Januar 2024 auch um 32 Prozent geringer aus“, erklärten die Statistiker.

Eine Rolle spielt sicherlich der „Dry January“. Die Aktion, die wörtlich mit „trockener Januar“ übersetzt werden kann, ruft dazu auf, ab Neujahr einen Monat lang auf Alkohol zu verzichten. Einst in Großbritannien von Organisationen gestartet, die sich für Krebs- und Alkoholprävention einsetzen, verbreitet sie sich seit einigen Jahren vor allem in Westeuropa.

In Deutschland unterstützen unter anderem die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung die Kampagne, an der sich mittlerweile Millionen Bundesbürger beteiligen, vor allem Jüngere.

Vielen scheint der Verzicht nicht so schwer zu fallen – der Konsum von Bier, Wein, Sekt und Spirituosen ist schon seit Jahren stark rückläufig. Wurden 1976 noch 17,2 Liter reiner Alkohol pro Bundesbürger verbraucht, waren es zuletzt 8,4 Liter, wie Zahlen der Verbände aus der Alkoholwirtschaft zeigen.

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Die Alterung der Gesellschaft trägt zu dieser Entwicklung bei, derzeit auch die stark gestiegenen Preise und daraus resultierend eine fehlende Konsumlaune. Vor allem aber sind es veränderte Ernährungs- und Lebensgewohnheiten.

So verzichten insbesondere junge Menschen auf Alkohol. Laut einer Onlineumfrage der Meinungsforscher von YouGov trinken mittlerweile 49 Prozent der sogenannten Generation Z – der zwischen 1995 und 2010 Geborenen – weder Bier noch Wein oder Schnaps.

Die Enthaltsamkeitsquote liegt hierzulande merklich höher als in anderen europäischen Ländern. Soziologen erklären den Trend unter anderem mit den sozialen Medien. Dort stünden Selbstoptimierung und -darstellung bei Jüngeren hoch im Kurs. Das aber funktioniere betrunken weniger gut. Zudem gebe es bei vielen die Sorge, dass Fotos oder Videos von durchzechten Nächten bei Instagram und Co. auftauchen.

Das Alter, in dem Jugendliche zum ersten Mal Alkohol trinken, ist dementsprechend gestiegen, wie BZgA-Daten zeigen: von 14,1 Jahren 2004 auf zuletzt 15,1 Jahre. Gleichzeitig fiel die Zahl der Fälle von Rauschtrinken und „Komasaufen“ unter Kindern und Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebungen 2006, wie aktuelle Daten der Krankenkasse KKH zeigen. Erfasst werden dabei die Krankenhausaufenthalte.

Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) fordert zur Unterstützung des Trends zu weniger Alkohol bei Jüngeren strengere Vorgaben zum Gesundheitsschutz. Alkohol sollte möglichst erst ab dem 18. Lebensjahr statt wie jetzt ab 16 verkauft werden können.

Denn je früher Jugendliche Bier und Co. konsumierten, so Blienert, desto größer seien die Risiken und die Wahrscheinlichkeit, das Verhalten ins Erwachsenenalter mitzunehmen.

Carsten Dierig ist Wirtschaftsredakteur in Düsseldorf. Er berichtet über Handel und Konsumgüter, Maschinenbau und die Stahlindustrie sowie über Recycling und Mittelstandsunternehmen.

Carsten Dierig

Source: welt.de