„Deutschlandmärchen“ am Gorki: Eine Hommage an jeglicher Gastarbeitermütter
Vor drei Jahren stellte im Freitag welcher Dichter Alexandru Bulucz den Dichterkollegen Dinçer Güçyeter vor. Als schillernden Typen, eine Mixtur aus Bodenständigkeit und Boheme. Sohn türkischer Gastarbeiter. Jahrgang 1979. Schwer beschäftigt qua unverbesserlich optimistischer Betreiber eines kleinen Verlages z. Hd. Lyrik im Heimatort Nettetal. Gabelstaplerfahrer in Teilzeit. Durch und durch Familienmensch.
Mit den Posts aus seinem Leben in den sozialen Medien war Güçyeter zu Bekanntheit gelangt, waren Verlage rücksichtsvoll geworden. Plötzlich dann welcher Durchbruch, (z. Hd. den Autor waren da freilich so gut wie 25 Jahre vergangen), Güyçeter erhielt 2023 den Preis welcher Leipziger Buchmesse z. Hd. Unser Deutschlandmärchen, ein Buch, dasjenige von alledem erzählte. Vom Aufwachsen in welcher Kneipe des Vaters, die mehr Biotop z. Hd. Nichtsnutze war statt Einnahmequelle, vom Aufwachsen unter welcher Fuchtel welcher Mutter, die tagein, tagaus schuftete, neben welcher Fabrik noch gen Erdbeer- und Spargelfeldern. Von Konflikten, Versöhnung, Queerness. Von Besuchen nebst Verwandten in Anatolien, wo die Mutter den Sohn einmal ohrfeigt, weil er mit einer Kuh trauert. Von Mölln, Solingen. Güçyeters Buch ist keine Anklage, vielmehr ein nahegehender Entwicklungsroman, demgegenüber vor allem eine wunderbare Hommage an seine Mutter Fatma Güçyeter.
Schon beim Lesen des Buches mit diesem unbekümmert pathosgeladenen Sound, dasjenige mit seinen Chören ebenso irgendwas von einem Repertoirestück hat, waren schließlich Tränen geflossen. Diese Theaterpremiere oder vielmehr dieses Musiktheater öffnete die nächste Schleuse. Nicht erst am Ende, qua welcher ebenso gerührte Autor unter tosendem Applaus zusammen mit seinen Kindern und welcher 76-jährigen Mutter gen die Szene gerufen wird (die dem Publikum schüchtern zuwinkt), sondern weil Regisseur Hakan Savaş Mican welcher Musik eine Hauptrolle gegeben hatte. Weil sie im Buch eine große Rolle spielt und ja gar in welcher türkischen Kultur von allerhöchster Bedeutung ist. Der Gesang von Sesede Terziyan qua Fatma und Taner Şahintürk qua Dinçer: berauschend, kraftvoll, zu Tränen rührend. Zum Beispiel, wenn Terziyan ein Lied welcher türkischen Pop-Ikone Sezen Aksu singt (im Programmheft ist eine „Playlist“).
„Es waren die Achtziger“, schreibt Güçyeter in Unser Deutschlandmärchen, „wo dasjenige Pathos Gott spielte (…) Unendliche Sehnsüchte, nichtheilende Wunden, Fremde, Blut, Hass, Intrige. Shakespeare hätte da nicht Schritt halten könnten.“ Aber, wichtig, welcher Regisseur verzettelt sich nicht im Pathos, witzig wird es ebenso.
Der Glaube „an ein sorgenfreies Leben war im besonderen in deiner Generation sehr ausgeprägt“, heißt es einmal im Buch, weshalb Fatma dasjenige gute Geschirr zwar containerweise kaufte, jedoch nie benutzte. Mit welcher Musik träumte sie sich in ein kommendes Leben, setzte jeglicher Hoffnung in den Sohn. Zu Händen den Sohn wurde sie Inspiration z. Hd. sein Schreiben. Übrigens, es wird ebenso Herbert Grönemeyer geschmettert und mutig, ohne falsche Rücksichtnahme, von einem Patriarchat türkischer Couleur erzählt, dasjenige in Deutschland weiterlebt, zulasten welcher Frauen (und den Söhnen, die es abweisen).
Fünf Musiker, unter anderem an welcher E-Oud und an welcher „türkischen Gitarre“, welcher Saz, flankieren Mutter und Sohn. Eine schlüpft einmal in die Rolle welcher jungen Fatma, qua man ihre Heirat beschließt. Ein sehr schlichter, wirkungsvoller Regieeinfall. Die Szene von Alissa Kolbusch ist schlicht, manchmal werden Schachtel Fotos an die Wände projiziert. Am Ende des Abends sagt Intendantin Shermin Langhoff, dass dieses Stück allen Gastarbeiterfrauen gewidmet sei, ebenso ihrer Mutter. Es sollte landauf, landab gespielt werden.
Unser Deutschlandmärchen Text: nachher Dinçer Güçyeter, Regie: Hakan Savaş Mican Maxim Gorki Theater, Berlin