Deutscher Name, China-Ware: Die Tricks dieser Billig-Shops

Retourenaufkleber auf einem Paket.

Stand: 28.11.2025 07:34 Uhr

Sie wirken wie kleine deutsche Labels, mit rührender Geschichte und hohen Rabatten. Doch viele dieser Online-Shops kommen aus China und enttäuschen die Kunden.

Sie heißen „Hermann Modehaus Hamburg“, „Fjorden Mode Berlin“ oder „Anna und Felix Juwelen“. Seriös klingende deutsche Namen, eine professionell gestaltete Webseite, oft mit einer rührenden Geschichte über ein vorgebliches Familienunternehmen. Geworben wird mit einem älteren Ehepaar, das kurz vor der Ladenaufgabe steht oder einer alleinerziehenden Mutter, deren kleiner Sohn ihre große Inspiration ist, ganz besondere Schmuckstücke zu designen. Dazu kommen vermeintlich unglaublich große Rabatte bis zu 80 Prozent und angeblich knappe Ware.

Nur wer bis ins Impressum oder zum Kleingedrucken scrollt, dem fällt auf: „Anna und Felix“, „Hermann Modehaus“ oder „Fjorden Mode“ sitzen gar nicht in Deutschland, sondern in Hongkong oder in China. Und wer noch genauer recherchiert, der findet viele der Stücke für einen Bruchteil des Preises auf chinesischen Verkaufsplattformen, wie Ali Express. Die versprochene „deutsche Qualität“ entpuppt sich als billige Massenware.

In einer NDR-Recherche tauchte etwa ein angeblich handgefertigter „Ring aus Silber mit Goldfäden“ auf: regulär 120 Euro, zur Black Week für 40 Euro. Das exakt gleiche Produkt inklusive identischem Foto wird bei AliExpress für 0,99 Euro angeboten. Ähnlich bei einer Thermoleggings, die auf der vermeintlichen deutschen Seite 34,99 Euro kostet, bei AliExpress aber ebenfalls für 0,99 Euro zu finden ist.

Enttäuschung im Paket

Bei der Verbraucherzentrale Hamburg kennt man diese Shops, und gerade jetzt zur Black Week und zum Black Friday häufen sich wieder die Beschwerden: „Viele denken, sie bestellen in einem deutschen Shop. Tatsächlich kommt das böse Erwachen, wenn die Ware eintrifft“, beschreibt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg das Problem. Thermoleggings, Jacken oder Taschen kommen an, aber sie riechen chemisch, sehen anders aus als auf den Bildern oder fühlen sich minderwertig an.

Wer dann die Ware zurückschicken will, landet in der nächsten Falle. „Die Rücksendung muss auf eigene Kosten nach China erfolgen. Und das ist wirtschaftlich überhaupt nicht sinnvoll, weil die Portokosten den Warenwert übersteigen“, fährt Rehberg fort. 50 Euro und mehr kann die Retoure kosten. Viele würden die Ware widerwillig behalten und auf dem Schaden sitzen bleiben.

Gefälschte Geschichten, echte Wirkung

Für die Recherche werteten NDR-Reporterinnen die Webseiten zahlreicher Shops aus. Oft wird gezielt mit emotionalen Elementen geworben: Einem eingesessenen Familienbetrieb, einem Rentnerpaar, das angeblich schließt, oder einem kleinen Start-up, das um Unterstützung bittet. Dazu kommen ansprechende KI-generierte Fotos, mal Mutter und Sohn, mal die vermeintlichen Ladenbesitzer oder Gründer. „Diese persönliche Ansprache macht ganz viel“, sagt Rehberg. „Viele wollen kleine Läden unterstützen, und genau das wird ausgenutzt.“

Gleichzeitig erzeugen Rabatte Druck: Countdown-Timer, „Letzte Chance!“ oder „nur noch drei Artikel vorhanden“ heißt es auf den Seiten. Die Shops spielen außerdem mit dem Vertrauen durch Zahlungsdienstleister wie PayPal oder Klarna. Doch das schützt nicht automatisch. „Einen Anspruch auf Käuferschutz gibt es nicht, weil ich die Ware dafür zurücksenden muss“, sagt Rehberg. Nur in Ausnahmefällen würden Zahlungsdienstleister einspringen und Kunden das Geld aus Kulanz zurück erstatten.

KI als Treiber für massenhaften Online-Betrug

Optisch wirken die Seiten täuschend professionell. Möglich machen das Shop-Baukästen und KI-Werkzeuge, die komplette Webseiten und Werbetexte generieren. Die Betreiber produzieren damit massenhaft neue Seiten, besonders rund um große Aktionstage wie Black Friday. Viele Menschen bestellen impulsiv, nachdem sie passende Anzeigen auf Instagram oder Facebook sehen.

Verbraucherinnen berichten in Sozialen Netzwerken wie TikTok über ihre Reinfälle: Eine Nutzerin berichtet, wie sie eine Hose bestellte, deren Applikationen „wie der Vorhang von der Oma“ aussehen würden, komplett anders als auf den Fotos. 40 Euro habe sie „für so eine Müll-Hose“ bezahlt. Der Kundenservice des Shops habe sich mit anderen „Lichtverhältnissen“ heraus geredet. Eine andere Nutzerin schreibt: „Was ich bestellt habe, war ein Traum. Was angekommen ist, ein absoluter Albtraum.“ Ihr Fazit: „Reine Abzocke. Lasst euch nicht täuschen.“

Woran man die Fakes erkennen kann

Eigentlich sei Vorsorge das beste Mittel. Auffällig wird ein Shop oft schon beim Blick ins Impressum. Steht dort eine asiatische Adresse, ist das ein klarer Hinweis darauf, dass Rücksendungen teuer werden können. Auch die Rückgaberegeln verraten viel: Wenn unklar bleibt, wohin man die Ware schicken soll, wenn ein Retourenlabel erst „per Mail angefordert“ werden muss oder gar keine Adresse angegeben ist, sollte man besser die Finger davon lassen, rät die Verbraucherzentrale, auf deren Webseite es einen „Fake Shop Finder“ und weitere konkrete Hinweise und Liste gibt, auf denen solche unseriösen Online-Shops aufgeführt werden.

Dazu kommen Preisfallen: Wenn jedes einzelne Produkt angeblich drastisch reduziert ist, auch das ein Warnsignal. Außerdem unklare Kontaktangaben, in der Recherche waren mehrere vermeintlich deutsche Telefonnummern nicht erreichbar. Auf NDR-Nachfragen per Mail gab es von den betroffenen Shops bislang keine Antwort.

Source: tagesschau.de