„Der Teufel in Person“: Gisèle Pelicots Kinder erzählen von den Grausamkeiten ihres Vaters
Dominique Pelicot ist verantwortlich für Dutzende Vergewaltigungen seiner Ex-Frau Gisèle Pelicot. Vor einem Gericht in Avignon sagten nun auch die Kinder Caroline Darian, David und Florian aus und berichten von den unfassbaren Grausamkeiten ihres Vaters.
Die Kinder von Gisèle Pelicot haben ihre „Erschütterung“ beschrieben, als sie erfuhren, dass ihr Vater ihre Mutter unter Drogen gesetzt und Dutzende von Männern eingeladen hatte, sie zu vergewaltigen. Sie baten ihn vor Gericht, die Wahrheit darüber zu sagen, ob er andere Familienmitglieder missbraucht hatte.
Dominique Pelicot hat seine Ex-Frau Gisèle Pelicot Dutzende Male vergewaltigen lassen. Zwischen 2011 bis 2020 hat er sie wiederholt mit Schlaftabletten und Medikamenten betäubt, bevor sich über 50 Männer an ihr vergangen haben. In dem Prozess sind neben Pelicot 51 Männer angeklagt. Einige von ihnen haben die Vergewaltigungen zugegeben. Andere behaupten, sie hätten nicht gewusst, dass Gisèle Pelicot unter Drogen stand. Allerdings beweisen Videoaufnahmen, dass sie zum Tatzeitpunkt bewusstlos war. Das Gericht untersucht auch, ob Pelicot eines seiner Enkelkinder missbraucht hat, was dieser bestreitet.
David Pelicot, 50, der älteste Sohn des Paares, sagte am Montag vor dem Gericht in Avignon, er glaube seiner Schwester Caroline Darian, 45, als sie sagte, sie sei sich sicher, dass auch sie von Dominique Pelicot unter Drogen gesetzt und missbraucht worden sei, nachdem auf seinem Computer Fotos von ihr gefunden wurden, die sie schlafend im Bett in Unterwäsche zeigten, die sie nicht als ihre eigene erkannte.
David Pelicot wandte sich an seinen Vater, der emotionslos auf der Anklagebank saß, und sagte: „Wenn du auch nur einen Funken Menschlichkeit übrig hast, dann sag die Wahrheit über das, was du meiner Schwester angetan hast, die immer noch jeden Tag leidet und ihr ganzes Leben lang leiden wird.“ Daraufhin schrie Dominique Pelicot, dass er weder seine Tochter noch eines seiner Enkelkinder missbraucht habe und bat seinen Sohn um Verzeihung.
Am Montag sagte David Pelicot aus, er habe sich mehrfach übergeben müssen, als die Ermittler Videobeweise für die Vergewaltigung seiner Mutter fanden. Sein Leben und das seiner Familie sei zerstört. Die Videos wurden nach Dominique Pelicots Verhaftung gefunden, nachdem er in einem Supermarkt in Carpentras die Röcke von Frauen gefilmt hatte.
Der 71-Jährige hat die Vorwürfe hingegen vor Gericht zugegeben und erklärt: „Ich bin ein Vergewaltiger.“ Pelicot hat hunderte Videos der Vergewaltigungen auf seinem Computer in einem Ordner mit dem Namen „Missbrauch“ gespeichert.
„Haus des Grauens“
Das Haus im Dorf Mazan in dem seine Eltern während des Missbrauchs gelebt hatten, nennen die Kinder das „Haus des Grauens“. David und seine Geschwister sagten aus, sie haben die offensichtlichen „Abwesenheiten“ ihrer Mutter in Gesprächen bemerkt und gedacht, sie habe Alzheimer oder einen Gehirntumor.
David Pelicot betonte, es sei wichtig, dass der Prozess das Bewusstsein für Drogenkonsum und -missbrauch in der Gesellschaft stärkt. „Meine Schwester kämpft einen Kampf, den härtesten Kampf ihres Lebens, und wir werden immer für sie da sein. Ich möchte allen Frauen, die Mütter sind, und allen Mädchen, die ihr Leben als junge Frauen beginnen, sagen: Bitte, bitte, habt keine Angst, eure Meinung zu sagen. Die Omertà ist vorbei. Wir müssen unsere Meinung sagen.“
Dominique Pelicot ist auch angeklagt, weil er seine Tochter Caroline und die Ehefrauen seiner Söhne ohne deren Wissen nackt fotografiert hat. Die Fotos, die bei den Ermittlungen entdeckt wurden, sollen mit versteckten Kameras in Badezimmern und anderen Räumen aufgenommen worden sein.
David Pelicot sagte aus, seine eigene Frau sei nackt fotografiert worden, auch während der Schwangerschaft. „Ich entdeckte, dass meine Frau, als sie mit Zwillingen schwanger war, fotografiert wurde. ‚Wie konntest du so etwas tun?‘ Ich frage mich immer wieder, warum, was war das Ziel? Aber was ich verstehe, ist, dass ein Mann mit einer Gewalt, die er immer in sich trug, die Grenzen der Vorstellungskraft durchbrochen hat.“
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Tochter Caroline sagte aus: „Ich weiß, dass ich betäubt wurde. Das ist keine Vermutung, das ist die Realität. Ich weiß es“. Der einzige Unterschied zwischen ihr und ihrer Mutter sei, dass es „greifbare“ und „unausweichliche“ Beweise für den Missbrauch ihrer Mutter gebe.
Caroline Darian hat derweil eine Stiftung gegründet, damit sich die französische Gesellschaft mit dem Thema auseinandersetzt und die Opfer eine Stimme bekommen. Sie habe sich in diesem Fall „unsichtbar und vergessen“ gefühlt.
„Zu erfahren, dass mein Vater einer der größten Verbrecher der letzten 20 Jahre ist, wie kann man das wieder gut machen?“, so Sohn Florian. An seinen Vater gewandt, sagte er: „Du hast immer gesagt, unsere Mutter sei eine Heilige, aber du warst der Teufel in Person.“
Im Nachhinein habe es verdächtige Momente gegeben, zum Beispiel, dass sein Vater das Telefon seiner Mutter abnahm, als er anrief. In einem Sommerurlaub, während eines Abendessens, „sah ich, wie meine Mutter völlig neben sich war und vor sich hin starrte. Ich sagte: ‚Mama, geht es dir gut? Papa, gibt es ein Problem?‘ Er stand schnell auf und sagte: ‚Ich bringe sie ins Bett‘. Wir gingen nach Hause. Aber stellen Sie sich vor, ich hätte etwas vergessen und wäre zum Haus zurückgegangen, was hätte ich dann vorgefunden? Er hatte geplant, ihr das anzutun, was er, wie wir jetzt wissen, getan hat.“
Florian habe gemerkt hat, dass sein Vater sich „unwohl“ fühlte und „schwitzte“, wenn er an seinen Computer ging, um Ausmalbilder für seine Kinder auszudrucken. Er bedauere, nichts gesagt zu haben, als seine Ex-Frau Aurore ihm erzählte, wie Dominique Pelicot gegenüber einem seiner Enkelkinder eine Bemerkung über ein „Doktorspiel“ gemacht habe.
Aurore, die ebenfalls von Dominique Pelicot mit versteckten Kameras nackt fotografiert wurde, sagte dem Gericht, dass sie als Kind von ihrem Großvater missbraucht worden sei und die Bedeutung dieses Prozesses versteht. „Was ich heute sagen möchte ist: Wie sind wir in diese Situation gekommen? Wie kann ein Mensch so etwas tun?“