„Der Ostcast“: Woher kommt die Gewalt in Russland?


Ein russischer Marinerekrut verabschiedet sich im Juni 2024 von seiner Familie. Viele russische Soldaten kehren traumatisiert zu ihren Verwandten zurück.

Seit dem 24. Februar 2022, dem Tag, als der Kreml Panzer auf Kiew schickte, haben russische Kriegsrückkehrer laut Schätzungen mindestens 100 Menschen in Russland getötet, weitere 100 wurden teils schwer verwundet. Die Fälle von häuslicher Gewalt schießen in die Höhe.

Da sind Wagner-Söldner, die wegen Vergewaltigung oder Totschlags im Gefängnis saßen und nun von Putin fürs Kämpfen freigelassen wurden. Oder Soldaten, die für ihre Kriegsverbrechen in der Ukraine Orden bekamen, aus dem Krieg zurückkehrten und ihre ungezügelte Aggression und Verrohung in ihren Familien auslebten.

Wer begreifen will, wie die russische Gesellschaft tickt, muss über Gewalt reden – deshalb ist diese Woche Julian Hans zu Gast beim Ostcast. Hans hat seinen Zivildienst in Nowosibirsk absolviert, lange aus Russland für die Süddeutsche Zeitung als Korrespondent gearbeitet und ist Autor des kürzlich erschienenen Buches Kinder der Gewalt. Anhand von fünf schrecklichen Verbrechen erklärt er, wie sehr Gewalt und die Erfahrung der Hilflosigkeit prägend ist für die Beziehungen zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern – und vor allem Staat und Gesellschaft.

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat eine neue Welle der Gewalt und Brutalität verursacht. Aber die russische Gesellschaft ist nicht zur ewigen Gewalt verdammt, ihr Wesen ist nicht grundsätzlich „unfrei“ – sie ist durch die unzähligen Gewalterfahrungen tief traumatisiert, sagt die russische Psychologin Ljudmila Petranowskaja. Auch darüber sprechen wir mit Julian Hans.

Alle drei Wochen sprechen wir im Ostcast über Politik und Gesellschaft der osteuropäischen Länder. Alice Bota berichtet von ihren Gesprächen und Erfahrungen in Osteuropa, Michael Thumann erzählt von seinen Begegnungen und Reisen in Russland und den Nachbarländern.

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