„Der Kontinent ohne Eigenschaften“: Auch verdammt alleinig
Schon vor dreißig Jahren hatte Peter Sloterdijk das Gefühl, dass etwas in Europa nicht richtig funktioniere. Damals forderte er, dass Europa endlich seiner Verantwortung gerecht werden müsse, statt bloß weiter im Halbschlaf vor sich hin zu dämmern.
Nun legt Sloterdijk mit seinem Buch, das auf Vorlesungen am Collège de France beruht, einen neuen Weckruf für die allzu erschöpften europäischen Geister vor. Der Titel geht auf Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften zurück. Doch anders als Musil will Sloterdijk die Eigenschaftslosigkeit nicht als etwas Willkürliches, als eine Art transzendentale Obdachlosigkeit verstanden wissen, sondern als Trumpf, mit dem Europa im Konzert der Mächte wuchern kann. Für Sloterdijk besteht Europas Tugend in Zukunft darin, keinerlei imperiale Aggressivität an den Tag zu legen.